Pistorius treibt Rüstungs-Staatsbeteiligungen voran
Pistorius treibt Rüstungs-Staatsbeteiligungen voran
Verteidigungsminister Boris Pistorius spricht sich für ein stärkeres Engagement des deutschen Staates in der Rüstungsindustrie aus. „Wir brauchen die Staatsbeteiligungen, davon bin ich fest überzeugt – auch, um sicherzustellen, dass Know-how und Arbeitsplätze in Deutschland erhalten bleiben“, sagte der SPD-Politiker dem „Handelsblatt“. Es gehe darum, dass die Firmen mit Schlüsseltechnologien erhalten bleiben.
Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) sieht er dabei an seiner Seite. „Alle Kabinettskollegen sind sich darüber bewusst, wie essenziell unsere Schlüsseltechnologien für die Sicherheit unseres Landes sind“, sagte Pistorius. „Daher schauen wir uns gerade den Panzerbauer KNDS und den Schiffbauer TKMS an.“ Dort gehe es um Fragen, wie hoch ein Staatsanteil sein oder wie schnell es mit einer Beteiligung gehen könnte.
Was bei KNDS und TKMS passiert
Bei KNDS – entstanden aus der Fusion des Leopard-Herstellers Krauss-Maffei Wegmann und der französischen Nexter – wird schon länger über einen Einstieg der Bundesregierung spekuliert. Berlin könnte Aktienpakete der deutschen Eigentümerfamilien übernehmen, um die Machtbalance zu erhalten – denn die Hälfte der Anteile gehört dem französischen Staat. Auch ein Börsengang von KNDS wird vorbereitet. Thyssenkrupp wiederum plant, seine Marinesparte TKMS noch Mitte Oktober als Spin-off an die Börse zu bringen.
Thyssenkrupp will mit 51% die Mehrheit behalten. Der Wert des Herstellers von U-Booten und Kriegsschiffen wird auf 2,3 Mrd. bis 2,7 Mrd. Euro geschätzt.
Kampfjet-Projekt FCAS wackelt
Angesichts des Streits mit dem französischen Flugzeugbauer Dassault Aviation schließt Pistorius derweil ein Aus für das europäische Kampfjet-Projekt FCAS nicht aus. Er werde sich mit seinen Kollegen aus Frankreich und Spanien in Berlin treffen, sobald die französische Regierung stehe, sagte er. Es müsse bis zum Ende des Jahres eine Entscheidung getroffen werden: „Sonst ziehen wir gemeinsam mit den Projektpartnern FCAS den Stecker.“
Bei dem 100-Milliarden-Euro-Projekt für den Nachfolger des Eurofighter gibt es seit langem Streit zwischen den beteiligten Industriekonzernen Dassault, der Rüstungssparte von Airbus und der spanischen Indra. Dassault-Chef Eric Trappier beansprucht die alleinige Führung für die Kernkomponente und erklärte, Frankreich könne den Kampfjet auch alleine bauen. Pistorius sieht „verschiedene Lösungsoptionen. Und natürlich hat die weitere Zusammenarbeit mit Frankreich Vorrang.“
Wie es beim Fregatten-Projekt F-126 weitergeht
Zudem steht laut Pistorius das Fregatten-Projekt F-126 wegen großer Probleme mit dem niederländischen Auftragnehmer Damen auf der Kippe. „Ich bin mit meinem holländischen Kollegen im engen Austausch, und wir werden sehr bald eine Entscheidung haben“, kündigte Pistorius an. „Wir reden über eine von der niederländischen Industrie verursachte Verzögerung von mindestens 40 Monaten und müssen verhindern, dass Geld verbrannt wird.“ Deshalb werde auch über Alternativen und mögliche Überbrückungslösungen nachgedacht.
Pistorius warf der Rüstungsindustrie generell vor, nicht immer wie versprochen zu liefern. „Lieferverzögerungen schlagen direkt auf unsere Sicherheit durch“, sagte er. Angesichts der hohen Nachfrage sprach er von einer „Goldgräberstimmung“ in der Branche und warnte vor einer „Rüstungspreisinflation“. Die Industrie müsse ihre Kapazitäten jetzt rasch hochfahren und im Gegenzug für langfristige Verträge Pünktlichkeit bei der Lieferung und vernünftige Preise gewährleisten.
