Marija Kolak

„Wir erwarten keine schweren Verwerfungen“

Wegen Corona ist die alljährliche Bankwirtschaftliche Tagung der Genossenschaftsbanken (BWT) 2020 ausgefallen. In diesem Jahr wird es am 10. und 11. Juni zumindest ein virtuelles Treffen geben. Welche Themen die Kreditgenossen bewegen, verrät BVR-Präsidentin Marija Kolak im Interview der Börsen-Zeitung.

„Wir erwarten keine schweren Verwerfungen“

Silke Stoltenberg.

Frau Kolak, die Pandemie dauert schon mehr als ein Jahr. In welcher Stimmung sind Ihre Mitgliedsinstitute, die sich am 10. Juni virtuell zur Bankwirtschaftlichen Tagung zusammenschalten? Immerhin gab es dieses Mal keine pandemiebedingte Absage der alljährlichen Großveranstaltung Ihres Verbunds wie 2020.

Wir hätten es trotz der Pandemie und der sich ständig ändernden Bedingungen sehr gern gesehen, wenn zumindest ein Teil der Finanzgruppe hätte anwesend sein können. Nun ist das leider nicht möglich, und wir müssen die Veranstaltung wegen der volatilen Situation vollständig digital durchführen. Das ist sehr schade. Was mich sehr gefreut hat, sind die hohen Anmeldequoten, auch für die virtuelle Teilnahme. Das zeigt deutlich diese Sehnsucht, die wir jetzt alle verspüren, wieder zusammenzukommen und sich auszutauschen, und zwar am liebsten persönlich. Die BWT ist ein echtes Ankerevent im Verbundkalender. Eine Veranstaltung, bei der wir zusammenkommen und uns bewusst darüber austauschen, wie wir die aktuellen Entwicklungen wahrnehmen, also in diesem Jahr die Herausforderungen der Pandemie. Zugleich blicken wir strategisch nach vorn bei unseren Gesprächen und Diskussionen. Denn die Fragezeichen der Zukunft waren schon vor Corona da: die niedrigen Zinsen, die Digitalisierung, ein geändertes Kundenverhalten, die Regulatorik und die Nachhaltigkeit. Wir haben viel zu besprechen und freuen uns darauf, uns zu begegnen, auch wenn dies eine digitale Begegnung ist.

Zwar dauern die staatlichen Stützungsmaßnahmen für die durch Corona gebeutelten Wirtschaftszweige an, doch die Aussetzung der Insolvenzpflicht wurde beendet. Was hat das für Auswirkungen auf Ihre Mitgliedsbanken mit Blick auf ausfallgefährdete Kredite?

Vorneweg: Die genossenschaftliche Finanzgruppe hat seit der Finanzkrise ihr Eigenkapital verdoppelt auf mittlerweile 116 Mrd. Euro. Damit sind wir robust aufgestellt und haben eine gewisse Resilienz. Wir erwarten eine Zunahme von 20 bis 30% bei den Insolvenzen. Die Quote der faulen Kredite lag im vergangenen Jahr in unserer Bankengruppe im Jahresverlauf konstant bei 1,5% der ausgereichten Kredite. Das ist gemessen an unserem Bestand wirklich gering. Zugleich hatten wir eine erneut gestiegene Kreditvergabe von 6,2% auf einen Bestand von 625 Mrd. Euro. In diesem Jahr wird es mit Beendigung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht einen gewissen Anstieg geben, aber wir erwarten keine schweren Verwerfungen. Auch das Ausmaß der Kreditstundungen ist gering. Wir sind in einem engen Austausch mit den Gewerbetreibenden und unterstützen mit allen Instrumentarien, die wir an der Hand haben: 10 Mrd. Euro an KfW-Förderkrediten, Tilgungsaussetzung oder Stundung.

Schlagzeilen machen allerdings die großen Rettungsaktionen wie bei Lufthansa oder Tui.

Aber die Kärrnerarbeit haben die regionalen Banken geleistet, wir und die Sparkassen. In der Krise bewährt sich der persönliche Kontakt zu den Kundinnen und Kunden. Allerdings gilt: Je länger ein Lockdown dauert, umso mehr zehrt das bei den betroffenen Branchen an der Unternehmenssubstanz. Wir hatten im vergangenen Jahr das Augenmerk auf der Liquidität, was zu einem sehr hilfreichen Paket durch die Bundesregierung geführt hat. Jetzt müssen wir viel mehr auf die Eigenkapitalsituation der betroffenen Branchen schauen, das Kapital wird immer weiter aufgezehrt.

