Tom Tailor greift nach staatlichen Hilfen

Modekonzern verweist auf "deutliche Planungsrisiken" durch die Coronakrise - Verlust 2019 verringert

Tom Tailor greift nach staatlichen Hilfen

ste Hamburg – Der defizitäre Hamburger Modekonzern Tom Tailor greift in der Coronakrise nach staatlicher Unterstützung. Das Unternehmen, das sich erst im vergangenen Herbst nach langem Ringen mit seinen Banken und dem chinesischen Mehrheitsaktionär Fosun auf eine mittelfristige Finanzierung verständigt hatte, teilte mit, neben umfangreichen betrieblichen Kostenmaßnahmen die in Europa angekündigten finanziellen Unterstützungsprogramme im Rahmen der Covid-19-Krise zu beantragen. Dazu gehörten unter anderem staatliche Finanzierungsprogramme, Kurzarbeit sowie die Stundung von Steuerzahlungen.Wie andere Modehändler auch, musste Tom Tailor nach behördlichen Vorgaben Filialen in den meisten Märkten Europas bis auf Weiteres schließen. Auch das Großkundengeschäft sieht der Konzern “in großem Maße” durch die Coronakrise betroffen. Online-Aktivitäten könnten die Umsatzeinbußen im Retail- und Wholesale-Bereich aufgrund des zu geringen Anteils an den Gesamterlösen nicht ausgleichen. In der kurz- und mittelfristigen Liquiditätsplanung des Konzerns sieht der Vorstand nun wegen der unsicheren Entwicklung in den Absatzmärkten “deutliche Planungsrisiken”. So bestehe ein Risiko der Nichteinhaltung von Kreditkennzahlen wie auch ein Risiko von Liquiditätsengpässen.Der Modekonzern, der gestern nicht wie geplant seinen Geschäftsbericht für 2019, sondern lediglich vorläufige Kennzahlen vorlegte, betonte, die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie für den laufenden Turnus seien nicht quantifizierbar. Eine “valide Prognose” sei daher derzeit nicht möglich. Im vergangenen Herbst hatte Tom Tailor nach der Einigung auf einen bis Ende September 2022 laufenden, 375 Mill. Euro umfassenden Konsortialkreditvertrag (vgl. BZ vom 1.11.2019) noch eine positive Geschäftsentwicklung sowie verbesserte Ergebnisse für 2020 in Aussicht gestellt. Bereits jetzt sei ein “erheblicher” Umsatz- und Ertragsrückgang im ersten Quartal festzustellen, teilte der Konzern mit, an dem der Großaktionär Fosun seit vergangenem Jahr mit einem Anteil von 76,75 % beteiligt ist. An der Börse schlug Tom Tailor Anleger in die Flucht: Die Aktie brach um 11,2 % auf 0,90 Euro ein. Problemmarke BonitaNach einem Rückgang um 8,5 % im Jahr 2018 schrumpfte der Umsatz im vergangenen Geschäftsjahr den vorläufigen Zahlen zufolge um 4,8 % auf 803 Mill. Euro – und landete damit am unteren Ende der im Herbst erwarteten Spanne von 800 Mill. bis 820 Mill. Euro. Ursächlich für die weiteren Einbußen war die Problemmarke Bonita, deren Erlöse um 19 % auf 183 Mill. Euro sanken. Die Marke Tom Tailor (Retail und Wholesale) legte laut den Angaben hingegen um 0,4 % auf 620,3 Mill. Euro zu. Die Rohertragsmarge des Modekonzerns lag mit 57,9 (i. V. 58,1) % fast auf Vorjahresniveau.Besser fielen Ergebniszahlen aus: Das operative Ergebnis vor Abschreibungen (Ebitda) erhöhte sich laut Tom Tailor nach erstmaliger Anwendung des Bilanzierungsstandards IFRS 16 sowie Einmalaufwendungen von 18,7 Mill. Euro auf 98,5 (25,7) Mill. Euro. Bereinigt um diese Faktoren landete das Ebitda mit 33,7 Mill. Euro im Rahmen des im Herbst angekündigten Korridors von 25 Mill. bis 35 Mill. Euro. Die belastenden Einmaleffekte resultierten aus der Neustrukturierung der Finanzierungsverträge, Restrukturierungsaufwendungen sowie aus höheren geplanten Personalaufwendungen. Unter dem Strich reduzierte sich der Jahresverlust auf 52,2 (179,5) Mill. Euro. Bereinigt um IFRS-16-Effekte und Sonderaufwendungen lag der Fehlbetrag bei 28,9 Mill. Euro.Zu Plänen für Bonita, deren im März 2019 angekündigter Verkauf an die niederländische Victory & Dreams Ende Mai von den Konsortialbanken blockiert worden war, äußerte sich Tom Tailor nicht. Neue Verkaufsbemühungen für die 2012 übernommene Best-Ager-Marke, die Tom Tailor zufolge den Umsatzrückgang 2019 pro Quartal reduzierte, dürften vorerst auf Eis liegen. – Wertberichtigt Seite 6