"Von einer Blase ist der Markt weit entfernt"
"Von einer Blase ist der Markt weit entfernt"
Auch nach dem explosiven Wachstum der vergangenen Dekade hat der Markt für Anleihen mit aktienähnlichen Elementen, so genannten Preferred Securities, nach Einschätzung des amerikanischen Asset Managers Spectrum noch Potenzial. In den USA aber dürfte das Gesamtvolumen dieser Emissionen auch infolge von Tilgungen langsamer zulegen als bisher, meint Mark Lieb, Chief Executive von Spectrum. Die vor 19 Jahren gegründete Gesellschaft sieht sich mit 13 Mrd. Dollar unter Verwaltung als Marktführer im Management dieser Assets weltweit. In Deutschland hat sie vor allem die Assekuranz als Kunden im Visier. – Herr Lieb, der Markt für Preferred Securities ist vor 13 Jahren entstanden und derzeit stehen in den USA Wertpapiere über knapp 280 Mrd. Dollar aus. Bahnt sich da eine Blase nach zu raschem Wachstum an, wie sie mancher Beobachter im Hedgefonds-Sektor bereits erkennt?Nein, der Markt für Preferred Securities ist völlig anders. Im Vergleich zum gesamten Markt für Festverzinsliche, zu Staatsanleihen und Hypotheken handelt es sich doch nach wie vor um ein relativ kleines Segment. Der Markt hat daher noch reichlich Raum zu wachsen und ist von einer Blase weit entfernt. – Vor einigen Tagen sind manche Anleger nervös geworden, nachdem das Büro der Versichereraufsicht eine Emission von Lehman Brothers nicht als Schuldverschreibung, sondern als Vorzugsaktien eingestuft hatte, und die Spreads am Markt für Preferred Securities weiteten sich gehörig aus.Ich gehe davon aus, dass die Entscheidung des Securities Valuation Office der National Association of Insurance Commissioners keinen Bestand haben wird. Bei der für Juli anstehenden Überprüfung sollte die Lehman-Emission als Preferred Securities eingestuft werden. – Es geht dabei um die neueste Erfindung am Markt, die “Enhanced Capital Advantage Preferred Securities” (Ecaps). In ihnen ist die Aktienkomponente verstärkt, was etwa die Bedingungen angeht, unter denen ein Emittent Zinszahlungen aussetzen kann.Ecaps repräsentieren nur einen kleinen Teil des Marktes für Preferred Securities. Wir haben bisher nur einen sehr geringen Teil dieser neuen Emissionen gekauft und gehandelt, weil wir zunächst abwarten wollen, wie sich das Segment entwickelt. – Theoretisch ist ein regulatorisches Risiko aber doch nicht von der Hand zu weisen. Die Entscheidung der Federal Reserve in den neunziger Jahren, dass Banken Preferred Securities als Tier-1-Kapital bilanzieren können, hat das explosive Wachstum des Marktes doch erst ermöglicht.In Europa hat man ja schon jahrelang so bilanziert, bevor es auch hier in den USA ermöglicht worden ist. Es entspricht somit inzwischen dem weltweiten Daher dürfte es für die Aufsichtsbehörde in einem Land sehr schwierig sein, eine andere Auffassung zu vertreten, denn dies würde die Banken in anderen Ländern in einen Vorteil bringen. Ich erwarte daher keine Revision dieser Auffassungen der Behörden. – Wie stark wird denn Ihrer Meinung nach der US-Markt in den kommenden Jahren zulegen?Wir erwarten, dass das Volumen bis Jahresende auf 300 Mrd. bis 325 Mrd. Dollar wächst . . . – Das wären zwischen 8 und 17 % . . .Das Wachstum hängt auch davon ab, wie viel älteres Material bis dahin getilgt werden wird. Wegen dieses Austauschs wird das Wachstum anständig, aber nicht rapide sein. – Und wie sieht es in Europa aus?Mit einem Volumen