Schwergewicht

Telekom macht dank Sprint-Übernahme große Sprünge

Die Übernahme des Rivalen Sprint durch ihre US-Tochter katapultiert die Telekom in eine andere Liga. Der Umsatz überspringt 2020 erstmals die 100-Mrd.-Euro-Marke. Operativ verdient der Konzern gut 40% mehr.

Telekom macht dank Sprint-Übernahme große Sprünge

hei Frankfurt – Die Deutsche Telekom stellt im Coronajahr 2020 nicht nur ihr robustes Geschäftsmodell unter Beweis, sie macht dank der Übernahme von Sprint durch T-Mobile US auch noch große Sprünge bei Umsatz und Ertrag. Die Konzernerlöse kletterten um rund ein Viertel, das operative Ergebnis vor Abschreibungen und nach Leasingkosten (bereinigtes Ebitda AL) legte 41,6% auf 35 Mrd. Euro zu. Im Rückwärtsgang war lediglich der Free Cash-flow AL. Er sackte um ein Zehntel auf 6,3 Mrd. Euro ab, weil Integrationskosten für Sprint anfielen. Zugleich stemmte der Konzern ein Investitionsvolumen von 17 Mrd. Euro (+30%).

Überdies bekam auch die Telekom Belastungen durch die Pandemie zu spüren, unter anderem durch sinkende Roaming-Erlöse, fehlende Umsätze in den Shops und ein erschwertes Geschäft mit Großkunden, das die laufende Sanierung von T-Systems empfindlich bremste. Die negativen Auswirkungen bezifferte Finanzvorstand Christian Illek in einer Telefonkonferenz mit insgesamt 200 Mill. Euro. Der um Sondereinflüsse bereinigte Konzernüberschuss stieg um 15,5% auf 5,7 Mrd. Euro. Der Zuwachs spiegelt sich ebenso im bereinigten Ergebnis je Aktie, das auf 1,20 (1,04) Euro kletterte und der Telekom eigentlich als Maßstab für die Dividendenentwicklung gilt. 2020 macht dabei indes eine Ausnahme. Vorstand und Aufsichtsrat schlagen der Hauptversammlung eine stabile Ausschüttung von 0,60 Euro vor. Illek wies darauf hin, dass der Anstieg beim bereinigten Konzernüberschuss wesentlich auf einen positiven Bewertungseffekt aus den Optionen auf die bei Softbank liegenden Aktien von T-Mobile US zurückgeht.

Im laufenden Jahr soll es für die Telekom auch beim Free Cash-flow AL wieder aufwärts gehen. Avisiert werden 8 Mrd. Euro. Dies sei ein Zuwachs von rund 20% gegenüber 2020, wie Konzernchef Tim Höttges sagte. Davon sollen rund 3,5 Mrd. Euro außerhalb der USA erwirtschaftet werden. Beim bereinigten Ebitda AL traut sich die Telekom rund 37 Mrd. Euro zu, ein Plus von 5,7%. Im vergangenen Jahr belief sich der Anstieg organisch auf 7,9%. Im Schlussquartal kam das operative Ergebnis auf 8,95 Mrd. Euro voran nach zuvor 6 Mrd. Euro. Der Free Cash-flow AL sackte indes besonders deutlich ab, auf 942 Mill. Euro nach 1,8 Mrd. Euro in der Vorjahresperiode. Gleichwohl traf die Telekom insgesamt weitgehend die Erwartungen des Marktes. Die T-Aktie reagierte daher nur mäßig und tendierte leicht im Plus.

