Interbankensatz

US-Kreditmarkt steuert vor Libor-Ende auf Engpass zu

Die tägliche Berechnung des Dollar-Libor endet am 30. Juni, doch noch immer hängt mehr als die Hälfte des Markt für US-Ramschkredite am alten Interbankensatz fest.

US-Kreditmarkt steuert vor Libor-Ende auf Engpass zu

US-Kreditmarkt steuert vor Libor-Ende auf Engpass zu

Junk Loans in Multi-Milliarden-Wert sind an alten Interbankenzins gekoppelt

xaw New York

Kurz vor Einstellung der London Interbank Offered Rate (Libor) ist noch mehr als die Hälfte des Markts für US-Hochzinskredite an den Referenzzinssatz gekoppelt. Laut Marktbeobachtern sind bisher lediglich Junk Loans im Volumen von weniger als 700 Mrd. Dollar auf den Nachfolgesatz Secured Overnight Financing Rate (Sofr) umgestellt, die Ratingagentur Moodys ging zuletzt von noch niedrigeren Werten aus.

Die tägliche Berechnung des Dollar-Libor, der über Jahrzehnte den Standard bei der Berechnung von Kreditzinsen bildete, endet am 30. Juni. Für den Fall, dass sich zum Quartalsende Neuverhandlungen von Darlehensvereinbarungen auftürmen, warnte das für alternative Referenzzinssätze zuständige Komitee der Federal Reserve wiederholt vor Marktverwerfungen.

Die Libor-Einstellung beschloss die britische Aufsicht FCA bereits 2017. Im Jahr 2012 war bekannt geworden, dass die Barclays die Referenzrate jahrelang manipuliert hatte. Insgesamt waren wohl bis zu 20 Geldhäuser in den Skandal verstrickt: Sie gaben zu hohe oder niedrige Zinssätze an, um Libor so zu bewegen, dass ihre Trading-Aktivitäten davon profitierten.

Zuletzt hat sich die Umstellung zwar beschleunigt. Dennoch erwarten Analysten hektische Last-Minute-Verhandlungen zwischen Schuldnern und Gläubigern. In den vergangenen Monaten hielten Konflikte über Verzinsungen die Umstellung auf. Denn der Drei-Monats-Dollar-Libor fällt mit 5,5091% höher aus als der Sofr, der bei 5,06% liegt.

Gläubiger fordern bei Umstellungen daher Ausgleichszahlungen. Das zuständige Fed-Komitee hatte für den Dreimonatssatz „credit spread adjustments“ von 0,26% empfohlen, dies war aber nicht bindend. Viele Schuldner stemmten sich dagegen, zumal die von ihnen beanspruchten Hochrisikokredite mit variablen Zinssätzen ausgestattet waren und die Kuponverpflichtungen infolge der restriktiven Geldpolitik stark stiegen.

Kommt es zwischen Schuldnern und Gläubigern zu keinen Einigungen, greifen in vielen Fällen zwar Notfallbestimmungen. Für einen bedeutenden Teil der Darlehen sehen diese Regelungen aber einen Rückfall auf die Prime Rate vor, die zuletzt bei 8,25% lag. Auch bei Krediten ohne spezifische Formulierungen zur Libor-Transition dürften ab dem 1. Juli deutlich höhere Zinsen fällig werden.

Erschwert wird die Umstellung auch dadurch, dass Verwerfungen im US-Bankensektor und das Konjunkturumfeld auf der Refinanzierungsaktivität lasten. In der Idealvorstellung wären an die alte Interbankenrate gekoppelte Kredite einfach durch neue, Sofr-gebundene Darlehen ersetzt worden. Doch nachdem der Primärmarkt für Junk Loans über Monate nahezu brachlag, laufen die Teilnehmer nun auf einen Engpass zu.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.