KommentarIfo-Geschäftsklima

Stunde der Pessimisten

Die hohe Inflation und der Zinserhöhungskurs der Notenbanken lassen das Ifo-Klima erneut einbrechen. Die Aussichten der deutschen Wirtschaft sind wahrlich trübe zum Ende des zweiten Quartals.

Stunde der Pessimisten

Ifo-Geschäftsklima

Stunde der Pessimisten

Von Alexandra Baude

Die Lage für die deutsche Wirtschaft wird zum Ende des zweiten Quartals ungemütlicher. Nicht, dass sie zuvor komfortabel gewesen wäre, aber nach dem Schock der Rezession im Winterhalbjahr hatte es zaghaft den ein oder anderen optimistischeren Unterton in Stimmungsumfragen gegeben. Mit dem zweiten unerwartet kräftigen Rückschlag des Ifo-Geschäftsklimas im Juni haben nun aber endgültig die Konjunkturpessimisten die Überhand.

Und das aus gutem Grund, denn wohin man blickt, ist kaum Positives zu sehen, die Stimmung quer durch alle Wirtschaftsbereiche trübe. Und dabei beginnt sich die Bremswirkung der restriktiven Geldpolitik aller großen Notenbanken erst so allmählich zu zeigen. In der Breite werden die Folgen erst in den kommenden Monaten deutlich sichtbar.

Im Gewand der Nachfrageschwäche machen sich die beispiellosen Zinserhöhungen in der Industrie bemerkbar – so ist es auch die stark exportorientierte Industrie, die im Juni den Stimmungskiller gibt. Denn den deutschen Handelspartnern ergeht es konjunkturell nicht besser, die USA etwa stehen am Rande der Rezession. Unter den europäischen Nachbarländern sind die Ausnahme derzeit vor allem die Mittelmeeranrainer, deren Wirtschaft dank der gut laufenden Sommertourismussaison noch mit einem ordentlichen Wachstum aufwartet. Im Herbst wird aber auch das dann vorbei sein.

Investitionen werden nicht zuletzt wegen der anhaltenden Unsicherheit über den Fortgang des Ukraine-Kriegs, so weit es geht, hintangestellt. Schlechte Nachrichten für die Industrie, der Anfang 2022 eingeschlagene Abwärtstrend bei den Neubestellungen wird sich fortsetzen. Daher leeren sich auch die Auftragsbücher, die liegen gebliebenen Bestellungen werden dank der nachlassenden Materialknappheiten zügig abgebaut. Die Geschichte, dass die sinkenden Lagerbestände eine Normalisierung nach den sicherheitshalber getätigten Bevorratungen angesichts der Lieferkettenprobleme sind, dürfte bald ins Reich der Märchen verschwinden.

Wobei laut der Einkaufsmanagerumfrage der Bestand unerledigter Aufträge auch bei den Dienstleistern schwindet. Der Nach-Corona-Boom, der sie bislang getragen hat, läuft aus. Und die Inflation sinkt nicht rasch genug, um die Kauflaune der privaten Verbraucher genügend anzukurbeln. Auch die nächsten Stufen der Mindestlohnerhöhung sind nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Die Industrieschwäche kann so jedenfalls nicht ausgeglichen werden.

Die hohe Inflation und der Zinserhöhungskurs der Notenbanken lassen das Ifo-Klima erneut einbrechen.

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