Corona

Sonderrechte für Geimpfte sorgen für Streit

Während die Luftfahrt- und Reisebranche seit Monaten mit der Politik um die Reiseregeln in der Coronavirus-Pandemie ringt, hat der Reiseveranstalter Alltours nun Fakten geschaffen.

Sonderrechte für Geimpfte sorgen für Streit

lis Frankfurt

Während die Luftfahrt- und Reisebranche seit Monaten mit der Politik um die Reiseregeln in der Coronavirus-Pandemie ringt, hat der Reiseveranstalter Alltours nun Fakten geschaffen. Das Unternehmen hat angekündigt, voraussichtlich ab 31. Oktober Urlaub in der eigenen Hotelkette Allsun auf Mallorca, den Kanaren und in Griechenland nur noch mit Corona-Impfung zu ermöglichen. „Wir wollen allen Gästen höchstmögliche Sicherheit bieten, damit sie ihren Urlaub entspannt genießen können“, erklärte Alltours-Inhaber Willi Verhuven zu dem Vorhaben.

Nach Medienberichten erntete Alltours für die geplante Impfauflage in den sozialen Netzwerken viel Kritik. Die anderen großen Reiseveranstalter Tui, DER Touristik und FTI halten zudem wenig von dem Vorpreschen des Wettbewerbers. „Bei Tui gibt es solche Pläne derzeit nicht. Wir richten uns nach den Vorgaben von Regierungen“, sagte ein Tui-Sprecher Reuters. Es sei eine gute Nachricht, dass Corona-Impfungen be­gon­nen hätten, erklärte Georg Schmickler, Chef der Hotel-Sparte bei DER Touristik. „Die Frage nach Vorteilen für bereits geimpfte Personen halten wir jedoch für verfrüht und haben keine Planung in dieser Richtung.“ Auch die Münchner FTI Group beabsichtige weder als Veranstalter noch als Hotelbetreiber derartige Auflagen.

Impfen im Schneckentempo

Bei den Vorbehalten gegenüber der Alltours-Strategie treibt die Konkurrenten auch das zumindest in Deutschland langsame Impftempo um. Wer nur noch Geimpfte – oder von Corona Genesene – mit auf Reisen nimmt, dürfte noch eine ganze Zeit lang die Hotels, Flugzeuge und Kreuzfahrtschiffe nicht füllen können. Die meisten Unternehmen sowie die Verbände der deutschen Reise- und Luftverkehrswirtschaft setzen daher stärker als aufs Impfen darauf, viel mehr auf das Coronavirus zu testen, um möglichst sicheres Reisen zu ermöglichen. Am Montag legte der Deutsche Reiseverband (DRV) dazu ein Acht-Punkte-Papier für einen Neustart der Reisewirtschaft vor. Der DRV fordert, zu testen statt Quarantäne zu verhängen, und will zudem nach Regionen differenzierende Risikobewertungen der Zielländer durch das Auswärtige Amt. Auf behördliche Impfauflagen will sich die Branche vorbereiten können durch einen digitalen Impfpass. „Der Impfnachweis sollte in standardisierter und digitaler Form vorhanden sein, um die internationale Anerkennung und Integration in die Reisekette zu erleichtern“, erklärte der DRV.

Allerdings arbeiten Lobbyisten aus der Reise- und Luftfahrtbranche seit Monaten daran, dass beim Reisen stärker auf das Testen als auf Qua­rantäne gesetzt wird – bisher ohne durchschlagenden Erfolg. Erschwert wird die Situation dadurch, dass das Reglement in den verschiedenen Ländern einem Flickenteppich gleicht. Während etwa Madeira mitgeteilt hat, dass die Pflicht zur Vorlage eines negativen PCR-Tests für Reisende, die bereits vollständig geimpft sind, entfällt, halten viele Urlaubsziele wie etwa Griechenland an der Testpflicht für alle fest.

Unterdessen äußerte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht Verständnis für die Ankündigung von Alltours. Lambrecht sagte, sie rechne damit, dass die Gruppe der Geimpften weiter Sonderrechte bekomme: „Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass Hoteliers oder Gastronomen sagen, für Geimpfte ist der Zugang möglich.“ Für Menschen mit einem negativen Schnelltest müsse dies jedoch auch gelten.