SAP enttäuscht auf breiter Front

Software-Konzern spürt Handelskonflikt - Abfindungen und Akquisitionskosten belasten Marge - Bis 13 Mrd. Euro Börsenwert verdampft

SAP enttäuscht auf breiter Front

SAP hat bei der operativen Rendite im zweiten Quartal keine Fortschritte gemacht, obwohl die Profitabilität des nach wie vor schnell wachsenden Geschäfts mit Mietsoftware aus der Cloud vorankam. Dafür schwächelte allerdings der hochmargige Einmalverkauf von Software-Lizenzen in Asien, wo SAP den globalen Handelsstreit zu spüren bekam. Die Aktie brach bis zu 10 % ein.hei Frankfurt – SAP hat die Anleger mit dem Ergebnis des zweiten Quartals auf breiter Front enttäuscht. Obwohl das Geschäft mit Mietsoftware aus der Cloud als Wachstumstreiber mit einem Erlösplus von 40 % auf 1,7 Mrd. Euro intakt blieb und auch die Bruttomarge der wichtigen Sparte um 4 Prozentpunkte auf 68 % vorankam, verharrte die bereinigte operative Rendite ohne Wechselkurseinflüsse im Gesamtkonzern bei 27,3 %. Hier hat sich der Software-Riese, der für den strukturellen Umbruch des Geschäfts vom hochmargigen Einmalverkauf von Lizenzen auf kontinuierliche Erlösströme aus der Cloud über Jahre Druck auf die Marge verkraften musste, vorgenommen, bis 2023 eine entsprechende Rendite von 34 % zu erzielen.Dies wären gut 5 Prozentpunkte mehr als 2018 erreicht wurden, jährlich hatte SAP daher im Durchschnitt einen Prozentpunkt mehr avisiert. Der Konzernumsatz soll zugleich um rund 10 Mrd. auf 35 Mrd. Euro in die Höhe schnellen, so dass sich ein operativer Gewinn von 12 Mrd. Euro einstellen sollte.Jedoch wird eine Steigerung der Rendite um einen Punkt im laufenden Jahr noch nicht gelingen, wie Finanzvorstand Luka Mucic gegenüber Reuters sagte. Dafür sei 2020 ein “sehr, sehr bedeutender Schritt” zu erwarten. Auch Konzernchef Bill McDermott unterstrich, dass SAP der geplanten Renditesteigerung “absolut verpflichtet” sei. Er sagte, der Ausblick für das laufende Jahr sei felsenfest. Demnach soll der Betriebsgewinn um 9,5 bis 12,5 % auf 7,85 Mrd. bis 8,05 Mrd. Euro steigen. Keine BeruhigungDie Investoren konnte das nicht beruhigen. Sie stuften die SAP-Aktie, die zeitweise mit einem Minus von fast 10 % auf den größten Tagesverlust binnen zehn Jahren zusteuerte, um 4,6 % auf 114,08 Euro zurück. Zeitweise verdampften 13 Mrd. Euro Börsenwert. Kurzzeitig wurde das Papier vom Handel ausgesetzt. Analysten führten die starken Kursverluste auch darauf zurück, dass Aktie binnen sechs Monate um fast ein Viertel zugelegt hatte. Doch nährt SAP auch Sorgen um die Auswirkungen des globalen Handelskonflikts. Denn die Software-Lizenzerlöse sanken um 5 % auf 948 Mill. Euro, eine Schwäche, die vom Unternehmen hauptsächlich den “jüngsten makroökonomischen Unsicherheiten, vor allem in Asien” zugeschrieben wird.Insgesamt kamen die Cloud- und Software-Lizenzerlöse um 11 % auf 5,5 Mrd. Euro voran, bei einem Gesamtumsatz von 6,63 Mrd. Euro (+11 %). Das Betriebsergebnis sackte um 21 % auf 827 Mill. Euro ab, in bereinigter Rechnung (Non-IFRS), die der Konzern seiner Guidance zu Grunde legt, gelang ein Plus von 11 % bzw. 8 % währungsbereinigt auf 1,82 Mrd. Euro. Dies liegt etwas unter den Erwartungen der Analysten.Der starke Anstieg der SAP-Aktie im Berichtsquartal belastete den Gewinn durch höhere anteilsbasierte Vergütungen. Die Übernahme von Qualtrics führte außerdem zu akquisitionsbedingten Zusatzkosten. Hinzu kamen Restrukturierungsaufwendungen, die höher ausfielen als geplant, weil mehr Mitarbeiter als erwartet die Abfindungsprogramme annahmen. Allein dafür legte SAP nochmals knapp 200 Mill. Euro zur Seite. Im Gesamtjahr rechnet der Konzern mit Kosten von 1,1 Mrd. Euro. Die Aufwendungen für die aktienbasierten Vergütungen sollen 2019 bei bis 1,9 Mrd. Euro liegen statt bis zu 1,55 Mrd. Euro. Kasse schmilztDie Sonderposten drückten den Gewinn unterm Strich, der um 19 % auf 582 Mill. Euro schmolz. Die genannten Aufwendungen spiegeln sich auch im rückläufigen Cash-flow. Am Ende des ersten Halbjahrs wird hier operativ ein Rückstand von 10 % auf 2,68 Mrd. Euro verzeichnet. Der freie Cash-flow sackte ebenfalls um 10 % auf 1,96 Mrd. Euro ab. Neben dem Umsatzwachstum in der Cloud richten sich die Augen der Beobachter auch kritisch auf den Auftragseingang in diesem Geschäft. Der zeigte gegenüber dem Vorquartal einen deutlichen Rückgang, obwohl das Startquartal eines Jahres in der Software-Branche normalerweise weniger Schwung zeigt als die Folgequartale. Zwischen April und Juni kletterte der Auftragseingang in der Cloud währungsbereinigt um 15 %, während zu Jahresbeginn noch ein Plus von 26 % zu Buche geschlagen hatte.Mucic begründete dies im Interview mit Bloomberg unter anderem damit, dass ich mehr Geschäft auf Plattformen wie Ariba, Fieldglass und Concur verlagere. Hier stellt SAP nutzungsabhängige Gebühren in Rechnung, die nicht Bestandteil des Auftragseingangs sind.Regional lief das Geschäft von SAP in Europa, dem Nahen Osten und Afrika “solide”, wo die Cloud- und Software-Einnahmen um 9 % zulegten. Die Cloud-Erlöse expandierten für sich betrachtet um 46 %. In der Region Amerika zeigten die Erlöse einen Zuwachs von 15 % beziehungsweise 10 % währungsbereinigt, dagegen konnte in Asien nur ein Anstieg der entsprechenden Umsätze um 8 % erzielt werden.Konzernchef McDermott hob insbesondere den Beitrag des für 8 Mrd. Dollar übernommenen Start-ups Qualtrics hervor, das er als “Wachstumskatalysator” bezeichnete. Die Erlöse in den Gebieten Customer and Experience Management klettern im zweiten Quartal um 81 % auf 365 Mill. Euro.