Versorger

EnBW schließt keine neuen Verträge mit Russland

Der Energiekonzern EnBW ist angesichts des russischen Einmarsches in der Ukraine auf der Suche nach neuen Bezugsquellen für Kohle und Gas.

EnBW schließt keine neuen Verträge mit Russland

lis Frankfurt

Der Energiekonzern EnBW ist angesichts des russischen Einmarsches in der Ukraine auf der Suche nach neuen Bezugsquellen für Kohle und Gas. EnBW habe mitsamt ihrer Tochterunternehmen im vergangenen Jahr insgesamt rund 495 Terawattstunden Gas eingekauft, sagte EnBW-Chef Frank Mastiaux am Mittwoch. Rund 20% stammten aus direkten Lieferverträgen mit russischen Lieferanten. Neue Gasbezugsverträge mit Russland will man nicht abschließen, solange Präsident Wladimir Putin an der Macht ist. „Wir haben aktuell unsere Bemühungen verstärkt, eine deutlichere Diversifizierung der Bezugsquellen zu erreichen“, sagte Mastiaux. Der EnBW-Chef, der seinen im September auslaufenden Vertrag nicht verlängern wird, geht davon aus, dass der Krieg in der Ukraine die Energielandschaft in Deutschland und in Europa „tiefgreifend und bleibend“ verändern wird.

Im laufenden Geschäftsjahr will der Versorger beim operativen Gewinn erstmals die Marke von 3 Mrd. Euro knacken, die prognostizierte Spanne für das bereinigte Ebitda 2022 liegt bei 3,03 bis 3,18 Mrd. Euro. „Allerdings ist die aktuelle Situation von hohen Unsicherheiten geprägt. Wir gehen zwar aus momentaner Sicht nicht von wesentlichen Prognoseabweichungen aus, aber eine hundertprozentige Sicherheit haben wir vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse nicht“, wird Finanzvorstand Thomas Kusterer in einer Mitteilung zitiert. Im vergangenen Jahr hatten die Karlsruher das operative Konzernergebnis zum fünften Mal in Folge gesteigert, es kletterte um 6,4% auf 2,96 Mrd. Euro. Der Konzern profitierte dabei von höheren Gewinnen aus dem Betrieb von Kohle- und Gaskraftwerken sowie aus Zuwächsen im Handelsgeschäft. Die Aktionäre sollen eine um 10 Cent erhöhte Dividende von 1,10 Euro je Papier erhalten.

Beim Außenumsatz war das Plus im vergangenen Jahr mit 63% deutlich größer ausgefallen als bei den Ergebnissen. Allerdings hatte der stark gestiegene Materialaufwand einen Teil der zusätzlichen Erlöse aufgezehrt.

Belastet wurde die Ergebnisrechnung auch durch Abschreibungen in Milliardenhöhe, die wegen der gestiegenen Klimaschutzanforderungen im ersten Halbjahr vorgenommen werden mussten. Damals wurden Sonderbelastungen von insgesamt rund 1,25 Mrd. Euro ausgewiesen, davon kamen allein 700 Mill. Euro aus Wertberichtigungen auf die konventionellen Kraftwerke des Stromversorgers, denn wegen der sich verschärfenden Klimaschutzgesetzgebung sinkt die Ertragskraft von Kohlekraftwerken weiter. Der Konzern musste zudem die Rückstellungen für drohende Verluste aus nicht mehr kostendeckenden Strombezugsverträgen um 300 Mill. Euro erhöhen (vgl. BZ vom 16.7.2021). Der Rückgang des Ebitda resultiert insbesondere aus Aufwendungen für die Zuführung zu Drohverlustrückstellungen für Strombezugsverträge, hieß es im Geschäftsbericht. Grund seien im Wesentlichen verschlechterte Er­wartungen in Bezug auf die künftigen Cashflows vor dem Hintergrund der sich weiter verschärfenden Anforderungen aus dem Klimaschutz und den in diesem Zusammenhang angepassten Erwartungen zu den energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie den mittel- und langfristigen Preisentwicklungen der relevanten Beschaffungs- und Ab­satzmärkte.

Der Konzernüberschuss sank vor diesem Hintergrund 2021 gegenüber dem Vorjahr um rund 39% auf 363 Mill. Euro. Um diese Sondereffekte bereinigt, erzielte die EnBW einen Konzernüberschuss von rund 1,2 Mrd. Euro. Die Investitionen lagen mit rund 2,47 Mrd. Euro um 35% über dem Vorjahr. Hauptgründe waren die Ersteigerung von Flächenrechten zum Bau von Offshore-Windparks in Großbritannien so­wie der Ausbau der Stromtransport­netze.

Die Nettoschulden sanken zum 31. Dezember 2021 gegenüber dem Vorjahr deutlich um mehr als 5,6 Mrd. Euro. Verwiesen wird im Geschäftsbericht auf den höheren Bestand an flüssigen Mitteln. Dieser sei im Wesentlichen auf einen stichtagsbedingten Zufluss von Sicherheitsleistungen vor dem Hintergrund der aktuellen Marktpreisschwankungen zurückzuführen. Zu­dem seien EEG-Mittel in Höhe von 1,215 Mrd. Euro in den flüssigen Mitteln sowie in Höhe von 350,0 Mill. Euro in den kurzfristigen finanziellen Vermögenswerten enthalten. Die Bundesrepublik Deutschland habe außerdem einen Bundeszuschuss in Höhe von 1,62 Mrd. Euro zum Ausgleich des EEG-Bankkontos gewährt. Der Bund hatte den Unternehmen unter die Arme gegriffen, weil die Ökostromumlage zuletzt stark gesunken war.

EnBW
Konzernzahlen nach IFRS
in Mill. Euro20212020
Umsatz32 14819 694
Ebitda*2 9592 781
Ebit *1 4031 392
Ebit1591 103
Jahresüberschuss363596
Gewinn je Aktie (Euro)  1,34  2,20
Dividende je Aktie (Euro)  1,10  1,00
Operativer Cashflow7 5981 158
Nettoinvestitionen2 4711 827
Nettofinanzschulden2 9017 232
*) bereinigtBörsen-Zeitung
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