Lufthansa will profitabler werden und streicht 4.000 Jobs
Lufthansa will profitabler werden und streicht 4.000 Jobs
Auf dem Weg zu einer höheren Profitabilität streicht die Lufthansa Tausende Stellen in der Verwaltung und lässt die Konzerngesellschaften enger zusammenrücken. Es ist das größte Umbauprogramm seit der Corona-Pandemie. Durch Digitalisierung und Automatisierung sollen bis Ende des Jahrzehnts 4.000 Arbeitsplätze wegfallen – und zwar überwiegend in Deutschland, erklärte die Lufthansa auf ihrem Kapitalmarkttag am Montag in München. Europas größtes Luftverkehrsunternehmen hatte zuletzt rund 103.000 Beschäftigte.
Schon am späten Freitag hatten erste Medien über anstehende Stellenstreichungen berichtet. Vorstandschef Carsten Spohr räumte nun ein, dass die Lufthansa finanziell schlechter abschneidet als die europäischen Konkurrenten Air France-KLM und IAG. Und das, obwohl sie mit einem Dutzend Airlines und fast 105.000 Beschäftigten die größte Airline-Gruppe Europas ist. „Wir liegen zurück“, räumte er ein. Das habe externe wie interne Gründe. Doch nun glaubt das Management, die richtigen Strukturen gefunden zu haben, „um dieses Unternehmen auf die nächste Stufe zu heben.“
Höhere Finanzziele
Vor diesem Hintergrund setzt sich der MDax-Konzern höhere Finanzziele: Die bereinigte Umsatzrendite soll zwischen 2028 und 2030 nun 8 bis 10% erreichen und damit „die historischen Ergebnisse der Lufthansa Group übertreffen“. Bisher verfolgte das Unternehmen 8%, schaffte die Zielmarke wegen hoher Kosten und vieler Doppelstrukturen aber selten. Im vergangenen Jahr waren es nur 4,4%, während die British-Airways-Mutter IAG fast 14% einflog.
Für das laufende Jahr zeigt sich das Management optimistisch: Der operative Gewinn vor Sonderposten (bereinigtes Ebit) soll den Vorjahreswert von 1,6 Mrd. Euro wie geplant deutlich übertreffen. An der bestehenden Dividendenpolitik, die eine Ausschüttung von 20 bis 40% des Konzerngewinns vorsieht, soll festgehalten werden.
Anleger zeigten sich in einer ersten Reaktion verhalten optimistisch, dass es der Lufthansa gelingt, zu den Rivalen aufzuschließen: Die Aktie reagierte am Montag mit einem Kursplus von knapp 1% und setzte damit ihren guten Lauf der vergangenen Tage fort. Analyst Harry Gowers von der US-Bank JPMorgan schrieb von „bullischen Mittelfristzielen“.
Zentrale Steuerung
Um die neuen Ziele zu erreichen, will der Konzern die Zusammenarbeit seiner zahlreichen Konzerngesellschaften enger verzahnen und Synergien heben. Planung und Vertrieb der Netzwerk-Airlines Lufthansa, Swiss, Austrian Airlines, Brussels Airlines und der kürzlich übernommenen ITA Airways sollen auf Europa-Strecken stärker zentral gesteuert werden. Dadurch wegfallende Doppelarbeit ermöglicht einen Teil des angepeilten Personalabbaus.
Die Airline-Gruppe geht für die kommenden Jahre von steigenden Durchschnittserlösen aus, da die Nachfrage hoch, das Flugangebot wegen des Lieferstaus der Flugzeughersteller Airbus und Boeing aber knapp bleibe. Stärker profitieren will das Lufthansa-Netzwerk auch vom Treueprogramm Miles & More, indem bis 2030 die Zahl der Nutzer um 50% steigen soll. Die neuen Töchter für Kurzstrecken- und Urlaubsflüge City und Discover Airlines, die bis zu 40% günstiger als die Kernmarke mit dem Kranich arbeiten, sollen stärker wachsen.
Ein weiteres Element des Fitnessprogramms ist die größte Flottenmodernisierung in der Geschichte des Unternehmens. Bis 2030 erwartet die Lufthansa Group mehr als 230 neue Flugzeuge, davon 100 für die Langstrecke. Neue Jets ermöglichen niedrigere Betriebs- und Wartungskosten. Analysten monierten, die Gruppe habe zu viele verschiedene Flugzeugmuster. Mit der Modernisierung soll zum Beispiel der Airbus Großraumflieger A340 ausgemustert werden. Das Schicksal des zweistöckigen Riesenjumbos A380 ist noch offen. Eigentlich sollte er wegen hoher Kosten die Flotte verlassen, wurde aber wegen des Mangels neuer Jets wieder eingesetzt.
Streit mit Gewerkschaften
Die Kernmarken-Gruppe soll bis 2028 brutto 2,5 Mrd. Euro mehr Ergebnis im Jahr erwirtschaften. Das hatte die Lufthansa vor rund einem Jahr zum Start ihres Programms „Turnaround“ angekündigt. Auch die Frachtsparte Lufthansa Cargo und die Wartungstochter Lufthansa Technik sollen ihre Profitabilität steigern, Programme dazu laufen schon. Die Personalkosten sind dabei ein wichtiger Hebel. Gespräche mit den Gewerkschaften UFO, Vereinigung Cockpit (VC) und Verdi über tarifliche Zugeständnisse blieben bislang ohne Ergebnis.
Die Gewerkschaft Verdi kritisierte den nun verkündeten Stellenabbau. „Einen Kahlschlag am Lufthansa-Boden zu Lasten der Beschäftigten nehmen wir nicht hin“, sagte Verhandlungsführer Marvin Reschinsky. Verdis nächste Tarifrunde steht erst 2026 an. Im Tarifstreit mit der Pilotengewerkschaft VC über die Altersversorgung steht der Lufthansa aber womöglich der nächste Streik schon ins Haus – eine Urabstimmung dazu endet an diesem Dienstag.
Lufthansa will zu Rivalen aufschließen
Management verspricht höhere Profitabilität und streicht 4.000 Stellen – Konzerngesellschaften arbeiten enger zusammen
Die Problemliste der Lufthansa ist lang: hohe Standort-Kosten, Doppelstrukturen bei den Konzern-Airlines, Lieferengpässe bei den Flugzeugbauern, festgefahrene Tarifverhandlungen. Ein Umbau- und Sparprogramm soll zumindest einige der Baustellen beseitigen. Die Aktionäre sind angetan, der Kurs legt zu.
