BDI prangert Skalierungslücke bei Deep-Tech-Startups an
BDI prangert Skalierungslücke bei Deep-Tech-Startups an
Deep-Tech-Startups fehlt Wachstumskapital
Industrieverband BDI fordert Neujustierung der deutschen Förderung und bessere Verzahnung innerhalb der EU
Vielversprechende deutsche Deep-Tech-Unternehmen wandern in der Wachstumsphase noch immer in die USA ab. Es fehlt das Wachstumskapital in der Skalierungsphase. Der BDI macht sich jetzt dafür stark, das Förderregime neu auszurichten und zahlreiche weitere systemische Startup-Hemmnisse abzuräumen.
ahe Berlin
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat die Bundesregierung aufgefordert, die Rahmenbedingungen für Deep-Tech-Unternehmen und dabei insbesondere die Wachstumsfinanzierung für Startups zu verbessern. Förderung und Marktfinanzierung der wichtigen Zukunftsbranche weisen laut einem neuen BDI-Positionspapier, das der Börsen-Zeitung vorliegt, noch immer „erhebliche Schwachstellen“ auf. Das größte Defizit bestehe weiterhin in der Bereitstellung von Wagniskapital, vor allem in der späteren Phase, in der es um die Skalierung von Geschäftsmodellen und Finanzierung von starkem Wachstum bei hohen Verlustrisiken gehe.
Der BDI spricht in diesem Zusammenhang von einer „Skalierungslücke“. Über die Probleme könnten auch einzelne Erfolge in jüngster Zeit nicht hinwegtäuschen. Verwiesen wird auf die 500-Mill.-Euro-Finanzierung des KI-Unternehmens Aleph Alpha oder des Verteidigungsunternehmens Helsing in doppelt so großer Höhe. Helsing gilt heute als die wertvollste deutsche Deep-Tech-Firma.
Es fehlen die größeren Finanzierungen
Das Ifo-Institut hatte ebenfalls schon darauf verwiesen, dass der deutsche Wagniskapitalmarkt gemessen an der Wirtschaftsleistung noch immer vergleichsweise klein sein. Die gemessenen 0,06% des Bruttoinlandprodukts (BIP) lägen deutlich unter dem Markt der führenden Länder wie den USA, Großbritannien oder Frankreich. Die Bereitstellung von Wagniskapital in Deutschland sei vom Spitzenjahr 2021 mit einem damaligen Volumen von über 20 Mrd. Euro auf zuletzt gut 8 Mrd. Euro (2024) zurückgefallen.
Nach Einschätzung des Industrieverbands hat sich das deutsche Förderinstrumentarium in den letzten Jahren zwar verbessert – mit dem Zukunftsfonds, der WIN-Initiative oder auch dem angekündigten Deutschlandfonds. Es fehlten in Deutschland und Europa aber Fonds, die Einzelengagements von 50 bis 100 Mill. Euro stemmen könnten. Nur fünf EU-Fonds lägen derzeit über 500 Mill. Dollar Volumen. In den USA seien es dagegen 60% der verwalteten Mittel.

Insofern gehe es nun auch nicht darum, weitere kleinteilige Vehikel zu schaffen, sondern EU-weit zwei bis drei taugliche Fonds auf den Weg zu bringen, die ein Anlagevolumen von mindestens 10 Mrd. Euro investieren und daher entsprechen große Einzelengagements eingehen könnten, heißt es im Positionspapier. Dies könnten Stand heute fast ausschließlich die Europäische Investitionsbank (EIB) oder große US-Fonds.
Koalitionsvertrag macht Hoffnung
Hoffnung macht dem BDI, dass die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag verabredet hat, den Zukunftsfonds über 2030 hinaus zu verstetigen, die Förderarchitektur einem Effizienzcheck zu unterziehen und das Investitionsziel der 2024 an den Start gebrachten WIN-Initiative auf 25 Mrd. Euro zu verdoppeln. Nach Ansicht des Verbands sollte der Deutschlandfonds zudem auch auf eine Skalierungsfinanzierung von Deep-Tech-Startups ausgerichtet werden. Über die Bereitstellung von mehreren Milliarden könne dann über einen spürbaren Hebel auch privates Kapital mobilisiert werden.
Zur Effizienzverbesserung gehört laut dem BDI-Papier zugleich aber auch die systematische Verzahnung mit den europäischen Instrumenten, insbesondere des European Innovation Councils, des European Investment Funds der EIB und der EIB selbst. „Wir sehen ein großes Potenzial darin, die Instrumente besser miteinander zu verschränken“, hieß es.
Gesetze für Institutionelle lockern
Der BDI hatte bereits Mitte September in einer Studie zusammen mit der Boston Consulting Group (BCG) auf die große Bedeutung des Deep-Tech-Sektors auch für die deutsche Wirtschaft aufmerksam gemacht, die demnach zu einem neuen Wachstumsmotor werden könnte. Um das Potenzial von Deep Tech auch richtig nutzen zu können, müssen laut dem neuen Positionspapier aber auch noch zahlreiche weitere systemische Hemmnisse beseitigt werden, unter anderem regulatorische Hürden beim Technologietransfer – etwa bei der Patentanmeldung – oder bei Kooperationen mit Industrieunternehmen oder Universitäten.
Auf der Liste der Handlungsempfehlungen des BDI an die Politik steht zugleich, Ausgründungen aus Universitäten zu erleichtern und Regelungen für den Exit zu verbessern. Für institutionelle Investoren sollten zudem die Anlagevorschriften angepasst werden, hieß es. Um Investitionen von öffentlich-rechtlichen institutionellen Anlegern und Pensionskassen zu erleichtern, sollte es die Risikoinvestmentquote in der Anlageverordnung erlauben, künftig bis zu 10% in Risikokapital anzulegen.
Auf europäischer Ebene sollte sich die Bundesregierung in den Konsultationen zur Versicherungsrichtlinie Solvency II zugleich dafür einsetzen, dass die Eigenkapitalhinterlegungspflichten für Private-Equity- beziehungsweise Venture-Capital-Anlagen weiter gesenkt werden, heißt es in dem Positionspapier. Deutsche Versicherer mischten ihrem Portfolio bislang nur im geringen Umfang Wagniskapital bei.