Kommen wir zu einem anderen Aspekt, den die Pandemie für Ihre Institute gebracht hat: eine beispiellose Einlagenflut angesichts fehlender Möglichkeiten für die Menschen, bei Reisen oder größeren Anschaffungen Geld auszugeben, oder weil sie von Kurzarbeit betroffen sind. Welche Auswirkungen hat das betriebswirtschaftlich für Ihre Institute?

Tatsächlich sind die Einlagen kräftig um 7,6% auf 791 Mrd. Euro bei den Genossenschaftsbanken gewachsen, gut 70% davon sind kurzfristige Sichteinlagen. Wir haben mit 16,2% die historisch höchste Sparquote in Deutschland. Zugleich merken aber auch immer mehr Menschen, dass ihre Spareinlagen durch die Nullzinspolitik der Zentralbank betroffen sind. Wir freuen uns, dass das Wertpapiergeschäft dadurch wächst. Das ist vor dem Hintergrund der mangelnden Aktienkultur hierzulande sehr erfreulich. Die Politik der EZB, niedrige Zinsen und Anleihekäufe, gefährdet massiv die Altersvorsorge der Bürger. Auch wir Banken spüren die schädlichen Nebenwirkungen. Daher plädieren wir für höhere Freibeträge der Banken bei der EZB, die von den negativen Einlagenzinsen befreit sind. Die EZB muss sich dieser schädlichen Nebenwirkungen ihrer Politik bewusst werden und eine Exitstrategie entwerfen – zumal die Inflationsentwicklung nach oben zeigt.

Wie viel hat denn die genossenschaftliche Gruppe zuletzt an Negativzinsen an die EZB überwiesen?

Zweifellos wirkt das extreme Zinsumfeld belastend auf die Banken. Die Negativzinsen sind dabei aber nur ein Aspekt.

Angesichts dessen geht auch in Ihrer Gruppe die Grenze für die Freibeträge immer weiter herunter, bevor Negativzinsen bei den Kunden erhoben werden. Müssen wir jetzt selbst für die Spargroschen der Kinder bezahlen?

Preis- und Produktpolitik liegen in der Verantwortung jeder einzelnen Genossenschaftsbank. Da wir allerdings junge Menschen für uns gewinnen wollen, kann ich mir das nicht vorstellen. Auf der gewerblichen Seite muss im Sinne einer kaufmännischen Betrachtung einer Kundenbeziehung diese Belastung jedoch mit dem Kunden besprochen werden.

Aber bei den Privatkunden gibt es doch mittlerweile auch Negativ­zinsen.

Wir müssen uns vor Augen führen, dass es durch die Nullzinspolitik der EZB den Zinseszinseffekt nicht mehr gibt. Das heißt, der Einkaufspreis für die Banken ist gestiegen. In anderen Branchen akzeptieren wir es doch auch als Selbstverständlichkeit, dass die Rohstoffpreise steigen und in der Preisgestaltung eine Rolle spielen. Bei den Banken sind die Mechanismen einer Vollkostenbetrachtung auch Bestandteil eines kaufmännischen und verantwortungsvollen Agierens, auch aus Verantwortung unseren Mitgliedern gegenüber.

Mehr Einlagen heißt auch eine größere Herausforderung für den in Ihrer Gruppe zweigeteilten Einlagenschutz, den Institutsschutz und die gesetzliche Einlagensicherung. Zugleich könnte es auch sein, dass von den Kommunen oder den öffentlich-rechtlichen Institutionen mehr Gelder zu Ihnen gelangen als Konsequenz der Greensill-Pleite. Zieht das Reformbedarf bei den Sicherungseinrichtungen nach sich wie bei den Privatbanken?

Ein klares Nein. Wir haben unsere Einlagensicherung schon über die Jahre weiterentwickelt. Wir warten nicht auf Anlässe, sondern schauen nach vorne gerichtet, welche Entwicklungen es gibt. Das ist ein stetiger Prozess. Die Institutssicherung gibt es seit 80 Jahren. Wir haben bis heute keinen einzigen Entschädigungsfall gehabt. Wir konzentrieren uns auf Prävention und Monitoring – damit handeln wir effektiv und effizient weit vor jeglicher Einlegerentschädigung. Auf europäischer Ebene ist das genau umgekehrt. Wir sind stolz auf das duale System von Institutsschutz mit integrierter Einlagensicherung. Daher fordern wir politisch immer wieder ein, diese auch zu erhalten. Unsere Strukturen haben sich über einen so langen Zeitraum bewährt, wir haben zu keinem Zeitpunkt jemals staatliche Hilfe beansprucht. Hilfe zur Selbsthilfe ist ohnehin der Grundsatz unserer mehr als 150 Jahre alten Finanzgruppe.

