Frankreich

Sarkozy zu Haftstrafe verurteilt

Mit hängenden Schultern und unbeweglicher Miene hinter der Maske verließ er das Strafgericht, ohne jedweden Kommentar von sich zu geben. Ausgerechnet er, der wortgewandte Politiker und studierte Jurist. Doch das Urteil, das die vorsitzende Richterin...

Sarkozy zu Haftstrafe verurteilt

Von Gesche Wüpper, Paris

Mit hängenden Schultern und unbeweglicher Miene hinter der Maske verließ er das Strafgericht, ohne jedweden Kommentar von sich zu geben. Ausgerechnet er, der wortgewandte Politiker und studierte Jurist. Doch das Urteil, das die vorsitzende Richterin Christine Mée am Montagmittag verkündet hatte, schien Nicolas Sarkozy die Sprache verschlagen zu haben. Der frühere Präsident Frankreichs ist wegen Bestechung und unerlaubter Einflussnahme zu einer Haftstrafe von drei Jahren verurteilt worden, davon zwei Jahre auf Bewährung.

Berufung angekündigt

Der 66-Jährige werde in Berufung gehen, kündigte Sarkozys Anwältin Jacqueline Laffont nur wenige Stunden danach an. „Welch groteske Verbissenheit, mon amour @nicolassarkozy“, kommentierte seine Gattin Carla Bruni auf Instagram das Urteil. „Der Kampf geht weiter, die Wahrheit wird ans Licht kommen“, schrieb sie danach und versah das Ganze mit dem Hashtag #injustice (Ungerechtigkeit). Das Urteil sei unverhältnismäßig, sagte Christian Jacob, der Vorsitzende von Sarkozys Partei, den Republikanern. Es sei exzessiv, um nicht zu sagen parteiisch, meinte sein Parteikollege Julien Aubert.

Auch wenn Sarkozy nicht ins Gefängnis hätte gehen müssen, sondern die Strafe zu Hause im vornehmen 16. Arrondissement unter elektronischer Bewachung hätte verbüßen können, gilt das Urteil in Frankreich als beispiellos, da seit Gründung der Fünften Republik 1958 kein anderes früheres Staatsoberhaupt zu einer solch harten Strafe verurteilt worden ist. Sarkozys Vorgänger Jacques Chirac war 2011 wegen Veruntreuung und Vertrauensbruch während seiner Amtszeit als Pariser Bürgermeister zu zwei Jahren Gefängnis auf Bewährung verurteilt worden.

Der Berufungsprozess ist indes nicht das einzige Gerichtsverfahren, das Sarkozy nun erwartet. Denn am 17. März beginnt der Prozess wegen illegaler Wahlkampfausgaben für seinen erfolglosen Präsidentschaftswahlkampf 2012, den er gegen François Hollande verlor. Damit nicht genug, denn Frankreichs ehemaligem Staatsoberhaupt, das seine politische Karriere einst als Bürgermeister des Pariser Vororts Neuilly begann und später Haushalts-, Wirtschafts- und Finanz- sowie Innenminister war, droht auch wegen des Verdachts Ärger, Libyen habe seinen Wahlkampf 2007 finanziert.

Die Justiz hatte im Rahmen der Ermittlungen dazu festgestellt, dass Sarkozy unter dem Namen Paul Bismuth eine geheime Telefonverbindung zu seinem Anwalt Thierry Herzog eingerichtet hatte. Als sie diese abhörte, bekam sie mit, dass der Politiker, der jetzt Verwaltungsratsmitglied bei Lagardère, Accor Hotels und der Spielcasino-Gruppe Barrière ist, versucht hat, über Herzog von dem Richter Gilbert Azibert Ermittlungsgeheimnisse in der Affäre um die finanziellen Verbindungen zwischen der 2017 verstorbenen L’Oréal-Erbin Liliane Bettencourt und Eric Woerth zu erhalten. Woerth war von 2007 bis 2010 während Sarkozys Amtszeit als Präsident Haushaltsminister. Sarkozy soll Azibert im Gegenzug für Informationen versprochen haben, seinen Einfluss geltend zu machen, damit dieser einen prestigeträchtigen Posten in Monaco erhält.

Die Taten wögen besonders schwer, da sie von einem früheren Präsidenten begangen worden seien, der seinen Status zur Verfolgung persönlicher Interessen genutzt habe, urteilte Richterin Mée. Sie führte bereits bei Prozessen gegen den Geschäftsmann Bernard Tapie und UBS den Vorsitz. Ihr Urteil jetzt mache die Hoffnungen eines Teils der Republikaner zunichte, Sarkozy könnte bei den Präsidentschaftswahlen im Frühjahr 2022 doch noch einmal für sie antreten, heißt es in Paris. Beim letzten Mal war der vierfache Vater, der Frankreich während seiner Amtszeit als Präsident tief gespalten hatte, bereits in der parteiinternen Vorwahl gescheitert. 2019 veröffentlichte er seine Autobiografie „Pas­sions“, ein Jahr später seine Memoiren „Le Temps des Tempêtes“.