Verzögerungen

Schweizer passen ihre Lieferketten an

Die Schweizer Industrie erlebt eine boomartige Erholung von dem pandemiebedingten Einbruch im vergangenen Jahr. Der von Credit Suisse und dem Fachverband Procure.ch monatlich erhobene Einkaufsmanagerindex hat im August zwar leicht auf 64,8 Punkte...

Schweizer passen ihre Lieferketten an

dz Zürich

Die Schweizer Industrie erlebt eine boomartige Erholung von dem pandemiebedingten Einbruch im vergangenen Jahr. Der von Credit Suisse und dem Fachverband Procure.ch monatlich erhobene Einkaufsmanagerindex hat im August zwar leicht auf 64,8 Punkte nachgegeben, bewegt sich aber nach wie vor sehr deutlich über der Wachstumsschwelle von 50 Zählern. Diese wurde exakt vor einem Jahr erstmals nach Ausbruch der Pandemie überschritten.

Bemerkenswert ist die positive Entwicklung auch vor dem Hintergrund, dass Lieferverzögerungen bei einigen Rohstoffen und Vorprodukten gerade für die Industrie eine besondere Herausforderung darstellen. In der Schweiz scheint sich diese aber frühzeitig auf die veränderte Situation eingestellt zu haben. Zum zweiten Mal nach Juli 2020 wurden die Firmen im August nebst ihrer Einschätzung der Geschäftslage auch zur Organisation des Beschaffungswesens befragt. Jedes zweite Unternehmen erklärte in der Befragung, dass es die Lieferketten im Zug der pandemiebedingten Verzögerungen bereits angepasst habe. Vor Jahresfrist hatte erst ein Drittel der Firma diese Frage positiv beantwortet. Am meisten genannt werden schweizerische Lieferanten als neue Bezugsquellen, gefolgt von europäischen Zulieferern. Knapp 10% der Firmen gaben an, ihre Bezüge in Asien gedrosselt zu haben.

Bald wieder andersherum

Credit-Suisse-Chefökonom Claude Maurer erwartet, dass die Firmen ihr Einkaufsverhalten bei einer Normalisierung der Lieferbedingungen erneut anpassen und teilweise zum früheren Muster zurückkehren werden. Zurzeit schlage das Pendel zwischen Preis und Verfügbarkeit zugunsten des letzteren Kriteriums aus. Im Unterschied zu anderen Ländern haben sich die Probleme auf den Beschaffungsmärkten in der Schweiz aber noch nicht signifikant auf die Teuerung ausgewirkt. Die Inflation im August wurde diese Woche vom Bundesamt für Statistik mit 0,9% im Vergleich zum Vorjahr gemeldet. Während die Kerninflation bei lediglich 0,4% steht, erhöhten sich die Preise der Importgüter um 2,1%

Die Schweizer Wirtschaft erlebt derweil einen kräftigen Wachstumsschub. Im zweiten Quartal ist das Bruttoinlandsprodukt um 1,8% gewachsen, wie die Ökonomen des Bundes ebenfalls diese Woche mitteilten. Im Juni hatte der Bund eine Wachstumsprognose für das Gesamtjahr 2021 von 3,8% ausgegeben. Das reale BIP ist im zweiten Quartal des laufenden Jahres wieder auf das Niveau des vierten Quartals 2019 (vor Krisenbeginn) zurückgekehrt.

Bis die derzeitige Unterauslastung der Produktionskapazitäten in der Schweiz aber vollständig überwunden und die Wachstumstrendlinie aus der Vorkrisenzeit wieder erreicht ist, dürfte es nach Einschätzung der Schweizerischen Nationalbank aber noch etwa ein Jahr dauern. Bis dahin sollten die vermehrten Beschaffungen in der Schweiz keine größeren Probleme verursachen.