„Entscheidend sind die nächsten zwölf Monate“
„Nächsten zwölf Monate sind entscheidend“
Chemiebranche schlägt Alarm – Bekenntnisse von Schwarz-Rot zum Standort gefordert
ahe Berlin
Die deutsche Chemiebranche hat die Bundesregierung dazu aufgerufen, schnell etwas gegen die Standortkrise zu unternehmen, um die Industrie im Land zu halten. „Entscheidend sind die nächsten zwölf Monate“, stellte VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup am Donnerstag auf einem von der Branche veranstalteten Chemie- und Pharma-Gipfel klar. Bis dahin müssten spürbare Entlastungen an den Werkstoren ankommen, betonte er in Berlin und warnte: „Unsere Industrie rutscht bereits gefährlich ab, und mit ihr das ganze Land.“
Bereits am Vortag hatte der Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI), Markus Steilemann, vor den Verwerfungen auf den Absatzmärkten, vor allem aber vor heimischen Standortproblemen gewarnt. Die Industrie stehe „am Abgrund“, so der Covestro-Chef. Die Bundesregierung setze zwar richtige Impulse. Davon komme aktuell aber noch zu wenig in der Wirtschaft an. Auch seien die bisherigen Schritte bei Strom, Gas und Steuern noch nicht ausreichend.
Hoffnungträger „Chemieagenda 2045“
Die Branche setzt jetzt besondere Hoffnungen in die im Koalitionsvertrag angekündigte „Chemieagenda 2045“. Diese müsse den Weg bahnen, damit Deutschland seinem Anspruch als führender Standort für Chemie, Pharma und Biotechnologie gerecht werde, hieß es. Der VCI fordert in dem Zusammenhang vor allem Nachjustierungen der Energiewende, eine Sicherung der Rohstoff-Beschaffung, den Abbau von Bürokratie, Infrastrukturinvestitionen, weniger Steuern und Abgaben sowie bessere Rahmenbedingungen für Innovationen.
In der Bundesregierung stießen diese Forderungen zunächst auf offene Ohren. Mit der Chemieagenda müsse Deutschland zum innovativsten Standort für die Chemie- und Pharmabranche werden, sagte Forschungsministerin Dorothee Bär. Und Finanzminister Lars Klingbeil stellte am Donnerstag auf dem Branchentreffen klar: „Deutschland muss ein starkes Industrieland bleiben.“ Er kündigte an, koalitionsintern weiter Druck zu machen, dass rasch ein Infrastrukturbeschleunigungsgesetz verabschiedet wird. Auch soll noch in diesem Jahr der angekündigte „Deutschlandfonds“ kommen, über den zusätzlich privates Kapital mobilisiert werde. Der SPD-Chef sprach ebenfalls von Strukturreformen im Sozialstaat. Auch hier gebe es keine Differenzen zwischen den Union und seiner Partei.

Foto: VCI
Merz hatte zum Auftakt des Gipfels versprochen, dass seine Regierung keine Klimapolitik zulasten des Standorts machen werde. Er kündigte zugleich an, sich in Brüssel für die Rücknahme umstrittener Regulierung einzusetzen, darunter das Lieferkettengesetz, die CSRD-Nachhaltigkeitsberichterstattung oder auch das Verbrenneraus. Auch in den Laboren und Produktionsstätten der Chemie- und Pharmaindustrie entscheide sich, ob Deutschland ein souveränes und ein innovatives Industrieland bleibe, so der CDU-Chef.