Nach folgenschwerer Insolvenz

Notkreditgeber von First Brands treten die Flucht an

Der Wert eines „Debtor-in-Possession“-Kredits für die Skandalfirma First Brands bricht ein. Vielen Gläubigern wird der Streit um Besicherungen zu heiß.

Notkreditgeber von First Brands treten die Flucht an

Notkredit von First Brands stürzt ab

Kreditgeber von Skandal-Firma nehmen Reißaus

xaw New York

Die Skandalfirma First Brands droht mit ihrem Versuch zu scheitern, ihre Finanzen nach der Flucht in den Gläubigerschutz schnell neu zu ordnen. So ist der Wert eines 1,1 Mrd. Dollar schweren Notfallkredits, den sich das Autoteile-Konglomerat zu Beginn seines Insolvenzverfahrens Ende September gesichert hatte, nach Berichten der „Financial Times“ zu Wochenbeginn eingebrochen. Die „Debtor-in-Possession“-Finanzierung (DIP) notierte an Handelsdesks an der Wall Street am Montag zu 69 bis 72 Cent auf den Dollar, ein Absturz um 20 Cent gegenüber Freitag. Üblicherweise handeln solche Kredite für in Restrukturierung befindliche Unternehmen, mit denen die höchsten Ansprüche an die Assets insolventer Schuldner einhergehen, selten zu weniger als 100 Cent auf den Dollar.

Investoren in Panik

Der heftige Rücksetzer deutet darauf hin, dass der Streit um Kreditbesicherungen Gläubigern zu heiß wird und sie deshalb Reißaus nehmen, bevor sie sich in dem teuren und voraussichtlich langgezogenen Insolvenzverfahren noch mehr die Finger verbrennen. Gerichtsdokumente zeigen, dass die Hedgefonds Beach Point und Redwood Capital sowie Marathon Asset Management zuletzt zu den Investoren mit den größten Positionen in dem DIP-Kredit für First Brands gehören. Die beiden erstgenannten Firmen äußern sich in der Angelegenheit bislang nicht, Marathon teilte mit, ihre gesamtes Exposure zu Niveaus oberhalb von 105 Cent auf den Dollar aufgelöst zu haben.

Andere Investoren verfallen laut Insidern derzeit in Panik und bieten ihre Positionen zu Ramschpreisen an. Denn es geht die Furcht um, dass sich First Brands einen neuen Kredit mit Vorrang beschaffen muss, um weiteren finanziellen Stress zu verhindern. Das Autoteile-Konglomerat hatte Ende September einen Antrag auf Gläubigerschutz nach Chapter 11 gestellt und war dabei nicht einmal in der Lage anzugeben, welches Volumen seine Verpflichtungen haben, die zum Großteil aus schuldenfinanzierten Akquisitionen stammen. Derzeit wird ihr Umfang auf rund 12 Mrd. Dollar geschätzt.

Gläubiger fechten Bedingungen an

Das Dickicht der von der Insolvenz betroffenen Finanzdienstleister war zunächst selbst für erfahrene Analysten schwer zu durchblicken. Insbesondere die US-Investmentbank Jefferies und die UBS sind infolge ihres hohen First-Brands-Exposure unter Druck geraten, doch auch zahlreiche Assetmanager und Fonds kämpfen mit den Folgen des Kollaps. An dem infolge der Pleite hastig zusammengestoppelten, 1,1 Mrd. Dollar schweren Notfallkredit sind mehr als 80 Assetmanager und Hedgefonds beteiligt.

Gläubiger fechten die Bedingungen der „Debtor-in Possession“-Finanzierung inzwischen vor dem Insolvenzgericht an und fordern eine „fairere“ Kompensation dafür, ohne Möglichkeit auf ausreichende Due Diligence zu einer „bodenlosen Black Box“ beizutragen. Angesichts der Konflikte um die Anspruchsberechtigungen verschiedener Stakeholder reagieren auch Kunden von First Brands nervös. Sie frieren Zahlungen an die Pleite-Firma ein, bis klar ist, wem sie das Geld überhaupt schulden.

Milliardenmittel verschwunden

Laut dem Handelsfinanzierer Raistone, der einen signifikanten Teil der außerbilanziellen Finanzierungen der Pleite-Firma mit arrangiert und sich angesichts des massiven Drucks selbst zum Verkauf gestellt hat, sind bis zu 2,3 Mrd. Dollar an Assets „einfach verschwunden“. Das neue Management von First Brands hat den enigmatischen Gründer Patrick James, der Mitte Oktober vom CEO-Posten zurücktrat, wegen angeblichen Betrugs und der Veruntreuung von Mitteln im Volumen mehrerer 100 Mill. Dollar verklagt. James weist die Vorwürfe zurück.

Nun geht die Furcht um, dass Kreditgeber, die First Brands ohne Besicherung Geld geliehen oder an Finanzierungsstrukturen abseits der Bilanz mitgewirkt haben, ihre insgesamt milliardenschweren Ansprüche niemals gelten machen können. Die Krise um den Anbieter von Scheibenwischern und Motorluftfiltern warf zuletzt auch ein Schlaglicht auf systemische Risiken von Private Credit.

Exzess am Ende eines Zyklus

Richard Grimm, Head of Global Credit bei Cambridge Associates, betont im Gespräch mit der Börsen-Zeitung allerdings, dass die Kapitalstruktur von First Brands durch syndizierte Kredite dominiert sei. Rating-Agenturen und Wirtschaftsprüfer seien Jahre vor dem Kollaps involviert gewesen. Der Skandal – ebenso wie der Zusammenbruch des Autokreditanbieters Tricolor – reflektiere die Exzesse in einem Finanzsystem, das sich dem Ende eines Zyklus nähere, nicht aber innere Mängel von Private Credit. „Marktteilnehmer haben Risiken bewusst in Kauf genommen, und Fehler – oder in diesen Fällen wohl Betrug – kommen vor“, sagt Grimm.