Lufthansa

Auf der Suche nach der Story

Für Netzwerk-Airlines wie die Deutsche Lufthansa und British Airways wäre eine neuerliche Verschärfung der Reiseregeln, über die letztlich die EU-Mitgliedstaaten entscheiden, ein harter Schlag.

Auf der Suche nach der Story

Noch nicht einmal vier Wochen ist es her, da strotzte Lufthansa-Chef Carsten Spohr bei Vorlage der Halbjahreszahlen vor Optimismus: Man rechne für Ende September mit der Öffnung der US-Grenzen für Flugreisende aus Europa, „ich bin aber zuversichtlich, dass es früher passiert“.

Passiert ist seitdem vieles, nur eben das Erhoffte nicht. Stattdessen sind die Infektionszahlen diesseits und jenseits des Atlantiks trotz fortschreitender Impfkampagne erneut stark angestiegen, beliebte Urlaubsziele sind mitten in der Hauptreisezeit wieder zu Hochinzidenzgebieten geworden, vielerorten wurden neue Quarantäneregeln verhängt und in Deutschland wird über striktere Regelungen für Reisen in Zügen und Flugzeugen diskutiert. Insofern passt das am Montag bekannt gewordene Ansinnen der Europäischen Union, die Einreise für US-Bürger erneut zu erschweren und nur noch unbedingt notwendige Reisen zu ermöglichen, ins Bild.

Für Netzwerk-Airlines wie die Deutsche Lufthansa und British Airways wäre eine neuerliche Verschärfung der Reiseregeln, über die letztlich die EU-Mitgliedstaaten entscheiden, ein harter Schlag. Denn ihr wirtschaftlicher Erfolg hängt auf Gedeih und Verderb vom Langstreckengeschäft ab. Zwar konnte die Lufthansa dank einer Ausweitung ihrer touristischen Aktivitäten im Sommer ihre Flugzeuge gut auslasten, aber der stärkere Fokus auf Urlauber hatte seinen Preis: Im zweiten Quartal gingen die Durchschnittserlöse bei den Netzwerk-Carriern der Airline-Gruppe um 10% zurück. Urlaubsreisende schauen mehr auf den Preis als Geschäftsreisende, zudem ist Lufthansa im touristischen Segment viel mehr dem Wettbewerb durch Low-Cost-Carrier und Ferienfluggesellschaften wie Condor ausgesetzt, die mit Niedrigpreisen auf Kundenfang gehen.

Gerade im Fall Lufthansa könnten die Brüsseler Pläne indes noch weitreichendere Folgen haben. Denn die Fluglinie steckt mitten in den Vor­bereitungen für eine Kapital­erhöhung, mit deren Hilfe die in der Coronakrise geflossenen Staatshilfen zurückgezahlt werden sollen. Wer wie Lufthansa Geld aufnehmen will, muss für die Aktionäre eine gute Story parat haben. Bisher hatten Spohr und seine Kollegen darauf gehofft, den Anlegern diese mit Öffnung der US-Grenzen und den damit einhergehenden besseren Geschäftsaussichten liefern zu können – spätestens Ende September. Nun bleiben nicht nur die Grenzen der USA dicht, auch die Europäer schotten sich wieder mehr ab. Das mit der Lufthansa-Story wird immer schwieriger.

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