Stahlindustrie

Thyssen hat Klärungsbedarf zu Liberty-Angebot

Ungeachtet des aktualisierten Übernahmeangebots von Liberty Steel für die Stahlsparte will sich Thyssenkrupp für eine finale Entscheidung über das weitere Vorgehen noch bis März Zeit lassen. „Im Angebot gibt es zu einer Reihe komplexer Themen...

Thyssen hat Klärungsbedarf zu Liberty-Angebot

ab Düsseldorf

– Ungeachtet des aktualisierten Übernahmeangebots von Liberty Steel für die Stahlsparte will sich Thyssenkrupp für eine finale Entscheidung über das weitere Vorgehen noch bis März Zeit lassen. „Im Angebot gibt es zu einer Reihe komplexer Themen noch Klärungsbedarf“, heißt es in der am Montag veröffentlichten Rede von Vorstandschefin Martina Merz zur Hauptversammlung am kommenden Freitag. Thyssenkrupp werde die Offerte sorgfältig prüfen, sich aber nicht von Dritten abhängig machen.

Von daher werde an Alternativlösungen gearbeitet, betonte Merz. Konkret geht es dabei um die Fortführung des Stahlgeschäfts als Teil der Gruppe und einen etwaigen Spin-off. Beide Varianten könnten attraktive Lösungen sein. „Dafür müssen allerdings viele Voraussetzungen erfüllt sein“, sagte Merz. Das Kernkriterium für eine gute Entscheidung sei „die Zukunftsfähigkeit des Stahls“.

Anders als beim Verkauf des Aufzugsgeschäfts, das Thyssenkrupp im Vorjahr für gut 17 Mrd. Euro veräußerte, steht das Stahlgeschäft vor gewaltigen Herausforderungen, allen voran die strukturellen Überkapazitäten in Europa. Verschärft wurde die Lage durch die Coronakrise. Im abgelaufenen Turnus hatte die Stahlsparte einen operativen Verlust von knapp 1 Mrd. Euro geschrieben, hinzu kamen milliardenschwere Impairments.

Kein Spielraum

Doch obwohl Thyssenkrupp im zurückliegenden Geschäftsjahr im fortgeführten Geschäft mit 5,5 Mrd. Euro tief in die roten Zahlen gerutscht war und die Aktionäre erneut leer ausgehen – hier gibt es laut Merz „leider keinen Spielraum“ –, macht die Thyssenkrupp-Chefin auch Lichtblicke aus. So ist das Unternehmen den Angaben zufolge mit Rückenwind in das im Oktober angelaufene Geschäftsjahr gestartet. „In vielen Bereichen spüren wir erste Anzeichen einer wirtschaftlichen Erholung – trotz des neuerlichen Lockdowns.“ Zudem sei der übliche Rückgang im freien Cash-flow zum Jahresbeginn ausgeblieben. Die Cash-flow-Thematik ist für den Mischkonzern von besonderer Bedeutung, da Thyssenkrupp seit Jahren Geld verbrennt. „Wir wollen und müssen schnell zurück zu einem positiven Free-Cash-flow vor M&A“, formuliert Merz.

Mit Blick auf den Verkauf von Geschäften, für die Thyssenkrupp sich nicht mehr als bester Eigentümer versteht, gibt es derzeit einzig für Mining Technologies aus dem Anlagenbau ein „vielversprechendes“ Angebot. Dennoch stellt Merz „erkennbare Fortschritte“ für weitere Transaktionen im laufenden Turnus in Aussicht.

Hatte die Vorstandschefin bei der Bilanzvorlage im November zusätzliche Sparmaßnahmen angekündigt, sollen alle Geschäfte bis März „zusätzliche Maßnahmenpakete vorlegen, um die Performance noch im laufenden und in den folgenden Geschäftsjahren spürbar zu verbessern“. Von den 11 000 Stellen, die binnen drei Jahren gestrichen werden, seien bis Ende 2020 fast 4000 Arbeitsplätze gestrichen worden.

Verkauf richtig

Den Verkauf des Aufzuggeschäfts bewertet Henrik Pontzen von Union Investment, in seiner ebenfalls vorab veröffentlichten Rede zur Hauptversammlung als „richtig und notwendig“. Zugleich mahnt er an, sich auf Kerngeschäfte zu konzentrieren, die auch zusammenpassen. Nur dann sei das Ganze mehr wert als die Summe der Einzelteile. Konkret fordert Pontzen das Management auf, „den schrittweisen Wandel zur Wasserstoffwirtschaft für Thyssenkrupp als historische Chance zu begreifen, um sich neu zu erfinden“.