SAF-Holland nimmt sich Schwedenhappen vor

Nutzfahrzeugzulieferer bietet 440 Mill. Euro für Haldex - Barofferte nicht abgestimmt - Kapitalerhöhung zur Refinanzierung geplant

SAF-Holland nimmt sich Schwedenhappen vor

Der Lkw-Zulieferer SAF-Holland will den schwedischen Bremsen- und Federnhersteller Haldex übernehmen. Das SDax-Unternehmen bietet 442 Mill. Euro für die in Stockholm börsennotierte Haldex, die etwa halb so groß wie SAF-Holland ist. Den Schweden liegt nach eigenen Angaben ein weiteres, aber bisher nicht bindendes Angebot vor.wb Frankfurt – Kurz nachdem der deutsche Autozulieferer Stabilus in Schweden einen großen Zukauf abgeschlossen hat, versucht auch der Lkw-Zulieferer SAF-Holland vor der IAA Nutzfahrzeuge im September in Skandinavien zu expandieren. Während Stabilus dem SKF-Konzern Tochterfirmen abgekauft hat, geht die auf Achsen und Kupplungen ausgerichtete SAF-Holland (Marktkapitalisierung: 455 Mill. Euro) über die Börse. Geboten werden 442 Mill. Euro in einer nicht abgestimmten Offerte für die in Stockholm gelistete Haldex. Dort liegt offenbar noch ein Antrag von dritter Seite vor, während SAF-Holland ein bindendes Angebot präsentiert. Gespräche mit den Schweden habe es gegeben, und SAF habe den Eindruck gewonnen, dass Haldex die Vorteile eines Zusammenschlusses ebenso sehe, heißt es. Den Zeitpunkt für den Schritt jetzt begründet das SAF-Management nicht näher. Hinter Haldex stehen im institutionellen Streubesitz insbesondere schwedische Banken und Pensionskassen.Die bisher auf Lkw-Achsen und -Kupplungen spezialisierte SAF-Holland will mit der Übernahme ihr Produktspektrum erweitern. Denn immer mehr Kunden fragten umfassende Lösungen für das Fahrwerk von Lastwagen nach. Es gehe in erster Linie um eine Wachstumsgeschichte und ziele nicht primär auf Kostensenkungen.Bedingung für das Zustandekommen der Offerte ist, dass HaldexAktionäre über 90 % der ausstehenden Aktien abgeben. Es sollen bar 94,42 skr je Aktie gezahlt werden, was das Volumen der Transaktion auf 4,16 Mrd. skr stellt. Die Offerte bedeutet ein Multiple von 12,9 bezogen auf den Enterprise Value (Eigenkapitalbewertung plus Nettofinanzschulden) zum Ergebnis vor Steuern und Zinsen (Ebit). Die Prämie liegt bei 10,8 % zum Kurs an der Nasdaq Stockholm vom 13. Juli, wobei die Aktie zuvor kräftig zugelegt hatte. SAF zogen am Donnerstag im SDax um 2,5 % an; Haldex legten um 23 % auf 105 skr zu – deutlich über dem Angebotspreis. Die Annahmefrist soll etwa vom 1. bis ungefähr zum 24. August laufen. Mit Berenberg und LazardHaldex mit Sitz in Landskrona stellt Bremssysteme und Module für Luftfederungen von Nutzfahrzeugen her. Finanziert wird mit vorhandenen Barmitteln und Kreditlinien, wobei es zunächst eine Brückenfinanzierung gibt. Berenberg ist alleiniger Finanzberater von SAF-Holland, Noerr begleitet SAF rechtlich. Haldex setzt auf Lazard und die Kanzlei Mannheimer Swartling. In der Branche dürfte auf absehbare Zeit der heimische SAF-Konkurrent Jost auf den Markt kommen, der im Portfolio des Finanzinvestors Cinven ist, der 2015 ein IPO geprüft hatte.Das Angebot für Haldex unterliege keiner Finanzierungsbedingung. SAF-Holland beabsichtigt, partiell über eine Kapitalerhöhung zu refinanzieren. Dabei könne das genehmigte Kapital maximal ausgeschöpft werden. Dies könnte auf Basis des aktuellen Kurses rund 160 Mill. Euro einspielen. SAF-Holland finanziert sich derzeit über eine Anleihe von 75 Mill. Euro, die 2018 fällig wird, revolvierende Kreditlinien über 158 Mill. Euro, eine Wandelanleihe von 100 Mill. Euro und Schuldscheindarlehen über 200 Mill. Euro (bis 2010 bzw. 2025).Auf der Bilanz hat das Unternehmen, dessen Holding in Luxemburg sitzt und das von Bessenbach bei Aschaffenburg aus geführt wird, laut Finanzchef Wilfried Trepels 320 Mill. Euro. Neue Kreditlinien kämen nun hinzu, wobei das Verhältnis von Unternehmenswert (Enterprise Value) zu operativem Ergebnis (Ebitda) unter 3 gehalten werden solle.Detlef Borghardt, der CEO von SAF-Holland, betont “eine überzeugende strategische Logik”, mit der er Ziele seiner Strategie 2020 früher umsetzen möchte. Ob er die Ziele mit dem möglichen Zukauf hochschreibt, verrät Borghardt noch nicht. “Integrierter Champion”Die Aktivitäten beider Seiten ergänzten sich, und er wolle “einen neuen integrierten Champion für fahrwerksbezogene Komponenten für Nutzfahrzeuge” schaffen und so die zunehmende Kundennachfrage nach ganzheitlichen Lösungen noch besser bedienen. Gemeinsam wäre man ein Komplettanbieter für eine Vielzahl von Bauteilen, von Bremsen mit elektronischen Komponenten bis hin zu mit Federung kombinierten Achssystemen. Auch regional ergänzten sich die beiden Seiten. Stärker im ServiceDurch die Transaktion würde die Position im Aftermarkt spürbar gestärkt, und SAF könne so in diesem “margenstarken und wenig zyklischen Geschäft” eine Vorreiterposition einnehmen. Der Anteil dieses Geschäfts am kombinierten Umsatz der beiden Unternehmen überträfe die von SAF-Holland im Rahmen der “Strategie 2020” avisierte Marke von 30 %. Im Rahmen dieser Ziele strebt SAF-Holland an, den Umsatz auf 1,5 Mrd. Euro zu schrauben. Mit Haldex werde dies nun früher erreicht. Die Schweden sollen vom ersten Jahr an einen positiven Ergebnisbeitrag abliefern.Das bekannteste Produkt der Schweden ist die in Kooperation mit Volkswagen entwickelte Haldex-Kupplung für Allradsysteme Syncro von Volkswagen und Quattro von Audi. Zu den Kunden von Haldex zählen Hersteller von schweren Lkw, Bussen, Trailern und Achssystemen für diese Fahrzeugtypen sowie Werkstätten. Das Produktportfolio umfasse alle wesentlichen Komponenten und Subsysteme, die in einem kompletten Bremsmodul oder in Achs- und Federungssystemen für Nutzfahrzeuge zum Einsatz kommen. Produktionsstätten sind in Brasilien, China, Deutschland, Ungarn, Indien, Mexiko, der Heimat Schweden und den USA. Im vorigen Jahr waren 2 100 Beschäftigte tätig. Sie sorgten für einen Umsatz von 511 Mill. Euro und eine Ebit-Marge von 9,3 %.