Autozulieferer in der Krise

ZF kurz vor weiterem Einschnitt

Deutschlands zweitgrößter Autozulieferer ZF steht vor einem weiteren umfangreichen Personalabbau. Eine Frist für eine Entscheidung läuft in Kürze ab.

ZF kurz vor weiterem Einschnitt

Deutschlands zweitgrößter Autozulieferer ZF steht kurz vor einer erneuten umfangreichen Restrukturierung. Am heutigen Dienstag läuft die Frist ab, bei der sich das Management und der Gesamtbetriebsrat auf eine Lösung für die schwächelnde Division E einigen sollten. Betroffen davon sind 28.000 Beschäftigte, die in dem Bereich jährlich rund 10 Mrd. Euro umsetzen. Spekuliert wird, das weitere Tausende Arbeitsplätze gestrichen werden könnten. Das Ergebnis der Verhandlungen will das Unternehmen mit Sitz in Friedrichshafen am Bodensee am Mittwoch, den 1. Oktober, verkünden.

Dem Vernehmen nach handelt es sich um ein Bündel von Einzelmaßnahmen. Eine Abspaltung des Bereichs ist wohl nicht mehr vorgesehen, Ein Verkauf der gesamten Einheit ist nicht möglich aufgrund der schwachen Lage der Branche. Deshalb ist noch unklar, wie viele Stellen zusätzlich gestrichen werden könnten. Zur Erinnerung: Im vergangenen Jahr beschloss ZF, bis 2028 rund 14.000 Arbeitsplätze abzubauen, Vorige Woche verkündete Branchenprimus Bosch den Abbau von 13.000 Stellen vor allem an deutschen Standorten.

Neuer CEO unter Handlungsdruck

Der neue ZF-Vorstandschef Mathias Miedreich steht unter Handlungsdruck. ZF sitzt auf einem Schuldenberg von 15 Mrd. Euro. Der Zinsaufwand beträgt jährlich 600 Mill. bis 700 Mill. Euro. Zugleich bröckelt die Marge im operativen Geschäft. Im ersten Halbjahr betrug der Verlust nach Steuern 195 Mill. Euro. Im vergangen Jahr verzeichnete der Konzern einem Fehlbetrag von 1 Mrd. Euro. Das Eigenkapital schrumpft dadurch; Ende Juni betrug dieses 6,5 Mrd. Euro. Das entspricht nur noch 17% der Bilanzsumme. Ein Jahr zuvor lag die Quote bei 19%,

Miedreich ist gezwungen, an der Kostenschraube deutlich zu drehen, um das Unternehmen ins Lot zu bringen. Über das Schicksal des Unternehmens bestimmen zunehmend die Gläubigerbanken. Diese gewährten ZF im Juni eine Schonfrist von einem Jahr bei der Einhaltung von Vertragsklauseln in Bezug auf den Verschuldungsgrad. Unternehmen sind an diese Covenants gebunden. Reißen sie diese, könnten Kreditinstitute Darlehen sofort fällig stellen. Bei einer schlechten Kreditbonität steigen die Aufwendungen für Anleiheemissionen. Das treibt die Zinskosten von ZF zusätzlich.

Hohe Lohnstückkosten

Wie andere Autozulieferer machen ZF die schleppende Transformation zur Elektromobilität, der Verdrängungswettbewerb in China und die rigiden US-Zölle zu schaffen, Das Stiftungsunternehmen beschäftigt weltweit 158.000 Personen, davon 51.000 in Deutschland (Stand Ende Juni). Seit Anfang 2024 strich ZF weltweit 11.200 Vollzeitstellen, davon 5.700 in Deutschland.

Bei Bosch und ZF zeigt sich der Trend, dass zunehmend Arbeitsplätze im Heimatmarkt von den Einsparungen betroffen sind. Das ist ein Nachweis dafür, dass die Lohnstückkosten in Deutschland sehr hoch sind. Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Zulieferer im internationalen Vergleich nimmt ab. Im Sommer machte ZF Schlagzeilen aufgrund massiver Proteste von Mitarbeitern und der Gewerkschaft IG Metall. Der Aufsichtsrat setzte Mitte September Miedreichs Amtsvorgänger Holger Klein vor die Tür. Offensichtlich traute das Kontrollgremium Klein nicht mehr zu, die Restrukturierung in geordnete Bahnen zu lenken.