Vor Wachstumssprung

Teamviewer setzt auf Zukäufe

Die schwäbische Softwareschmiede hat eine „lange Liste“ von interessanten Zielobjekten. Bis 2023 soll bei den Erlösen die Milliardenmarke geknackt werden. Dividende können die Anleger vorläufig nicht erwarten

Teamviewer setzt auf Zukäufe

hei Frankfurt

Teamviewer will ihr hohes Wachstumstempo auch nach der coronabedingten Sonderkonjunktur mittelfristig fortsetzen und setzt dazu auf Akquisitionen. Konzernchef Oliver Steil hat eine „lange Liste“ von interessanten Unternehmen im Blick, deren Produkte das Portfolio des Fernwartungsspezialisten ergänzen sollen. Ziel sei dabei, das eigene Angebot auf immer mehr Branchen auszuweiten und so die Expansion bei Unternehmenskunden voranzutreiben. Das Geschäft in diesem Segment entwickelt sich nach den Worten von Steil im Pressegespräch sehr gut. Insbesondere der Billings-Anstieg von 246% bei neuen Produkten sei sehr erfreulich. Teamviewer profitiere vom anhaltenden Trend zur Digitalisierung von Geschäftsprozessen und decke inzwischen „praktisch die gesamte Wertschöpfungskette“ von der Produktentwicklung, über Fertigung bis hin zu Marketing und Vertrieb ab. Als neuen Großkunden nannte Steil unter anderem Siemens Health­i­neers. Bei Unternehmenskunden vereinbart Teamviewer Steil zufolge in der Regel Vertragslaufzeiten von einem Jahr. Dies eröffne aber auch die Möglichkeit, den Vertragsumfang zu erweitern und neu zu verhandeln, betonte er.

Mit den Zukäufen von Ubimax und Xaleon hatte Teamviewer zuletzt ihr Angebot im Bereich „Augmented Reality“ und „Customer Engagement“ verbessert. Steil räumte ein, dass die Bewertungen von jungen Softwareunternehmen hoch seien, jedoch könne Teamviewer den Einsatz der Produkte von oft noch kleinen Firmen meist schnell integrieren und vor allem skalieren. So könne man selbst auch sehr schnell in weitere Branchen und Geschäftsfelder vordringen, ohne bei der „absoluten Größenordnung“ der Kaufpreise zu übertreiben. Als Richtschnur, die gut zu verdauen sei, nannte Steil etwa den Kaufpreis von Ubimax. Dieser lag bei 84 Mill. Euro.

Aktie gibt nach

Das Wachstumstempo von jährlich rund 30% will Teamviewer mittelfristig halten. Im Jahr 2023 traut sich die seit September 2019 börsennotierte Softwareschmiede zu, bei den abgerechneten Umsätzen (Billings) die Milliardenmarke zu knacken. Im laufenden Jahr werden Billings von bis zu 605 Mill. Euro avisiert, die Umsätze sollen mit bis zu 540 Mill. Euro hereinkommen und die bereinigte operative Marge (Ebitda) wieder zwischen 55 und 57% landen. Dabei rechnet Teamviewer mit stabilen Investitionen von rund 26 Mill. Euro.

Obwohl das Echo der Analysten auf den Ausblick durchweg positiv ausfiel, konnte der MDax-Wert an der Börse damit nicht punkten. Die Aktie gab 1,4% auf 45,19 Euro nach. Finanzvorstand Stefan Gaiser stellte klar, dass Teamviewer den starken Cash-flow auf „absehbare Zeit“ – neben möglichen Zukäufen – primär für die Stärkung der Bilanz verwenden werde. Auch wenn es 2020 gelang, das Verhältnis von Nettoschulden zu Ebitda auf den Faktor 1,7 zu drücken, sei es angesichts von rund 440 Mill. Euro Nettofinanzverbindlichkeiten durchaus geboten, weiterhin „Cash in der Bilanz zu akkumulieren“. Die Zahlung einer Dividende ist daher für die Anleger vorerst nicht in Sicht, wie Gaiser weiter betonte. Zunächst gelte es, alle Hebel für Wachstum zu nutzen.

Im Schlussquartal hat Teamviewer die Billings um mehr als ein Viertel auf 128 Mill. Euro gesteigert. Die Expansion im Enterprise-Segment schlug sich in stärker steigenden Kosten für Vertrieb und Marketing nieder, so dass das bereinigte Ebitda mit plus 15% auf 72 Mill. Euro etwas weniger vorankam. Die Marge lag bei 56,3% nach 62,2% im Vorjahr. Der operative Cash-flow vor Steuern schwoll um 17% auf 73 Mill. Euro an. Im Gesamtjahr legte diese Kennziffer um 60% auf 258 Mill. Euro zu. Die Billings kletterten 2020 um 42%, das bereinigte Ebitda um 44%. Regional entwickelte sich das Geschäft im Gesamtjahr relativ ausgewogen, mit einem Zuwachs von 44% in Amerika, 42% in Europa und dem Mittleren Osten sowie 36% in Asien. Dort lief es mit plus3% bei den Billings im vierten Quartal nicht so gut. Gaiser betonte jedoch die „Erfolgsgeschichte“ im japanischen Markt. Dort gelang ein Sprung um die Hälfte.

Teamviewer
Konzernzahlen nach IFRS
in Mill. Euro20202019
Billings460325
Umsätze456390
Ebitda261182
Betriebsergebnis164153
Steueraufwand679
Konzernergebnis103104
Operativer Cash-flow225144
Nettoschulden439546
Börsen-Zeitung