Übernahmevehikel

Spacs kommen in Europa in Schwung

In den USA ebbt der große Überschwang für Spacs ab. In Europa dagegen sind die Übernahmevehikel gerade erst im Kommen – wenngleich noch auf niedrigerem Niveau.

Spacs kommen in Europa in Schwung

cru Frankfurt

– Während sich der Überschwang rund um Spacs (Special Purpose Acquisition Companies) in den USA beruhigt, kommen die börsennotierten Blankoscheck-Übernahmevehikel in Europa in Schwung. In der ersten Hälfte des Jahres 2021 sind in Europa 19 Spacs neu an die Börse gekommen, davon sechs und damit die meisten in Amsterdam. In Deutschland waren es drei (Lakestar, 468 und Obotech). Insgesamt wurden bei den europäischen Spac-IPOs 5,2 Mrd. Dollar für Übernahmen eingesammelt. Das geht aus einer Aufstellung der Kanzlei White & Case hervor.

Demnach wurden ebenfalls in der ersten Hälfte dieses Jahres insgesamt 29 Unternehmen in Europa von Spacs übernommen und so an die Börse geführt. Das gesamte Transaktionsvolumen dieser 29 Übernahmen beläuft sich auf addiert 52,8 Mrd. Dollar. Rund 60% dieser Summe entfallen auf Spacs aus den USA, die in Europa Akquisitionsziele übernommen haben.

In Deutschland wurden sechs Firmen von Spacs in Deutschland gekauft. Dazu zählen die Übernahme des Online-Händlers Signa Sports United durch den US-Spac Yucaipa sowie der Kauf des Online-Ferienhausvermittlers Homtetogo durch den deutschen Spac Lakestar und der Erwerb des Kleinkinderhörspielanbieters Boxine durch den deutschen Spac 468 und die Übernahme des Lufttaxispezialisten Lilium durch den US-Spac Quell, der an der Nasdaq gelistet ist.

Eine unerwartete Marktentwicklung im Jahr 2020 und in der ersten Hälfte des Jahres 2021 war das explosionsartige Aufkommen von Spacs als dem in den USA bevorzugten Weg für private Unternehmen, an die Börse zu gehen – als Ersatz für traditionelle IPOs. In diesem Zeitraum haben sowohl das Volumen als auch die Anzahl der Spacs frühere Höchststände weit übertroffen.

Die Spac-Party ist nach Einschätzung der Analysten von Allianz Research „noch nicht vorbei“, aber es tritt nach dem Überschwang im ersten Quartal und dem Einbruch im zweiten Quartal eine Normalisierung ein. Nur 41 neue Spac-IPOs kamen im zweiten Quartal 2021 auf den Markt, verglichen mit 283 im ersten Quartal 2021 mit einem Erlös von 91 Mrd. Dollar.

Nach Hype Normalisierung

„Wir gehen davon aus, dass sich der Spac-Markt bei deutlich geringeren Volumina stabilisieren wird, vor allem aufgrund eines zunehmenden Missverhältnisses zwischen Angebot und Nachfrage“, kommentiert Allianz-Analyst Jordi Basco Carrera. „In diesem Zusammenhang bleiben wir skeptisch, dass es genügend private Unternehmen geben wird, die bereit sind, an die Börse zu gehen, nachdem die derzeitige Übertreibung am Markt nachlässt und die Zinssätze ihren langsamen, aber stetigen Anstieg fortsetzen, so dass große Teile des frei verfügbaren Kapitals ohne praktikables Ziel bleiben.“

Aber die Verlangsamung sei keine schlechte Sache. Eine langsame, aber stetige Rückbesinnung auf die Fundamentaldaten und eine anständige Bereinigung des Spac-Universums sollten eine gewisse Marktkonsolidierung ermöglichen und sowohl Private-Equity-Investoren als auch mittel- bis langfristigen Spac-Investoren die Möglichkeit geben, in Unternehmen zu „anständigen“ Bewertungen einzusteigen, statt zu den derzeitigen „ultraexpansiven“ Niveaus.

Die durchschnittliche Rendite aus dem Halten von Spac-Anteilen vom Börsengang bis zur Fusion liegt laut Allianz Research bei 10% – und ähnelt damit der erwarteten Rendite für Small-Cap-Aktienmärkte. Daraus könne man schließen, dass eine Investition in Spacs während der „Suchphase“ – solange der Gründer Ausschau nach einem geeigneten Akquisitionsziel hält – keinen Vorteil im Vergleich zu Aktien bringe.

Wie bei traditionellen IPOs verflüchtige sich das anfängliche IPO-Fieber schnell, sobald die Investoren taktische Gewinne einfahren und ihre langjährigen Positionen verlassen. Aus diesem Grund weise die durchschnittliche Performance des frisch gehandelten Unternehmens drei Monate nach Abschluss der Fusion tendenziell eine negative Tendenz auf – mit einem Minus von etwa 5%. Der anfängliche Marktausverkauf durch taktische und spekulative Investoren schaffe die Voraussetzungen dafür, dass Value-Investoren beginnen, auf der Grundlage von Fundamentaldaten und langfristigen Wachstumsperspektiven ihre Spac-Investments auszuwählen.