Energiekrise

Regierung einigt sich auf Gaspreisbremse

Die deutsche Bundesregierung reagiert mit einer Preisbremse auf die rekordhohen Gaspreise. Die Ampel-Koalition hat sich auf einen „Abwehrschirm“ von bis zu 200 Mrd. Euro verständigt.

Regierung einigt sich auf Gaspreisbremse

Die Bundesregierung plant zur Abfederung der sprunghaft gestiegenen Energiekosten einen weiteren Abwehrschirm für Verbraucher und Unternehmen. Das Volumen bezifferte die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP am Donnerstag auf bis zu 200 Mrd. Euro. Konkret geplant sind neben einer Strompreisbremse nun auch eine Gaspreisbremse. Die bis zuletzt umstrittene Gasumlage ist vom Tisch.

„Die Preise müssen runter“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei einer Pressekonferenz in Berlin. Dafür werde die Bundesregierung alles tun. Dies solle dazu beitragen, dass Rentnerinnen und Rentner, Familien, Handwerksbetriebe und Industrie die Preise bezahlen könnten. Die Pläne versetzten die Regierung in die Lage, auf die vorgesehene Gasumlage zu verzichten, sagte Scholz. „Sie wird nicht mehr gebraucht.“

Scholz bezeichnete die geplante staatliche Stützung der Energieversorgung und die vorgesehenen Preisbremsen als „Doppelwumms“. Er erinnerte an seinen Ausspruch zu zurückliegenden staatlichen Hilfen in der Coronakrise, dass es darum gehe, mit „Wumms“ aus der Krise zu kommen. „Man kann sagen, das ist hier ein Doppelwumms“, sagte Scholz. Es gehe darum, zügig und für alle schnell feststellbar, die Preise für die Energie zu senken.

Corona-Fonds wird umgewidmet

Die Ampel-Koalition wird die jüngste Notmaßnahme im Energiebereich durch Umwidmung eines Fonds finanzieren, der eingerichtet wurde, um die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie aufzufangen. Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) soll über neue Kredite aufgestockt werden, um die Maßnahmen zu finanzieren, so Scholz

Der Kanzler stellte fest, dass Russland seine Energielieferungen als Waffe einsetze. Spätestens seit den Beschädigungen an den Pipelines in der Ostsee könne man daher sagen: „Auf absehbare Zeit wird Gas aus Russland nicht mehr geliefert werden.“

Über die deutsche Unterstützung für die von Russland angegriffenen Ukraine sagte Scholz: „Wir werden unsere Solidarität fortsetzen.“ Aber Deutschland könne dabei die Krise auch so bewältigen, dass sie auch für die Bürgerinnen und Bürger bewältigbar bleibe.

Bundesfinanzminister Christian Lindner rechtfertigt die Summe für den neuen Fonds von bis zu 200 Mrd. Euro. Dies sei die angemessene Reaktion auf den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine in Verbindung mit einem Energiekrieg gegen Deutschland, sagt Lindner. Deutschland zeige hier seine „wirtschaftliche Schlagkraft“. Insofern erwarte er auch, dass CDU und CSU in einer solchen Situation diesem Vorgehen zustimmen würden. Der Krisenfonds WSF wird laut Lindner ausschließlich zweckgebunden 200 Mrd. Euro einsetzen können. Das Geld stehe nicht für weitere Forderungen aus den Bundesländern zur Verfügung, sagt der FDP-Politiker. Es gehe darum, einen Dammbruch bei den Ausgaben zu verhindern.

Der Finanzierungsmechanismus über den WSF ermöglicht es Lindner, sein Versprechen einzulösen, im nächsten Jahr die verfassungsmäßige Obergrenze für die Nettokreditaufnahme wieder einzuhalten. Diese war in den vergangenen drei Jahren ausgesetzt worden.

Das jetzt beschlossene Programm soll Wirtschaftsminister Robert Habeck zufolge eine Laufzeit bis Ende des übernächsten Winters haben, also bis März oder April 2024. Die eingesetzte Expertenkommission zum Umgang mit den hohen Energiekosten solle zeitnah einen Vorschlag für eine Gaspreisbremse machen. Dieser werde dann beraten und umgesetzt.

Wirtschaftswissenschaftler warnen vor Auftrieb für die Inflation

Führende Wirtschaftsforschungsinstitute warnten davor, dass eine Gaspreisbremse die ohnehin schon hohe Inflation weiter anfachen könnte. Eine solche Bremse ist zudem in der Kritik, weil es nach Ansicht von Kritikern dann weniger Anreize gebe, das knappe Gas zu sparen. Wegen des hohen Importanteils erfordere eine Senkung des Gaspreises „massive Subventionen, die ihrerseits natürlich dann neue Kaufkraft in den Privatsektor pumpen würden“, sagte Stefan Kooths vom Institut für Weltwirtschaft Kiel bei Vorstellung des Herbstgutachtens der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute. Damit werde der gesamtwirtschaftliche Preisauftrieb abermals angefacht.

Die umstrittene Gasumlage dagegen sei besser als ihr Ruf. Es gehe dabei lange nicht nur darum, die Gasversorger zu retten. Indem die höheren Gaspreise schneller an die Bevölkerung weitergegeben würden, setze man einen Anreiz zum Gassparen auch bei Kunden mit Altverträgen.