Christoph Niering

Insolvenz­verwalter hoffen auf klare Berufsregeln

Seit Jahren wartet die Branche der Insolvenzverwalter auf klare Regelungen zur Berufsausübung. Nun steht ein Eckpunktepapier in Aussicht. VID-Vorsitzender Christoph Niering erklärt, welche Punkte noch strittig sind.

Insolvenz­verwalter hoffen auf klare Berufsregeln

Sabine Reifenberger.

Herr Niering, die Berufung von Insolvenzverwaltern läuft dezentral. Sie setzen darauf, dass sich das bald ändert.

Bisher führen mehr als 180 deutsche Insolvenzgerichte, und dort jeder Insolvenzrichter für sich, eine sogenannte Vorauswahlliste. Die Maßstäbe für die Aufnahme in eine solche Liste sind jedoch sehr individuell und unterschiedlich. Das ist von außen nicht immer nachvollziehbar. Das Bundesministerium der Justiz hat nun mitgeteilt, dass kurzfristig ein Eckpunktepapier zum Berufsrecht veröffentlicht werden soll. Dieses soll die Grundlage für einen Gesetzentwurf bilden. Nach mehr als 20-jähriger Diskussion wäre ein solches Eckpunktepapier ein echter Meilenstein. Die Bundesregierung zeigt aus unserer Sicht damit, dass sie den Handlungsbedarf im Berufsrecht versteht.

Was genau wollen Sie denn mit einer neuen Regelung erreichen?

Bislang orientiert sich die Berufsausübung an den „Grundsätzen der ordnungsgemäßen Insolvenzverwaltung“, die unser Berufsverband in den vergangenen 15 Jahren entwickelt hat. Diese sind eine Selbstverpflichtung. Uns geht es in erster Linie um allgemeinverbindliche Regeln für die Berufsausübung. Das umfasst auch Regelungen für eine geordnete Zulassung und letztlich auch dafür, wie eine Zulassung bei Verstößen wieder entzogen werden könnte.

Welche Rahmenbedingungen fänden Sie sinnvoll?

Wie bei allen Berufen ist auch für die Insolvenzverwaltung eine fundierte Ausbildung von grundlegender Be­deutung. Neben einem abgeschlossenen Hochschulstudium sollte dazu eine dreijährige Ausbildung bei einem zugelassenen Insolvenzverwalter zählen. Hinzu kommen formale Kriterien wie etwa eine ausreichende Haftpflichtversicherung sowie eine geeignete Büroausstattung.

Das Bundesverfassungsgericht hat Insolvenzverwaltung 2004 als eigenständigen Beruf anerkannt, 2018 stand die Schaffung eines Berufsrechts für Insolvenzverwalter sogar im Koalitionsvertrag. Warum ist nichts passiert?

Krisen wie die Corona-Pandemie und der Angriff auf die Ukraine haben das Thema in den Hintergrund gedrängt. Schon in der vergangenen Legislaturperiode war es als dritte Stufe der Insolvenzrechtsreform angekündigt. Allerdings gibt es gerade um die Frage, wo die Aufsicht und Organisation einer zentralen Anlaufstelle für Insolvenzverwalter verortet werden könnte, eine heftige und kontroverse Diskussion. Solche Diskussionen bremsen natürlich das Tempo der Umsetzung.

Welche Optionen gibt es denn?

Es gibt drei Varianten: eine Aufsicht, die beim Bundesamt der Justiz in Bonn angesiedelt ist, eine eigenständige Kammer für Insolvenzverwalter oder ein Konstrukt unter dem Dach der Bundesrechtsanwaltskammer.

Was präferieren die Verwalter?

Bei der VID-Mitgliederversammlung und auf dem Deutschen Insolvenzverwalterkongress im November hat sich die Mehrzahl der Teilnehmer für eine eigene Insolvenzverwalterkammer ausgesprochen, ähnlich den Kammern der Wirtschaftsprüfer und der Patentanwälte. Diese Variante war seit Beginn der Diskussion im Gespräch, wurde aber zunächst auch bei manchen Kollegen skeptisch aufgenommen. Eine Beaufsichtigung durch das Bundesamt der Justiz können sich die wenigsten Verwalter vorstellen. Letztendlich verbindet aus meiner Wahrnehmung alle Insolvenzverwalter ein freiberufliches Selbstverständnis. Dieses sehen sie in einer Organisation unter eigener Verwaltung am besten aufgehoben.

Wie wahrscheinlich ist es, den Wunsch durchzusetzen?

Wichtig ist erst einmal, dass die Bundesregierung dieses Thema auf die Agenda genommen hat. Aus unserer Sicht wäre eine Insolvenzverwalterkammer der Weg der Mitte zwischen dem ungeliebten Bundesamt der Justiz und einem aus unserer Sicht nur schwer umsetzbaren Modell einer unabhängigen Stelle unter dem Dach der Bundesrechtsanwaltskammer. Nach meinem Eindruck würde eine Insolvenzverwalterkammer auch bei einer breiten Mehrheit der Insolvenzrichter, Gläubigervertreter und Insolvenzverwalter Akzeptanz finden, sofern sie gesetzlich sauber umgesetzt wird und ihre Aufgaben ernst nimmt.

Christoph Niering ist Vorsitzender des Verbands der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands.

Das Interview führte

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