Energiekrise

RWE beugt sich dem Machtwort des Kanzlers

Endlich herrscht Klarheit über die Laufzeit der drei verbliebenen deutschen Kernkraftwerke. Während Eon und EnBW schon seit Ende September den Streckbetrieb vorbereiten, muss RWE neu disponieren.

RWE beugt sich dem Machtwort des Kanzlers

ab Köln

– Endlich herrscht Klarheit hinsichtlich des Betriebs der drei noch laufenden Kernkraftwerke über das Jahresende hinaus. Im Zusammenhang mit der Entscheidung für den Streckbetrieb bis Mitte April 2023 muss aber einzig RWE von Grund auf neu disponieren. Eine Bewertung des am Vorabend von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gesprochenen Machtworts zur Beilegung des Streits in der Regierungskoalition wollen die Essener jedoch nicht vornehmen. „Es ist eine politische Entscheidung“, der sich RWE beuge, sagte eine Sprecherin. Ende September hatte sich das Bundeswirtschaftsministerium auf den Streckbetrieb von zwei der drei noch laufenden Kernkraftwerke mit den Betreibern Preussenelektra und EnBW verständigt. Das Kernkraftwerk Emsland sollte dagegen wie gesetzlich festgelegt zum 31.12. 2022 vom Netz gehen.

Technisch sei der Streckbetrieb im Kraftwerk Emsland bis Mitte April machbar, wenngleich die Leistung aufgrund des Verbrauchs der Brennstäbe Schritt für Schritt geringer werde, heißt es. RWE rechnet damit, im Zeitraum Januar bis Mitte April eine Leistung von etwa 1,7 Terawattstunden (TWh) zu erzeugen, etwa 70 % der vollen Leistung. Auf eine ähnliche Größenordnung bringt es das EnBW-Kraftwerk Neckarwestheim 2 für den Zeitraum des Streckbetriebs. Bei Isar 2 werden es etwa 2 TWh sein.

Zusammen entspricht das etwa 1 % der Gesamtstromproduktion des Jahres 2021. Allerdings lässt sich damit der Stromerzeugungsanteil von Erdgas nicht im gleichen Umfang reduzieren, wie aus einer Ifo-Studie hervorgeht. Denn mit Gaskraftwerken werden vor allem Spitzenlasten abgedeckt, während Atomkraftwerke ebenso wie Kohlekraftwerke für die Grundlast produzieren.

Das Kraftwerk Isar 2, das die Eon-Tochter Preussenelektra betreibt, wird allerdings nur bis Mitte März Strom liefern, wie ein Sprecher erläutert. Um eine längere Laufzeit zu ermöglichen, wäre eine Neukonfiguration des Reaktorkerns erforderlich gewesen. Dagegen hatte sich jedoch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) Ende September in der Eckpunktevereinbarung zur Einsatzreserve der beiden Kernkraftwerke von Preussenelektra und EnBW entschieden. Die Neukonfiguration des Reaktorkerns hätte einen Stillstand des Kraftwerks von vier bis sechs Wochen bedeutet, da zugleich eine vollständige Revision der Anlage erforderlich geworden wäre. Stattdessen geht Isar 2 nun Ende dieser Woche für eine Wartung für etwa eine Woche vom Netz.

Anders sieht die Situation im Kraftwerk Neckarwestheim 2 aus. Dort hätte der Betrieb mit dem aktuellen Reaktorkern nur bis Februar 2023 mit einer stark reduzierten Leistung fortgesetzt werden können. Daher wird der Reaktorkern Anfang kommenden Jahres neu konfiguriert, das dauert etwa zwei bis drei Wochen. Anschließend dürften bis Mitte April etwa 1,7 TWh Strom erzeugt werden. Auch bei RWE werde es eine Neukonfiguration des Reaktorkerns geben, heißt es.

Zur Höhe der zusätzlichen Gewinne, die sich aus dem verlängerten Betrieb ergeben, wollten sich die Kraftwerksbetreiber nicht äußern. Zwar winken satte Gewinne, da die zusätzlichen Strommengen zum hohen Marktpreis verkauft werden können. Größte Unbekannte ist jedoch die geplante Regelung zur Abschöpfung von Übergewinnen. Dieser Regelung sollen auch die Erlöse aus dem zusätzlichen Atomstrom unterworfen werden. An der Ausgestaltung wird jedoch noch gearbeitet.

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