Höttges unterstrich, dass die Telekom ihr Investitionsbudget im laufenden Jahr erneut ausweitet, auf 18,4 Mrd. Euro insgesamt, davon werden rund 5,5 Mrd. Euro in Deutschland ausgegeben, eine Summe, die perspektivisch weiter steigen solle. Denn der Konzern will im Heimatmarkt auch beim Glasfaserausbau mehr Tempo machen. Bis 2024 soll die Zahl der jährlich direkt angeschlossenen Haushalte auf 2,5 Millionen anschwellen und die Investitionen dann bei 6 Mrd. Euro ankommen. Dafür setzt die Telekom auch verstärkt auf Kooperationen. Sie treibt ihr Wholesale-Geschäft voran, das die Deckungsbeiträge für das eigene Netz erhöht. Erst kürzlich hatte sie nach zähen Verhandlungen ein Abkommen mit United Internet unter Dach und Fach gebracht, auch deren Glasfasernetz, das bei 1&1 Versatel liegt, anzubinden.

Hohe Schulden

Dennoch bleiben die finanziellen Herausforderungen für die Branche groß, wie der Telekom-Chef betonte. Aus seiner Sicht führt deshalb kein Weg an einer Konsolidierung in der Telekombranche in Europa vorbei. „Die Industrie leidet an Verschuldung. Wir müssen bei niedrigeren Umsätzen pro Kunde mehr investieren“, so Höttges. Eine europäische Konsolidierung sei eine „ökonomische Notwendigkeit“. Konkreter wollte Höttges nicht werden: „Wir reden über Transaktionen, wenn wir welche haben.“ Zuletzt hatte auch Orange-CEO Stéphane Richard ähnliche Töne angeschlagen und einen europäischen Champion ins Spiel gebracht. Dafür sei es an der Zeit, so der Manager. Orange und Deutsche Telekom unterhalten enge partnerschaftliche Beziehungen, unter anderem eine langjährige Einkaufskooperation.

Während Illek bekräftigte, die Telekom wolle ihre Nettofinanzverbindlichkeiten in Relation zum bereinigten Ebitda auch inklusive Leasingkosten innerhalb von drei Jahren nach der Sprint-Übernahme wieder in die „Komfortzone“ von 2,25 bis 2,75 bringen, ist dafür offenbar kein Verkauf von Tafelsilber angedacht. Jedenfalls erklärte der Manager, wie die Telekom langfristig mit ihrem eigenen 37500 Standorte umfassenden Portfolio von Mobilfunkantennen umgehen wolle, sei „offen“. Die Sparte hat die Mietumsätze im Jahresvergleich um 4,4% erhöht. Das bereinigte Ebitda AL kam um 3,5% voran.

Im vergangenen Jahr sind alle Geschäftsbereiche der Telekom mit Ausnahme von T-Systems im Ergebnis gewachsen. Das US-Geschäft, das mittlerweile rund 60% zum Konzern-Ebitda-AL beisteuert, legte auch auf organischer Basis mit +11% am stärksten zu. Das Segment Europa kam organisch um 2,1% voran, im Heimatmarkt stand ein Plus von 1,5% zu Buche. Allerdings machten sich hierzulande in der sonst stets glänzenden Mobilfunksparte die coronabedingten Reisebeschränkungen bemerkbar, die zu rückläufigen Roaming-Erlösen führten. Allein im vierten Quartal ergab sich hier ein negativer Effekt von 60 Mill. Euro bzw. –1,7% bei den Service-Einnahmen. T-Systems musste Belastungen von 100 Mill. Euro verkraften.

Im laufenden Jahr rechnet die Telekom wieder mit einer Verbesserung bei den Roaming-Erlösen und insgesamt mit eher moderaten Auswirkungen der Pandemie aufs Geschäft.

Deutsche Telekom
Konzernzahlen nach IFRS
in Mill. Euro20202019
Umsatz10099980531
 Inland (%)24,530,5
 Ausland (%)75,569,5
Ebitda3863327120
Ebitda, bereinigtes AL3501724731
Betriebsergebnis128049457
Konzernergebnis*41583867
Ergebnis je Aktie (Euro)0,880,82
Operativer Cash-flow2374323074
Nettofinanzschulden12022776031
*) nach MinderheitsanteilenBörsen-Zeitung
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