von etwa 90 Mrd. Dollar ist der Markt in Europa sehr viel kleiner und weniger diversifiziert, aber er wächst, prozentual sogar stärker als der US-Markt. Über die weitere Entwicklung wird auch das Niveau der Leitzinsen in Euroland entscheiden. – Wie läuft denn das Geschäft von Spectrum in Europa?Derzeit haben wir in Europa 600 Mill. Dollar unter Verwaltung. Kommt ein guter Teil der Projekte, über die wir momentan reden, zum Abschluss, dürfte das Volumen in diesem Jahr um 50 % zulegen. – Was bietet Ihnen der deutsche Markt? Deutschland ist ein exzellentes Gebiet für uns. Von den 600 Mill. Dollar, die wir in Euroland verwalten, entfallen drei Viertel auf die Bundesrepublik, deshalb hat Principal Global Investors auch eben erst in München eine Niederlassung eröffnet. – Können Sie das erwartete Wachstum näher beziffern?Ich rechne mit einem Wachstum um mindestens 25 %. – Rennen Ihnen die deutschen Versicherer, die angesichts niedriger Zinsen nicht wissen, wie sie Ihren Garantiezins erwirtschaften sollen, nicht die Türe ein, schließlich bieten Preferred Securities einen deutlichen Renditeaufschlag gegenüber Corporate Bonds.Deutsche Versicherer sind in der Tat eine Gruppe, auf die wir abzielen. – Derzeit verwaltet Spectrum Asset Management weltweit rund 13 Mrd. Dollar. Wie stark wollen Sie wachsen?Das will jeder wissen. Mit unseren Kapazitäten könnten wir 18 Mrd. bis 20 Mrd. Dollar verwalten. Ich glaube aber, die von uns verwalteten Mittel werden langsamer wachsen als bisher. Im Bereich der geschlossenen Fonds etwa kommen derzeit nicht viele neue Produkte auf den Markt, weil sie vielfach unter ihrem Nettovermögenswert gehandelt werden. Wenn wir am Ende dieses Jahres auf 14 Mrd. Dollar kämen, wären wir zufrieden. – Bei zehn Anlagefachleuten und einem verwalteten Volumen von 13 Mrd. Dollar dreht ja jeder Mitarbeiter ein recht großes Rad. Auf welche Gewinnmarge kommt Spectrum eigentlich?Wir haben eine schöne Marge. – Geht es etwas konkreter?Das legen wir nicht offen. Unsere Zahlen werden bei Principal Global Investors konsolidiert, die Tochter der börsennotierten Principal Financial Group ist. – Bisher haben vor allem Adressen aus dem Finanzsektor Preferred Securities emittiert, abgesehen von einigen Telekom-, Industrie- und Versorgerunternehmen. Gibt es einen Trend zur Diversifikation der Emittentenbasis?Das ist der Grund, warum wir die Art der Papiere, die Lehman jüngst emittiert hat, mögen, auch wenn wir uns erst einmal zurückgehalten haben und es jetzt ein wenig Aufregung gibt. Denn da die Struktur dieser Papiere den Emittenten begünstigt, werden neue Adressen für den Markt gewonnen. Wenn sich dieses Produkt durchsetzt, dann ist dies daher gut für den gesamten Markt der Preferred Securities. – Aus welchen Sektoren werden denn die Unternehmen sein, die diese Art von Emissionen verstärkt nutzen werden?Ich rechne mit weiteren Emissionen von Industrieunternehmen, aus dem verarbeitenden Sektor, aber auch etwa aus der Chemie. – Spectrum würde eine Diversifikation der Emittentenbasis nicht schaden. Schließlich entfallen rund drei Viertel ihres durchschnittlichen Portfolios auf Papiere von Emittenten aus dem Banken-, Finanz- und Versicherersektor. Für uns wäre eine größere Diversifikation gut. Deshalb würden wir es begrüßen, wenn sich dieses Produkt etabliert, sobald die Unklarheiten um die Lehman-Emission erst einmal beseitigt sind. Das Interview führte Bernd Neubacher.