Lebensmittel

Preise für Agrarrohstoffe steigen

Bei den Agrarrohstoffen hat es umfangreiche Preisanstiege gegeben. Im Januar wurden Mehrjahreshochs markiert. Schlechteren Ernten steht eine hohe Nachfrage gegenüber, die auch durch Finanzinvestoren weiter angeheizt wird. Allerdings könnte im Januar bereits der Höhepunkt der Preisentwicklung erreicht worden sein.

Preise für Agrarrohstoffe steigen

ku Frankfurt

Finanzinvestoren freut es, insbesondere in vielen der ärmeren Länder führt es allerdings zu großen Problemen für weite Teile der Bevölkerung: Die Preise für Agrarrohstoffe steigen stark an. Gemäß dem Index der Food and Agricultural Organization (FAO) der Vereinten Nationen sind die Lebensmittelpreise weltweit allein im Januar um 4,3% gestiegen und haben das höchste Niveau seit Juli 2014 erreicht. Besonders stark verteuerten sich dabei Getreide, und zwar gegenüber Vormonat um 7,1%. Nach Einschätzung der Analysten der Commerzbank stellt sich die Lage an den Märkten für Getreide und Ölsaaten, aber auch bei Baumwolle inzwischen noch knapper dar als zu Beginn des Winters. Dafür seien weitere Abwärtsrevisionen wichtiger Ernten verantwortlich sowie eine unerwartete robuste Nachfrage.

Angeführt wird diese Gruppe der Agrarrohstoffe von Mais, für das im Januar von der FAO gegenüber Dezember ein Anstieg um 11,2% und im Vorjahresvergleich sogar von 42,3% festzustellen ist. Hauptgrund dafür ist ein knappes Angebot, das zu niedriger als erwartet ausfallenden Lagerbeständen vor allem in den USA führt. Hinzu kommen zeitweilige Unterbrechungen bei der Vergabe von Exportlizenzen in Argentinien sowie substanzielle Käufe durch China auf dem Weltmarkt. An dem Trend dürfte sich wenig ändern. So erwarten die Vereinten Nationen, dass die Ernten in Argentinien und Brasilien von den Rekordniveau ausgehend sinken, allerdings sollen sie weiterhin oberhalb des längerfristigen Durchschnitts bleiben. Für Südafrika und die umgebenden Länder wird allerdings mit einem Anstieg der Produktion gerechnet.

Für Weizen stellt die Unterorganisation der Vereinten Nationen einen Anstieg im Januar um 6,8% fest, der zurückgeführt wird auf eine starke weltweite Nachfrage, während gleichzeitig am Markt damit gerechnet wird, dass Russland weniger Weizen exportiert, da die Exportabgaben für russischer Exporteure mit Wirkung zum März dieses Jahres verdoppelt werden. Aus Sicht der Verbraucher ist eine Verbesserung nicht in Sicht. Erwartet wird von den Vereinten Nationen nur ein geringfügiger Anstieg der Produktion von Winterweizen auf der nördlichen Erdhalbkugel, vor allem in Frankreich, Indien, Russland und den USA.

Die FAO geht für Getreide von einem starken Rückgang der Lagerbestände aus. Sie sollen um 2,2% auf 801 Mill. Tonnen zurückgehen, damit auf das niedrigste Niveau seit fünf Jahren. Dazu trägt bei, dass die Nachfrage 2020/21 um 52 Mill. Tonnen auf 2761 Mill. Tonnen steigen soll, ein Ergebnis des deutlichen Anstieg des Verbrauchs von Futtergetreide in China, wie es heißt. Damit decken die Lagerbestände nur noch 28,3% des erwarteten Verbrauchs ab, was dem niedrigsten Stand seit sieben Jahren entspricht. Der Welthandel mit Getreide soll um 5,7% auf 465,2 Mill. Tonnen steigen, was einen neuen Rekord darstellen würde.

Teureres Erdöl

Nach Angaben der FAO hat sich Zucker im Januar gegenüber Dezember um 8,1% verteuert. Verwiesen wird auf höhere Importe aufgrund der Erwartung sinkender Ernten in der Europäischen Union, Russland und Thailand, sowie eines zu trockenen Wetters in der Anbauregion Südamerika. Der Zuckerpreis werde aber auch durch die steigenden Rohölnotierungen und durch einen stärkeren brasilianischen Real angetrieben, heißt es.

