Zölle kosten Siemens Healthineers hunderte Mill. Euro
US-Protektionismus trifft auch Healthineers
Medizintechnikkonzern rechnet wegen Zöllen mit Einbußen von bis zu 500 Mill. Euro
Reuters München
Die US-Zölle auf Waren aus Europa und anderen Länder kosten den Erlanger Medizintechnik-Konzern Siemens Healthineers kurzfristig bis zu eine halbe Mrd. Euro. „Wir sind nicht immun gegen die Zölle“, sagte Vorstandschef Bernd Montag am Mittwoch bei der Vorlage der Quartalszahlen. Die Siemens-Tochter könne sie aber dank ihrer besonderen Stärken erst einmal wegstecken.
Im abgelaufenen dritten Quartal habe Siemens Healthineers durch die Zölle 100 Mill. Euro Einbußen erlitten, bis zum Ende des Geschäftsjahres 2024/25 (per Ende September) dürften daraus bis zu 250 Mill. Euro werden, weil der Zollsatz für die EU von 10 auf 15% Prozent steige, sagte CFO Jochen Schmitz. Für 2025/26 seien Belastungen von 400 bis 500 Mill. Euro „eine realistische Annahme“.
Reagieren könne Siemens Healthineers auf die Zölle erst über die Zeit, sagte Schmitz: „Wir gehen davon aus, dass wir sie mittelfristig wegmanagen können“, etwa über Preise, aber auch die Verlagerung von Produktion. „Für Entscheidungen ist es aber zu früh.“
Quartalszahlen besser als erwartet
Trotzdem wird der Hersteller von Computertomographen, OP-Robotern, Laborstraßen und Strahlentherapie-Geräten für 2024/25 optimistischer, weil das dritte Quartal unerwartet gut gelaufen ist. Der Umsatz werde auf vergleichbarer Basis um 5,5 bis 6,0% steigen. Bisher lag die Untergrenze bei 5,0%. Das bereinigte Ergebnis je Aktie soll zwischen 2,30 und 2,45 (bisher 2,20 bis 2,50) Euro liegen. Dabei knabberten die Zölle 15 Cent je Aktie weg, sagte Schmitz. Analysten waren bisher von einem Umsatzwachstum von knapp 6% und einem Ergebnis je Aktie von 2,32 Euro ausgegangen.
Im dritten Quartal (April bis Juni) lag das Wachstum vergleichbar gerechnet mit 7,6% auf 5,66 Mrd. Euro über den Erwartungen für das Gesamtjahr. Es übertraf ebenso die Analystenerwartungen wie das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit), das um 15% auf 953 Mill. Euro kletterte. Der Nettogewinn stieg sogar um 18% auf 556 Mill. Euro.
In China, einem der wichtigsten Märkte für Siemens Healthineers, ist laut CEO Bernd Montag allerdings noch immer keine nachhaltige Erholung in Sicht. Der Staat hatte dort mit rigiden Maßnahmen gegen die Korruption im Gesundheitswesen die Nachfrage gebremst, weshalb der Umsatz von Siemens Healthineers in China im Quartal nur um 2% stieg. Die Analysten von JP Morgan sehen darin aber Anlass zum Optimismus. Mit einem Plus von fast 3% auf 49,81 Euro war die Healthineers-Aktie größter Gewinner im Dax am Mittwochvormittag.
Von der Ankündigung der Regierung in Peking, Medizintechnik-Importe aus Europa zu drosseln, sieht Montag den Konzern kaum betroffen: Healthineers produziere in China für China. Weltweit macht ein Auftragseingang, der um 9% höher ist als der Umsatz, den Vorstand zuversichtlich. Im nächsten Geschäftsjahr drohe aber Gegenwind im wichtigsten Markt USA, wenn der Dollar so schwach bleibe, sagte Finanzvorstand Schmitz. Das lasse sich dann auch durch Währungssicherungen nicht mehr wie bisher wettmachen.
Was macht Mutter Siemens?
Ungeduldig zeigte sich Vorstandschef Montag auf die Frage nach einem Rückzug des Mutterkonzerns Siemens: „Ich bin sicher, dass die Siemens AG auf dem Kapitalmarkttag mehr Klarheit schafft.“ Siemens-Finanzvorstand Ralf Thomas, der bei Siemens Healthineers auch Aufsichtsratschef ist, hatte zum Jahreswechsel laut über einen Abbau der Beteiligung von bisher 73% nachgedacht, aber eine Entscheidung erst bis Ende 2025 in Aussicht gestellt. Er lasse sich davon nicht beeinflussen, sagte Montag. Ein höherer Streubesitz wäre jedenfalls „gut und erwünscht“.