Rechtsauslegung

Gericht präzisiert Schutz gegen Doppelbestrafung

Europas oberste Richter haben konkretisiert, wie im europäischen Recht der römische Rechtsgrundsatz „Nicht zweimal in derselben Sache“ auszulegen ist. Unter Umständen können mehrere Behörden Bußen gegen ein Unternehmen verhängen.

Gericht präzisiert Schutz gegen Doppelbestrafung

fed Frankfurt

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat konkretisiert, unter welchen Umständen Un­ternehmen von unterschiedlichen nationalen Behörden zu Strafen verdonnert werden können. Damit gibt das Luxemburger Gericht eine Linie vor, wie der Rechtssatz „ne bis in idem“ („Nicht zweimal in derselben Sache“) im europäischen Recht auszulegen ist. Grundsätzlich stellt der EuGH fest, dass der Rechtsgrundsatz nicht pauschal jeder Form mehrfacher Bestrafung entgegensteht und dass Unternehmen unter bestimmten Umständen durchaus Bußen von zwei unterschiedlichen Behörden akzeptieren müssen. Allerdings ist dies nur möglich, sofern beide Verfahren, aus denen Strafen gegen ein Unternehmen resultieren, „in hinreichend koordinierter Weise und in engem zeitlichen Zusammenhang geführt“ werden und die Sanktionen insgesamt der Schwere der begangenen Straftaten entsprechen. In anderen Worten: Die zweite Behörde, die Strafen verhängt, muss beim Strafmaß berücksichtigen, dass eine Firma wegen der gleichen Sache bereits von einer anderen Behörde zu einer Buße verdonnert wurde.

In der ersten der zwei anhängigen Rechtssachen ging es um die belgische Post (BPost), gegen die sowohl von der nationalen Postregulierungsbehörde als auch von der belgischen Wettbewerbsbehörde Strafen verhängt worden waren. Der andere Fall drehte sich um ein kartellrechtliches Vergehen von Nordzucker – und eine damit einhergehende Strafe in Österreich wegen der telefonischen Ab­sprache mit Wettbewerbern. Dieses Telefonat war bereits bei einer Strafentscheidung deutscher Behörden erwähnt worden.