Tatsächlich hatten Sie in Ihrer Gruppe schon Stützungsfälle, bei denen strauchelnde Institute wie die Apo-Bank direkt Gelder erhielten, damit erst gar keine Einlagen in Gefahr kommen.

Nein, Gelder sind meist nicht geflossen. Wir haben erfolgreich Risiken mittels Garantien abgeschirmt, so auch in dem von Ihnen angesprochenen Fall aus dem Jahr 2009. Ganz wichtig ist mir die Feststellung: Noch nie in der 85-jährigen Geschichte des genossenschaftlichen Sicherungs­systems ist eine Bank insolvent ge­gangen.

Der jüngste Stützungsfall ist die Volksbank Heilbronn. Die Rede ist von einem hohen zweistelligen Millionenbetrag, den das Institut wegen misslungener Zinswetten und Cum-cum-Geschäften von der Sicherungseinrichtung be­kommt. Um was für eine Summe dreht es sich konkret, und wie konnte es überhaupt so weit kommen?

Grundsätzlich äußern wir uns nicht über Einzelinstitute.

Und wenn ich Sie in diesem Zusammenhang frage, ob der Prüfungsverband, also der Genossenschaftsverband Baden-Württemberg, seiner Verantwortung gerecht geworden ist?

Wir haben innerhalb des Verbunds eine sehr gute Arbeitsteilung.

Die Volksbank Heilbronn wird nun zur Rettung von der VR Bank Schwäbisch Hall-Crailsheim ge­schluckt. Die Frage nach den Konsequenzen stellt sich da schon.

Die beiden Banken fusionieren und bilden gemeinsam in einer attraktiven Wirtschaftsregion einen starken Partner für die Privat-, Gewerbe- und Firmenkunden. Darüber hinaus gilt: Was können wir aus bestimmten Ereignissen und Entwicklungen lernen, das ist immer die Frage, die wir uns stellen. Das trifft alle Aspekte und alle Bereiche, von der Strategie bis zur Sicherungseinrichtung. Wir entwickeln uns organisch weiter, sonst wären wir nicht über so viele Jahre erfolgreich.

Dann gehen wir von Heilbronn nach Europa. Bei der Einlagensicherung ist das Thema Vergemeinschaftung der Einlagen auf europäischer Ebene, Stichwort Edis, wieder weit vorn auf die politische Agenda gerückt. Wieso wehren sich die Kreditgenossen eigentlich anders als die Privatbanken dagegen?

Wir haben ein über viele Jahrzehnte hinweg bewährtes genossenschaft­liches Institutssicherungssystem. Wenn wir auf der europäischen Ebene stabile Bankenmärkte haben wollen, dann sollten wir genau hinschauen, auf welchen Fundamenten wir etwas gemeinsam aufbauen oder ohne Not schwächen. Hier gilt erst einmal, die Grundlage einer annähernden Risikokonvergenz zu schaffen. Denn durch die Pandemie hat sich die ungleiche Risikoverteilung in den jeweiligen Bankenmärkten weiter verschärft. Die Quote der faulen Kredite bei den europäischen Banken wird absehbar wieder steigen. Zudem fehlt eine einheitliche Insolvenzregelung für Banken. Und wir haben das Thema der angemessenen regulatorischen Behandlung von Staatsanleihen noch überhaupt nicht thematisiert, obgleich die Bestände an risikoreichen Staatsanleihen in den Bankbilanzen mancher Länder deutlich zugenommen haben.

Ohne europäische Einlagensicherung keine Vollendung der Bankenunion, sagen Befürworter einer gemeinsamen Lösung.

Die Vollendung der Bankenunion mag sinnvoll sein, aber bitte Hände weg von der Vollvergemeinschaftung der Einlagensicherung. Wir stehen mit dieser Meinung auch nicht allein da. So haben wir jüngst die gemeinsame Erklärung europäischer Institutssicherungssysteme unterzeichnet. Darin heißt es klar: Erst die Grundlagen schaffen und die bewährten Systeme erhalten. Ich bin auch überzeugt davon, dass es keine echte Auswirkungsanalyse gibt, sondern eher politisch getriebene Botschaften gesendet werden sollen. Gemeinsam mit den Sparkassen lehnen wir zudem entschieden ab, was derzeit in Brüssel in puncto Krisenmanagement diskutiert wird, nämlich dass sogar die nichtsystemrelevanten kleineren Banken standardmäßig durch den Single Resolution Board als Superbehörde abgewickelt werden sollen. Dies wäre ein schwerer Fehler, und ich hoffe, dass auch die neue Bundesregierung dies gegenüber unseren europäischen Partnern verdeutlicht.

