Spacs

Spaculatives Investment

An diesem Montag starten die Aktien des Lakestar Spac I („Special Purpose Acquisition Company“) in den Handel an der Frankfurter Börse. Von da an haben Ex-Burda-Manager Stefan Winners, der als Vorstandschef fungiert, und der Start-up-Investor Klaus...

Spaculatives Investment

An diesem Montag starten die Aktien des Lakestar Spac I („Special Purpose Acquisition Company“) in den Handel an der Frankfurter Börse. Von da an haben Ex-Burda-Manager Stefan Winners, der als Vorstandschef fungiert, und der Start-up-Investor Klaus Hommels als Aufsichtsratschef zwei Jahre Zeit, mit dem zunächst leeren Luxemburger Übernahmevehikel und einem Kapitalpolster von 275 Mill. Euro Emissionserlös ein aufstrebendes, junges Tech-Unternehmen zu finden, das sie auf Lakestar verschmelzen und damit an die Börse bringen. Es ist der bisher größte Spac und der erste seit mehr als einem Jahrzehnt, der in Frankfurt an die Börse gebracht wird.

Für den Börsenplatz Frankfurt hängt einiges ab vom Erfolg des Projekts. In den USA haben seit Anfang 2020 mehr als 300 Spacs über 130 Mrd. Dollar eingesammelt – inzwischen vereinen Spacs mehr als die Hälfte des gesamten US-IPO-Volumens auf sich. In Europa dagegen starteten nur ein halbes Dutzend. Als Vorreiter hat sich die Euronext in Amsterdam herausgebildet. Dort steht ein weiteres halbes Dutzend Spacs in den Startlöchern – darunter der von Ex-Commerzbankchef Martin Blessing. Ob in Frankfurt Nachschub kommt, hängt auch vom Erfolg des Lakestar-Spac ab. Die Chancen stehen gut: Gründer Hommels hat sein Geld früh in Firmen wie Skype, Facebook und Spotify gesteckt und damit Gespür bewiesen. Jetzt will er den Ausverkauf deutscher Start-ups in die USA verhindern.

Die Zeit drängt. Viele Spacs, die von europäischen Wagniskapitalgebern geplant werden, wandern an die US-Börsen ab. Das gilt für das Vehikel der Start-up-Schmiede Rocket Internet ebenso wie für das des Kochboxenversenders Hellofresh. In den USA sind nicht nur die Taschen des Kapitalmarkts tiefer – es haben sich in den letzten Jahren auch erprobte Standards und Regeln für Spacs gebildet, die die Investoren schützen und in Amsterdam und Frankfurt übernommen worden sind: Die Aktionäre können vor einer beabsichtigten Akquisition des Spac mit einfacher Mehrheit darüber abstimmen und – wenn sie nicht einverstanden sind – ihre Aktie, die zum Standardpreis von 10 Dollar oder 10 Euro zugeteilt worden ist, ohne Verlust zurückgeben.

Es bleibt jedoch ein erheblicher Schönheitsfehler: Von den 10 Euro, die ein Aktionär eines Spac für die Aktie ausgibt, gehören – sobald die Akquisition grünes Licht erhält – 2 Euro dem Gründer („Sponsor“). Denn der erhält gewöhnlich 20% bis dahin zurückgehaltener Aktien kostenlos zugeteilt. Er wird damit für den Aufwand der Gründung des Übernahmevehikels entlohnt und erhält einen Anreiz, ein so unterbewertetes Akquisitionsziel zu finden und an die Börse zu bringen, dass der Kurs nach der Übernahme kräftig steigt. Doch selbst wenn das nicht gelingt, hat der Sponsor meist einen guten Schnitt gemacht.

Die Verwässerung der Anteile der übrigen Aktionäre durch einen guten Firmenkauf aufzuholen, ist gar nicht so einfach. Wer sich an einem Spac beteiligt und der Akquisition zustimmt, muss fest an die Fähigkeiten des Sponsors glauben. Manchmal misslingt es völlig. Seit 2019 sind in den USA ein Dutzend Spacs von verärgerten Aktionären vor Gericht gezerrt worden. Dazu zählte die Online-Essensbestellfirma Waitr, die 2018 per Spac-Fusion an die Börse kam und 2019 fast allen Wert verlor, der in der Spitze bei 1 Mrd. Dollar lag.

Auch wenn es immer wieder Flops gibt, wirken Spacs belebend: Sie ermöglichen jungen Tech-Unternehmen einen schnellen und unkomplizierteren Börsengang als traditionelle IPOs und damit den Zugang zu Wachstumskapital. Zugleich eröffnen sie Anlegern für geringe Beträge die Beteiligung an bislang nicht börsennotierten Jungunternehmen, die sonst für 10 Euro nicht zur Verfügung stünde. Es handelt sich in diesem Sinne um Venture Capital für kleinere Budgets.

Trotz des spektakulären Spac-Booms in den USA, an dem Investmentbanken prächtig verdienen, zweifeln selbst Banker, wie lange die Begeisterung anhält. Thomas Gottstein vom Spac-IPO-Spitzenreiter Credit Suisse glaubt, dass Spacs gekommen sind, „um zu bleiben“. Goldman-Sachs-Chef David Solomon dagegen warnt, der Markt sei „ein wenig zu verliebt“ und es könnte bald einen Rückschlag geben. Ob das eine eintritt oder das andere, wird wohl von zweierlei abhängen: dem Erfolg der Spac-Sponsoren bei der Auswahl guter Übernahmeziele – und davon, dass der Geldhahn offen bleibt, dessen stetig fließender Strahl sich aus Niedrigzinsgeldpolitik und billionenschweren staatlichen Konjunkturprogrammen speist.