Kapitalmarkttag

Telekom gibt sich mehr Zeit für Schuldenabbau

Die Telekom gibt sich ein Jahr mehr Zeit, um ein „normales“ Schuldennniveau zu erreichen, bei dem ihr Investment-Grade-Rating nicht gefährdet ist. Vorrang hat der Mehrheitserwerb an T-Mobile US

Telekom gibt sich mehr Zeit für Schuldenabbau

hei Frankfurt

Die Deutsche Telekom will nach der Übernahme von Sprint durch T-Mobile US ihr Gewinnwachstum beschleunigen. Operativ vor Abschreibungen und Leasingkosten soll das Ergebnis in bereinigter Rechnung (EbitdaAL) jährlich im Schnitt um 3 bis 5% vorankommen; zuletzt waren jeweils 2 bis 4% die Maßgabe. Die stärkere Gewinndynamik, die unter anderem durch höhere als zunächst geplante Synergien bei der neuen größeren US-Tochter getrieben wird, soll sich entsprechend im Ergebnis je Aktie noch deutlicher niederschlagen. Bis 2024 avisiert die Telekom einen Anstieg von rund 45%, ausgehend von geschätzten 1,20 Euro je Aktie im laufenden Jahr. 2024 sollen es dann mehr als 1,75 Euro je Aktie sein.

Dies berge noch „viel Fantasie für unsere Aktionäre bei der Dividende“ sagte Konzernlenker Tim Höttges in einer Telefonkonferenz anlässlich des Kapitalmarkttages der Telekom. Tatsächlich ist die daraus abzuleitende Dividendenspanne insgesamt auf höherem Niveau als von Analysten bisher erwartet. Die Telekom will regelmäßig 40 bis 60% vom bereinigten Ergebnis je Aktie ausschütten. Die T-Aktie kletterte um 1,5% auf 16,90 Euro, während Kursziele von 20 Euro genannt wurden.

Auch beim Free Cash-flow will der Konzern große Sprünge machen, wobei hier insbesondere eine „sehr starke“ Entwicklung bei T-Mobile US erwartet wird, wie Finanzchef Christian Illek betonte. Ein üppiger Mittelzufluss nach der Integrationsphase von Sprint soll T-Mobile US erlauben, 2023 ein Aktienrückkaufprogramm über 60 Mrd. Dollar aufzulegen. Es ist eines von zwei wichtigen Elementen in dem „Instrumentenkasten“, den die Telekom nutzen will, um auch nach 2024 sicherzustellen, dass sie die Kontrolle über T-Mobile US behält. Dazu soll der Anteil des Bonner Konzerns von derzeit knapp 44% auf über 50% steigen. Höttges unterstrich die Bedeutung dieses Schrittes mit den Worten: „Wir wollen transatlantischer Marktführer sein.“

Im Zuge des angestrebten Aktienrückkaufprogramms „steigt unser Anteil an T-Mobile US automatisch“, erklärte Illek, der hinzufügte, es werde „keinen Big Bang“ geben, sondern die Telekom werden ihren Anteil allmählich ausbauen. Zweiter Baustein bleibt die Vereinbarung mit dem Partner Softbank über Call-Optionen über insgesamt 101 Millionen T-Mobile-US-Aktien, von denen die Telekom 45 Millionen zum bereits vereinbarten Festpreis erwerben kann. Die Option läuft bis Juni 2024.

Jenseits der Komfortzone

Damit gibt die Telekom einem Mehrheitserwerb an der US-Tochter Vorrang vor einer schnellen Entschuldung. Illek ließ wissen, dass sich der Konzern ein Jahr mehr Zeit gibt, um den Schuldenstand auf ein „normales Niveau“ zu bringen, so dass ein Investment-Grade-Rating komfortabel gesichert ist. Per Ende März hatte die Telekom Nettofinanzschulden von fast 130 Mrd. Euro, das 2,98-Fache des bereinigten Ebitda. Nun soll die Komfortzone, die in einem Faktor 2,25 bis 2,75 gesehen wird, 2024 statt 2023 erreicht werden. Damit „kann ich gut leben“, so Illek.

Allerdings will sich die Telekom noch auf anderem Wege finanziellen Spielraum verschaffen, um insbesondere auch ihre Investitionsfähigkeit im Heimatmarkt sicherzustellen, ohne „dass wir die Schulden erhöhen“. Höttges rechnet hier weiterhin mit einer jährlichen Investitionssumme von rund 6 Mrd. Euro, vor allem um verstärkt Glasfaser auszubauen. Dafür stellt der Konzern nun konkret T-Mobile NL sowie das Funkturmgeschäft „ins Schaufenster“, wie Höttges sagte. Er unterstrich allerdings, die Telekom habe kein Druck, diese Assets zu verkaufen. „Wir werden keine schlechten Deals machen.“ Für die Funktürme biete es sich „jetzt“ an, Investoren aufzunehmen oder auch einen Zusammenschluss zu prüfen. Denn inzwischen seien die „Multiples“ bei einem Faktor 30 bezogen auf das Ebitda angekommen, also „auf Augenhöhe mit US Tower Companies“. Damit dürfte aus Telekom-Sicht der Peak erreicht sein, zu warten lohne sich nicht länger. „Wir haben ein Kingmaker-Asset“, machte der Telekom-Chef deutlich. Nun könne die Telekom in Ruhe entscheiden, wen sie zum König mache, „Cellnex oder eine andere Gesellschaft“.

Der Konzern will aber auch darüber hinaus weiter am Portfolio arbeiten und sich dabei aus Märkten, „die von der Regulierung kaputtgemacht wurden, wo ein zu hoher Wettbewerbsdruck die Preise ruiniert“, zurückziehen. Als Beispiel nannte er bestimmte Länder in Osteuropa, wo die Telekom sich teilweise auch schon verabschiedet hat. Zugleich plädierte der Manager erneut für Zusammenschlüsse innerhalb Europas, um auch „als Region stärker“ zu werden. In den USA sei mit nunmehr drei landesweiten Playern eine „gesunde“ Marktstruktur erreicht, Europa sei weiterhin viel zu fragmentiert. Eine Konsolidierung sei nötig, um effizienter zu werden, hänge aber auch von der Regulierung und vom politischen Willen ab. Schon wiederholt hatte es geheißen, die Telekom lote einen Zusammenschluss mit Orange aus, aber Höttges wollte dazu nicht konkret werden. Gegenseitige Beteiligungen müssten über Aktientausche ausgestaltet werden, sagte er lediglich.