Nach Einschätzung von Michaela Helbing-Kuhl, Rohstoffanalystin der Commerzbank, gibt es für die Märkte für Getreide, Ölsaaten und Baumwolle viele Impulse von außen: die positive Stimmung an den Aktienmärkten, die durch die Lockdown-Sorgen kaum gebremst worden sei, riesige geschnürte Konjunkturpakete, die Anhebung der Ölpreisprognosen für das erste Quartal sowie ebenfalls höhere Erwartungen für das Wirtschaftswachstum in den USA. Dies hat das Interesse der Finanzinvestoren geweckt. Bei Mais seien die Netto-Long-Positionen bis Mitte Januar auf den höchsten Stand seit Frühjahr 2011 geklettert – als der Maispreis mit über 700 US-Cent je Scheffel deutlich höher war als aktuell mit rund 550 Cent.

Doch auch fundamental sei die Situation deutlich angespannter als noch vor zwei Monaten, betont Helbing-Kuhl. Bei Weizen schmelze der für 2020/21 erwartete globale Überschuss dahin, wenn man China und Indien aus der Betrachtung herauslasse, weil beide am Weltmarkt kaum aktiv seien. Und für China und Indien sei die Bilanz inzwischen ins Defizit gerutscht. Die Bestände der großen Exportländer, die zu Beginn 2018/19 nach Angaben des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums noch bei 75 Mill. Tonnen gelegen hätten, seien bereits Ende 2019/20 auf nur noch wenig über 60 Mill. Tonnen gesunken. Sie würden wohl in der aktuellen Saison knapp unter diese Marke fallen, erwartet die Analystin.

Bei Mais hätten sich die Erwartungen hinsichtlich der Bestände bis zuletzt deutlich reduziert. Sie sind nun auf ein Siebenjahrestief gefallen. Die Ernte im Frühsommer 2020 habe statt der erhofften 400 Mill. Tonnen nach Einschätzung des US-Landwirtschaftsministeriums nur 360 Mill. Tonnen gebracht. Daher habe sich die Erwartung eines Überschusses auf dem Weltmarkt von 25 Mill. Tonnen in die Prognose eines Defizits von 26 Mill. Tonnen gedreht. Gleichzeitig sei eine im historischen Vergleich hohe chinesische Nachfrage ein Thema, wegen der im Reich der Mitte hohen Futternachfrage, in den vergangenen Jahren absichtlich abgebauter Bestände und einer durch Sturmschäden beeinträchtigten heimischen Produktion. In der vergangenen Woche hätten sich die chinesischen Bestellungen in den USA auf fast 6 Mill. Tonnen summiert, die höchste Menge, die je nachgefragt worden sei. Im Kalenderjahr 2020 hat China 11,3 Mill. Tonnen Mais importiert, für 2020/21 wird mit einem Anstieg auf 25 bis 30 Mill. Tonnen gerechnet.

Bei Sojabohnen habe es bereits in der Saison 2019/20 weltweit ein Defizit von 18 Mill. Tonnen gegeben. Für 2021 werde nun von einem erneuten Marktdefizit ausgegangen, das vom US-Landwirtschaftsministerium auf 9 Mill. Tonnen geschätzt wird, sowie einem Absinken der Bestände auf ein Siebenjahrestief, so Helbing-Kuhl. Dabei seien die Erwartungen für die US-Ernte nach unten korrigiert worden, während die stark steigende Nachfrage für zusätzlichen Druck auf das Lager-Verbrauchs-Verhältnis sorge. Hinzu kämen politische Unwägbarkeiten. So beschränkt Russland seine Exporte insbesondere durch Exportsteuern auf Weizen, Mais und Gerste, um den Preisanstieg im Inland zu verringern.

Besseres Wetter erwartet

Allerdings sind die Preise für Agrarrohstoffe gegenüber den Hochs vom Januar wieder etwas zurückgekommen, was vor allem daran liegt, dass die Wettervorhersagen für wichtige Anbauregionen nun etwas besser aussehen. Analystin Helbing-Kuhl geht derzeit bei Weizen, Mais, Sojabohnen und Baumwolle von leicht sinkenden Preisniveaus aus, auch wenn sie ihre Prognosen aktuell nach oben angepasst hat. Nach ihrer Einschätzung bleibt der Ausblick aber noch diffus, solange im wichtigsten Anbauland USA noch keine Entscheidung zu den Anbauflächen von Mais, Sojabohnen und Baumwolle zur Ernte im Herbst getroffen worden sei.