Aber es sprechen sich nicht nur Politiker für eine gemeinsame Einlagensicherung aus, sondern auch Vertreter der Privatbanken, insbesondere der Großbanken. Hier geht es um die Frage der grenzüberschreitenden Fusionen vor dem Hintergrund, dass die europäische Branche im Vergleich zu den US-Anbietern immer mehr ins Hintertreffen gerät.

Ich habe Verständnis für die Situation manch einer Bank, die aus der Not heraus auch über paneuropäische Fusionen nachdenkt. Das Thema Einlagensicherung ist dafür aber nicht das entscheidende Hindernis. Was ist denn dafür relevant? Entscheidend ist, ob Rechtssysteme oder IT-Systeme kompatibel sind oder die Firmenkultur. Zudem muss ein überzeugender Business Case vorliegen, das heißt, eine Fusion muss sich lohnen und der erwartbare Vorteil daraus muss die Risiken und Kosten deutlich übersteigen. Die Einlagensicherungsrichtlinie hat längst zu einer weitreichenden Harmonisierung des Schutzniveaus in allen Mitgliedstaaten geführt. Das Sicherungsniveau für Bankeinlagen in Europa ist einheitlich.

Auch die diskutierte Hybrid-Variante mit einem Nebeneinander von nationalen Systemen und einem gemeinsamen europäischen Fonds wäre kein denkbarer Kompromiss für Sie?

Nein, wir sprechen über keinen Kompromiss an dieser Stelle. Solche vermeintlichen Kompromisse sind ein kurz andauernder Zwischenstopp und haben die Vollvergemeinschaftung der Einlagensicherung als eigentliches Ziel. Wir fordern in Bezug auf jede Ausgestaltung einer europäischen Einlagensicherung, die in Zukunft entschieden werden mag, eine strukturelle Gesamtausnahme für unser Institutsschutzsystem.

Kommen wir zurück zum Thema Fusionen. Wenn es durch Zusammenschlüsse in Ihrer Gruppe immer weniger Institute gibt und zudem Kosteneinsparungen auf der Agenda stehen, stellt sich dann nicht zwangsläufig die Frage, inwieweit innerhalb des Verbunds mehrere regionale oder institutsspezifische Prüfer- und Interessenverbände wie in Bayern, Baden-Württemberg, Weser-Ems, für die PSD- oder Sparda-Banken noch Sinn machen?

Wir haben eine sehr bewährte und eingespielte Arbeitsteilung mit den Regional- und Spartenverbänden. So sind die regionalen Verbände für die Prüfung und Beratung unserer Institute zuständig. Wir als BVR sind ein reiner Bankenverband und vertreten bundesweit und international die Interessen unserer Mitglieder, und der BVR ist das strategische Kompetenzzentrum der genossenschaftlichen Finanzgruppe.

Wieso braucht es mehrere Prüfungsverbände, die übrigens parallel zum BVR auch interessenpolitisch auftreten? Immerhin ist es doch erklärte Strategie in Ihrer Gruppe, dass es pro Zuständigkeit eine Adresse gibt, wie jetzt endlich auch beim Zentralinstitut DZBank gelungen.

Solche Fragen liegen immer in der Hoheit der jeweiligen Mitglieder der regionalen Prüfungs- und Spartenverbände. Diese entscheiden, wo sie welchen Bedarf haben und welche Strukturen sie hierfür wollen. Es ist für uns sehr hilfreich, dass meine Kollegen auf der Landesebene ebenfalls Interessenvertretung machen. In einem föderalen System bin ich sehr dankbar dafür, dass wir auf regionaler Ebene Kollegen haben, die vor Ort mit den Politikern mit dem Blick auf die Länderebene interagieren. Es ist uns dabei stets gelungen, mit einer Stimme zu sprechen.

Das heißt, mit Sicht auf die nächsten zehn oder 20 Jahre ist diese Struktur für Sie erhaltenswert?

Für mich ist eine Struktur erhaltenswert, die Regionalität als zentralen Erfolgsfaktor unserer Gruppe unterstützt. Wie wir eines Tages diese Regionalität organisieren, ist eine andere Frage. Es geht um die Beschäftigung mit den Herausforderungen der Zukunft. Hierbei sitzen alle an einem Tisch: die Kollegen aus den Verbänden, die Verbundunternehmen, die Zentralbank, die Rechenzentrale sowie unsere 814 Mitgliedsinstitute. Wenn wir Veränderungen anstoßen, dann stimmen wir das basisdemokratisch in unserer Mitgliederversammlung ab. Das ist der Souverän. Wir haben unsere Strukturen im Rahmen unserer aktuellen Strategieüberlegungen bereits diskutiert und entwickeln sie weiter, das ist ein mehrjähriges Programm.

