Geldpolitik

„Die Geldpolitik der EZB ist bereits viel zu straff“

Der chefökonomische Berater der Unicredit, Erik Nielsen, hat in der aktuellen geldpolitischen Debatte eine klare Haltung. Die EZB hätte spätestens Anfang 2023 mit Zinserhöhungen aufhören sollen, sagt er im Interview der Börsen-Zeitung.

„Die Geldpolitik der EZB ist bereits viel zu straff“

„Die Geldpolitik der EZB ist bereits viel zu straff“

Unicredit-Ökonom Nielsen kritisiert Zinserhöhungen in diesem Jahr – Dax fester

mpi/ku Frankfurt

Im EZB-Rat wird derzeit kontrovers darüber diskutiert, ob im Kampf gegen die hohe Inflation eine weitere Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank (EZB) nötig ist oder das aktuelle Zinsniveau bereits ausreicht. Erik Nielsen, chefökonomischer Berater der Unicredit, hat dazu eine klare Haltung. Ende 2022 oder spätestens Anfang 2023 sei das Risiko einer Preis-Lohn-Spirale praktisch beseitigt gewesen. „Dann hätte die EZB aufhören sollen, die Zinsen anzuheben, anstatt die Wirtschaft stark zu bremsen“, sagt Nielsen im Interview der Börsen-Zeitung.

Die Lage der Konjunktur im Euroraum beurteilt er deutlich kritischer als EZB und Internationaler Währungsfonds. „Wenn das Wirtschaftswachstum in den USA und China eher gering ausfällt, was sehr wahrscheinlich ist, wird das BIP der Eurozone bestenfalls ein weiteres Jahr lang bei etwa null verharren.“

Nielsen erwartet, dass die Inflation bereits Ende 2024 auf den Zielwert der EZB sinkt. Grundsätzlich sei das Inflationsniveau aufgrund struktureller Änderungen in der Wirtschaft jedoch höher als früher. Daher spricht er sich für eine Anpassung des Inflationsziels der EZB auf die Spanne von 3 bis 4% aus. Wenn die EZB mittelfristig weiterhin 2% anstrebe, „dann funktioniert das nur, wenn sie der Wirtschaft dauerhafte Schmerzen – das heißt weniger reales Wachstum – zufügt“, meint Nielsen.

Der Dax legte am Mittwoch um 0,5% zu, blieb mit 15.853 Punkten aber deutlich unter der vielbeachteten Marke von 16.000 Zählern. Damit wurde am Markt weitgehend ignoriert, dass die Verbraucherpreise in China im Juli im Vergleich zum Vorjahr um 0,3% zurückgingen, womit das Reich der Mitte in die Deflation rutschte.

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