Thyssenkrupp entsetzt mit düsterer Prognose
Thyssenkrupp entsetzt mit düsterer Prognose
Thyssenkrupp entsetzt mit düsterer Prognose
Hoher Verlust erwartet – Restrukturierung führt zu Mittelabfluss – Streit um HKM eskaliert – Dank Sondereffekten endet abgelaufener Turnus versöhnlich
ab Köln
Mit einer düsteren Prognose für den laufenden Turnus hat Thyssenkrupp die Investoren auf dem falschen Fuß erwischt. Die Aktie gab in der Spitze um mehr als 8% nach. Hohe Restrukturierungsaufwendungen belasten das Ergebnis. Doch auch operativ rechnet der Traditionskonzern weiter mit schwierigen Bedingungen.
Nach einem versöhnlichen Ausklang des abgelaufenen Turnus stellt sich Thyssenkrupp im neuen Geschäftsjahr auf hohe Belastungen aus Restrukturierungsmaßnahmen ein. Entsprechend düster fällt die Prognose aus, zumal auch nicht mit einer wirtschaftlichen Belebung gerechnet wird. Konkret erwartet der Essener Traditionskonzern für das im Oktober angelaufene Jahr 2025/26 einen Fehlbetrag zwischen 400 und 800 Mill. Euro und einen Mittelabfluss zwischen 300 und 600 Mill. Euro, wie Finanzchef Axel Hamann bei der Bilanzvorlage sagte.
Beide Werte waren im abgelaufenen Geschäftsjahr positiv und besser als vom Markt erwartet ausgefallen. Das lag allerdings an hohen Sondereffekten, die Impairments überkompensierten. So bilanzierte Thyssenkrupp eine Zuschreibung auf die Beteiligung am Aufzugsgeschäft TK Elevator von 902 Mill. Euro. Die Beteiligung von gut 16% steht nun mit etwa 2 Mrd. Euro in den Büchern. Daneben vereinnahmte Thyssenkrupp einen 320 Mill. Euro schweren Buchgewinn aus dem Verkauf des indischen Stahlgeschäfts. Demgegenüber standen Wertkorrekturen von in Summe 790 Mill. Euro, die vor allem das Stahlgeschäft (602 Mill. Euro) betrafen. Der Rest entfiel auf das Autozuliefergeschäft und den Werkstoffhandel.
Jahr der Umsetzung
Sei 2025 das „Jahr der klaren Entscheidungen“ gewesen, soll 2026 zum „Jahr der Umsetzung“ werden, sagt Konzernchef Miguel López. Mit dem Umbau des Konzerns zur Finanzholding, die sich auf das finanzielle Steuern des Gesamtportfolios beschränkt, will Thyssenkrupp sämtliche Geschäfte verselbständigen und kapitalmarktfähig aufstellen. Doch nicht alle Segmente dürfte der Weg offenstehen, der mit Marine Systems gegangen wurde, auch wenn López den Börsengang via Spin-off als Blaupause sieht.
Für die angeschlagene Stahlsparte, für die schon vor Jahren ein Börsengang durchgespielt wurde, stehen die Essener in Verhandlungen mit Jindal Steel. Die Inder haben ein indikatives Angebot für den Kauf einer Mehrheitsbeteiligung abgegeben. Es gebe „gute Fortschritte in der laufenden Due Diligence“, sagte López. Eine zeitliche Perspektive gab er nicht. Sollten die Gespräche scheitern, verfüge Thyssenkrupp über einen Plan B. Entscheidend sei, dass es jetzt eine klare Idee gebe, wie der Stahlstandort Duisburg wettbewerbsfähig aufgestellt werde. Erst kürzlich hatten sich die Tarifparteien auf einen Sanierungstarifvertrag geeinigt.

Dicke Bretter gilt es dagegen noch bei HKM zu bohren. Hier hatte Thyssenkrupp den Liefervertrag im April gekündigt und verhandelt mit dem Mitgesellschafter Salzgitter über das weitere Vorgehen. Salzgitter hatte annonciert, Teile des Hüttenwerks fortführen zu wollen, verlangt dafür aber eine Beteiligung von Thyssenkrupp an den Umbaukosten. Im Rahmen einer Feststellungsklage soll ein Schiedsgericht herausfinden, wie viel Geld Thyssenkrupp zahlen muss. In Rede steht ein Betrag von 1,6 Mrd. Euro. Zu dem laufenden Verfahren äußerte sich López nicht, fügte aber an: „Wenn man eine gemeinsame Lösung sucht, ist eine juristische Vorgehensweise nicht hilfreich.“
Nur Marine Systems liefert
Zugleich räumte der Thyssen-Chef ein, eine „konstruktive Lösung“ mitzugehen. Thyssenkrupp sei bereit, sich an den Kosten zu beteiligen. Hamann sprach von einem niedrigen dreistelligen Betrag, der in den Rückstellungen berücksichtigt werde. Insgesamt hat Thyssenkrupp in der Prognose Restrukturierungsrückstellungen für die Stahlsparte im mittleren bis hohen dreistelligen Millionenbereich eingearbeitet.

Operativ ging es im Stahlgeschäft im abgelaufenen Turnus allerdings weiter bergab. Der Umsatz gab mengen- und preisbedingt um 9% auf 9,8 Mrd. Euro nach, das dazugehörige operative Ergebnis vor Sonderfaktoren stieg dennoch um 29% auf 337 Mill. Euro. Grund dafür waren niedrigere Rohstoffkosten, positive Einmaleffekte im Zuge der Aufhebung von Betriebsvereinbarungen sowie Kostenverbesserungen im Zusammenhang mit dem laufenden Effizienzsteigerungsprogramm. Den Impairments standen Erträge aus der Bewertung von CO₂-Termingeschäften und der Buchgewinn aus dem Verkauf des indischen Geschäfts gegenüber.
Jenseits des Marineschiffbaus, den Thyssenkrupp weiter vollkonsolidiert, standen aber die übrigen Segmente weiter unter Druck. Gleichwohl hält Thyssenkrupp an der mittelfristigen Zielsetzung einer bereinigten Ebit-Marge im Konzern von 4 bis 6% fest. Im abgelaufenen Turnus landete die Marge bei 1,9%.
