Adler Group

Chance vertan

Das Wegducken der Führungsriege heizt die Verunsicherung über Adler Group weiter an. Der Wohnungskonzern bleibt ausführliche Antworten auf die Vorwürfe des Shortsellers Fraser Perring schuldig.

Chance vertan

Ob Schweigen tatsächlich eine gute Strategie ist? Sicher, juristisch begibt sich die Führungsriege des Wohnimmobilienkonzerns Adler Group damit auf die sichere Seite. Wer nichts sagt, kann nichts Falsches sagen. Auf der Analysten- und Investorenkonferenz waren nicht einmal Fragen zugelassen, obwohl schwerwiegende An­schuldigungen im Raum stehen. Der britische Shortseller Fraser Perring wirft dem Wohnungsvermieter Betrug, finanzielle Falschdarstellung und Geschäfte mit verbundenen Parteien zulasten von Anleihegläubigern und Aktionären vor.

Die Präsentation des Neunmonatsberichts wäre eine gute Gelegenheit gewesen, die Vorwürfe zu entkräften. Diese Chance hat Adler verstreichen lassen. Zu zentralen Kritikpunkten wie der Berechnung des Verschuldungsgrads oder der Rolle des umstrittenen Investors Cevdet Caner hat das Management in den acht Wochen seit Veröffentlichung der Anschuldigungen überhaupt nicht Stellung bezogen. Detaillierte Erläuterungen zu Medienberichten über Stillstände bei wichtigen Entwicklungsprojekten fehlen ebenfalls.

Bis das Gutachten der KPMG-Wirtschaftsprüfer vorliegt, werden noch Wochen vergehen. Es soll Anfang 2022 fertig sein. Kein Wunder, dass die ohnehin große Verunsicherung der Marktteilnehmer weiter zunimmt. Der abermalige Sturzflug des Aktienkurses wirkt da wie eine zwangsläufige Folge. Inzwischen notiert das im SDax vertretene Wertpapier rund zwei Drittel unter seinem Juni-Hoch. Nutznießer könnte Europas größter Wohnungsvermieter Vonovia sein, dem der Kurssturz die Chance eröffnet, zu Niedrigkursen An­teile einzusammeln. Über einen Deal mit Adler-Großaktionär Aggregate hat sich Vonovia bereits 13,3% des angeschlagenen Konkurrenten gesichert.

Ernüchternde Signale sendet vor allem der Forderungsabbau. Zwar verspricht der Konzern, in signifikantem Umfang Ansprüche einzutreiben, doch am Jahresende könnten noch knapp 300 Mill. Euro ausstehen. Das trägt kaum dazu bei, die von Perring geschürten Zweifel an der Werthaltigkeit zu vertreiben.

Beruhigendes gibt es dagegen zu den Wohnungsbewertungen. Adler zeigt nach neun Monaten trotz der Abschreibung auf das Gerresheim-Projekt mehr als eine halbe Milliarde Euro Bewertungsgewinn. Zudem steht der Abschluss des Wohnungsverkaufs an den Konkurrenten LEG unmittelbar bevor – zu Konditionen oberhalb des Buchwerts. Beides steht im Widerspruch zu der von Perring behaupteten Überbewertung von Wohnimmobilien.