Cloud-Strategie

Fonds kritisieren SAP vor HV

SAP hat angesichts des virtuellen Formats in der Hauptversammlung keine Gegenrede zu fürchten. Angesichts der schwachen Aktienentwicklung fällt die Kritik der Fonds im Vorfeld dennoch teils harsch aus.

Fonds kritisieren SAP vor HV

Von Sebastian Schmid, Frankfurt

Seinen guten Draht zu den Aktionären muss der verjüngte Vorstand um SAP-CEO Christian Klein noch aufbauen. Und das liegt nicht daran, dass auch die zweite Hauptversammlung in Kleins Amtszeit nur virtuell abgehalten wird. Das Vertrauen der Investoren in die stärkere strategische Fokussierung von SAP auf die Cloud bleibt angeknackst. Zwar hat die SAP-Aktie einen Teil des Kurssturzes vom vergangenen Oktober, als Klein die Strategie vorgestellt und die alten Mittelfristziele kassiert hatte, wieder aufgeholt und notiert um knapp ein Zehntel über dem Kurs von vor einem Jahr. Der Dax ist in der gleichen Zeitspanne indes um rund 40% gestiegen – trotz der Schwäche des Schwergewichts. Und vielleicht noch schmerzhafter: Der US-Erzrivale Oracle legte in der gleichen Zeitspanne um gut 50% zu.

Entsprechend herb fällt die Kritik vor dem Aktionärstreffen aus. Fondsmanager Markus Golinski von Union Investment bezeichnet die Kursentwicklung in seinem Statement als „herbe Enttäuschung“. Die Führung um Aufsichtsratschef Hasso Plattner und Vorstandssprecher Christian Klein habe am Kapitalmarkt viel Vertrauen verspielt. „Es ging zuletzt drunter und drüber, was zur wiederholten Kürzung der mittelfristigen Wachstumsprognosen geführt hat.“ Die Zweifel an der Wettbewerbsfähigkeit müssten nun ausgeräumt werden.

„Trauerspiel“ Aktienkurs

Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei Deka Investment, zeigt sich ebenfalls enttäuscht. 2020 markiere „mit der größten Kurskorrektur seit zwei Jahrzehnten“ einen Tiefpunkt für die SAP-Aktionäre. Der Aktienkurs sei absolut und relativ zu den Wettbewerbern ein Trauerspiel. „SAP scheint auf einem anderen Planeten zu leben und nur um sich selbst zu kreisen.“ Mehr Transparenz sei notwendig, um aufzuzeigen, wie 22 Mrd. Euro Cloud-Umsatz bei einer Marge von 80% erreicht werden können. Das Vertrauen der Aktionäre müsse zurückgewonnen werden. Selbst das IPO von Qualtrics habe der SAP-Aktie kein neues Leben einhauchen können.

Angesichts der Transformation im Konzern erwarten allerdings beide Fondsmanager keine schnelle Wende zum Besseren. Um SAP fit für die Zukunft zu machen, seien hohe Investitionen erforderlich, deren Er­folg erst in einigen Jahren beurteilt werden könne, erklärte Golinski, der zumindest darauf hofft, dass „nach den Personalquerelen des vergangenen Jahres jetzt endlich Ruhe einkehrt“. Eine Personalie würde Golinski dann aber doch gerne adressiert sehen. Es sei wirklich Zeit, den Aufsichtsratsvorsitz in jüngere Hände zu geben, erklärte er mit Blick auf den Mitgründer und Aufsichtsratsvorsitzenden Hasso Plattner. Der Vorstandsvorsitzende Klein brauche einen Aufsichtsratschef, der ihn über die ganze Transitionsphase begleiten könne. „Es wird Zeit, den Staffelstab des Aufsichtsratsvorsitzenden zu übergeben“, ist auch Speich überzeugt.

Er macht zudem reichlich Herausforderungen auf der operativen Seite aus. „So stark die Wettbewerbsposition im Geschäftsfeld Enterprise Resource Planning auch ist, umso enttäuschender sind die Segmente Customer Relationship Management oder Human Capital Management“, heißt es in seinem Statement zur Hauptversammlung. Das gelte insbesondere im Vergleich zu den Wettbewerbern Salesforce oder Workday. Noch sei nicht klar, ob vernünftige Renditen in diesen Geschäftsfeldern überhaupt erzielt werden könnten. Trotz immenser Investitionen, die auf die Profitabilität drücken, enteilten zunehmend die Wettbewerber.

Kritisch sieht Union Investment auch die ab diesem Jahr herabgesetzte Mindestschwelle der Zielerreichung für den kurzfristigen Bonus von 75 auf 50%.

Eine Debatte wird dennoch nicht entbrennen können. Ein öffentlicher Dialog ist auf der Hauptversammlung nicht vorgesehen, wie Golinski kritisiert. „Wir fordern, dass wir als Aktionäre bei künftigen Hauptversammlungen von SAP wieder unser volles Frage-, Rede- und Auskunftsrecht bekommen.“