Monte dei Paschi

Unicredit-Chef spielt Stärken in Rom aus

Keine fünf Monate im Amt, hat Unicredit-Chef Andrea Orcel bei Unicredit viel bewegt. Mit Rom verhandelt er über die Übernahme der Problembank Monte dei Paschi – und sitzt dabei am längeren Hebel.

Unicredit-Chef spielt Stärken in Rom aus

Von Gerhard Bläske, Mailand

Erst gut vier Monate ist Andrea Orcel (58) Chef der Mailänder Großbank Unicredit. Er hat Tempo vorgelegt und die Führungsstruktur gestrafft, die Organisation vereinfacht, das Italien-Geschäft zu einer eigenständigen Einheit aufgewertet sowie die Digitalisierung in den Mittelpunkt gerückt. Nach guten Quartalsergebnissen ist die Gewinnprognose für das Gesamtjahr angehoben worden. Und der Aktienkurs ist seit seinem Amtsantritt um etwa 25% gestiegen.

Schon bald dürfte die Bank die Übernahme von ausgewählten Teilen der Skandalbank Monte dei Paschi di Siena (MPS) vermelden. Seit Ende Juli verhandelt die Unicredit mit Rom. Es ist Orcel, der die Bedingungen stellt: Er pocht auf eine Kapitalerhöhung von bis zu 3 Mrd. Euro bei der Problembank in Siena, deren faule Kredite von mehr als 4Mrd. Euro beim Staat bleiben sollen. Für die Risiken aus Milliarden-Rechtsstreitigkeiten soll Rom aufkommen, ebenso wie für die Kosten des Abbaus von angeblich bis zu 7000 Stellen. Dazu soll Unicredit eine Steuergutschrift von 2,2 Mrd. Euro erhalten. Außerdem gewinnt die Bank fast 4 Millionen neue Kunden, vor allem in Norditalien.

Orcel sagt, das Timing stimme und die Bedingungen womöglich auch. Er sitzt am längeren Hebel, weil der Staat, der die Monte dei Paschi 2017 mit 5,4 Mrd. Euro gerettet hatte und 64% der Anteile besitzt, die Bank bis Jahresende privatisieren muss. Es gibt keine anderen Bewerber. Eine Abwicklung kommt für Italien nicht in Frage. Ex-Finanzminister Giulio Tremonti schätzt die Kosten für den Steuerzahler auf 20 Mrd. Euro.

Selbstbedienung der Politik

Orcels Vorgänger Jean Pierre Mustier, der die Unicredit gerettet und fit getrimmt hatte, hatte sich geweigert, die Monte dei Paschi zu übernehmen – er musste gehen. Nun muss Orcel ran. Monte dei Paschi ist ein Wespennest. Jahrzehntelang war die traditionsreiche Bank Versorgungskasse und Selbstbedienungsladen der Politik. Unicredit-Chairman Pier Carlo Padoan hatte die Bank seines Wahlkreises Siena 2017 als Wirtschaftsminister gerettet. Der neue Chef der Sozialdemokraten, Enrico Letta, kandidiert ausgerechnet hier im Herbst für den freigewordenen Parlamentssitz Padoans.

Doch Orcel, der in seinen besten Zeiten Jahresboni von bis zu 38 Mill. Dollar kassiert hat und nach drei Jahrzehnten im Ausland nach Italien zurückgekehrte, ist umstritten. Mit der spanischen Bank Santander, die ihn vor Jahren von UBS abwarb, dann aber einen Rückzieher machte, ist er in einen Millionen-Rechtsstreit verwickelt. Für die Lage der Monte dei Paschi wiederum trägt er eine Teilverantwortung. Der gebürtige Römer hatte einst als Berater der Bank daran mitgewirkt, dass sie 2007 für 9 Mrd. Euro den Konkurrenten Antonveneta übernahm. Damit begann das Unheil.

Nur mit knapper Mehrheit genehmigte die Hauptversammlung der Unicredit sein Jahressalär von bis zu 7,5 Mill. Euro – das ist aber immer noch mehr als doppelt so viel, wie sein Vorgänger erhalten hatte.

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