Bleiben wir noch bei den Strukturen, und zwar nun beim BVR. Im Februar scheidet Herr Hofmann vorzeitig aus dem Vorstand aus zu seinem 65. Geburtstag, hört man. Bleibt es bei der Größenordnung des Gremiums?

Ja. Wir sind satzungsgemäß drei Vorstandsmitglieder. Dabei bleibt es. Herr Hofmann hatte den Wunsch, an seinem 65. Geburtstag im Jahr 2022 auszuscheiden. Der Abschied von Herrn Hofmann wird für uns alle ein großer Verlust sein. Das BVR-Sicherungssystem in seiner heutigen Ausgestaltung beispielsweise trägt seine Handschrift, eine großartige Leistung. Innerhalb der Gruppe und auch weit über die Gruppe hinaus genießt er höchste Anerkennung und Wertschätzung.

Wann wird über die Nachfolge entschieden?

Das ist Sache des Verwaltungsrates. Aber Sie können davon ausgehen, dass der Verwaltungsrat bestrebt ist, solch einen kompetenten Vorstand, den wir über die Jahre hatten, adäquat nachzubesetzen.

Das wäre die Chance, für mehr Frauen im Vorstand zu sorgen. Sie persönlich haben erklärt, dass Ihnen die geringe Frauenquote in Ihrem Verbund missfällt.

Die Besetzung des Vorstandes ist nicht meine Aufgabe, sondern die des Verwaltungsrates.

Kommen wir zur genossenschaftlichen Zukunftsstrategie: Im Herbst vergangenen Jahres hat Ihre Gruppe sich auf die „Strategieagenda – genossenschaftlich Zukunft gestalten“ verständigt. Was sind die Ziele?

Wir wollen auch 2030 eine Finanzgruppe dezentraler, selbständig agierender Genossenschaftsbanken sein. Am Bewährten halten wir also fest. Darüber hinaus geht es um die Themen des kommenden Jahrzehnts und wie wir unsere Kräfte und Ressourcen entsprechend allokieren wollen. Unser sehr gutes Rating ‚AA-‘ wollen wir verteidigen – das ist ein sehr, sehr anspruchsvolles Ziel. Das geänderte Kundenverhalten, die Digitalisierung, Niedrigzins und auch Nachhaltigkeit ziehen eine dauerhafte strategische Beschäftigung damit nach sich. Das haben wir in einem Handlungsprogramm zusammengefasst, dem die Mitglieder im November zugestimmt haben. Das ist der Auftrag nun an den BVR als strategisches Kompetenzzen­trum, an diesen Themen weiterzuarbeiten.

Das heißt, was wird konkret passieren?

Es geht zum Beispiel um Annahmen mit Blick auf das Zinsniveau und dazu passende Maßnahmen. Es geht um Annahmen mit Blick auf das Kundenverhalten und was daraus resultiert. Das haben wir für uns in verschiedenen Themenclustern analysiert und unterlegen das dann mit einem Phasenplan pro Handlungsfeld mit den jeweiligen zu erreichenden Zielen – bei den IT-Prozessen, bei den Kundenlösungen, bei der Effizienz der gruppeninternen Zusammenarbeit. Bei der Beschäftigung mit der Plattformökonomie als Geschäftsmodell ist die Frage, wie convenient können wir Kunden unsere Dienstleistungen anbieten, was müssen wir hierfür produzieren, was braucht es dazu mit Blick auf höhere Standardisierungen oder Digitalisierung.

Im September sind Bundestagswahlen. Bei Ihrer Bankwirtschaftlichen Tagung sind die Christdemokraten, die SPD, die Grünen und die FDP vertreten. Welche Botschaften wollen die Genossenschaftsbanken den Politikern mitgeben?

Worauf es ankommt für unser Land, ist, dass die nächste Bundesregierung einen Zukunftsplan aufstellt, der geprägt ist von einer Haltung, zielgenau Zukunftsinvestitionen zu tätigen in Infrastruktur, Digitalisierung, das Bildungswesen und vieles Weitere. Sie sollte darüber hinaus Bürokratie abbauen und auch die Belastung von Unternehmen – und immer mit Blick auch auf Banken. Sie sollte regionale Banken weiterhin als sehr zuverlässigen Anker sehen. Sie sollte dafür Sorge tragen, dass wir weiterhin für den Mittelstand, der das Rückgrat unseres Landes ist, da sein können.

Das Interview führte