Konjunktur

Wirtschaft wächst stärker als erwartet

2020 ist mit einem höheren Wirtschaftswachstum und geringeren Staatsdefizit versöhnlicher zu Ende gegangen als zunächst gemeldet. Die Rückkehr auf den Erholungskurs gilt als gesetzt.

Wirtschaft wächst stärker als erwartet

ba Frankfurt

Die Restriktionen im Kampf gegen die Corona-Pandemie haben die deutsche Wirtschaft und auch den Staatssäckel zum Jahresende nicht ganz so hart getroffen wie zunächst gemeldet. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) wertete das Wirtschaftswachstum von 0,3% im vierten Quartal 2020 gegenüber dem Vorquartal denn auch als „wichtiges Signal der Zuversicht“. Das Statistische Bundesamt (Destatis) hatte im Januar noch ein Plus von preis-, saison- und kalenderbereinigt 0,1% gemeldet. Die Wiesbadener Statistiker korrigierten auch das Jahresergebnis nach oben: Im Gesamtjahr 2020 brach das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 4,9% statt der zunächst berichteten 5,0% ein – dies ist aber immer noch der zweitschärfste Rückgang seit der globalen Finanzkrise im Jahr 2009 mit 5,7%.

Zudem fiel das Staatsdefizit mit 139,6 Mrd. Euro geringer aus als im Januar gemeldet. „Das war das erste Defizit seit 2011 und das zweithöchste Defizit seit der deutschen Vereinigung“ – höher fiel es laut Destatis nur 1995 aus, als die Treuhandschulden in den Staatshaushalt übernommen wurden. Gemessen am BIP errechnet sich für 2020 eine Defizitquote von 4,2%. Das größte Finanzierungsdefizit verzeichnete dabei der Bund mit 86,6 Mrd. Euro. Während die Einnahmen im Vorjahresvergleich um 3,0% eingebrochen sind, stiegen die Ausgaben um 9,3%. Auf der Einnahmenseite schlugen Destatis zufolge vor allem die um 6,5% „deutlich unter dem Vorjahresniveau“ liegenden Steuereinnahmen zu Buche. Bei den Ausgaben machten sich insbesondere die staatlichen Sofort- und Überbrückungshilfen sowie die Beschaffung und Bereitstellung von Schutzausrüstung bemerkbar.

Höhere Neuverschuldung

Daran wird sich auch in diesem Jahr wenig ändern: Nach Einschätzung der SPD wird die für 2021 geplante Neuverschuldung des Bundes von 180 Mrd. Euro unter anderem wegen der Wirtschaftshilfen nicht ausreichen. Ihr parlamentarischer Geschäftsführer Carsten Schneider rechnet Reuters zufolge mit einem Nachtragshaushalt mit einem „deutlich höheren Defizit“. Die bei den Überbrückungshilfen III veranschlagten knapp 50 Mrd. Euro würden „locker ausgegeben werden“. Für die Beschaffung von Schnelltests liege noch kein Szenario von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor, doch könnten sich die Kosten auf „einen Milliardenbetrag pro Woche“ belaufen. „Daher werden wir den Haushalt 2021 mit einem deutlich höheren Defizit abschließen müssen“, so Schneider.

Grund zur haushaltspolitischen Panik gebe es aber keinen, heißt es beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW): „Wenn nach der Krise schnell wieder wirtschaftliche Dynamik in Gang kommt, relativieren sich die Schulden ganz nebenbei von allein.“ Ökonomen erwarten ebenso wie die Bundesregierung, dass die Wirtschaft im zweiten Quartal nach einem BIP-Rückschlag im ersten Vierteljahr wieder Fahrt aufnimmt. Trotz des anhaltenden Lockdowns würden die Signale aus der deutschen Wirtschaft zuversichtlicher stimmen als vor knapp einem Jahr, heißt es etwa beim DIW. „Vor allem die Industrie kommt bislang robust durch den Winter.“ So legte die Bruttowertschöpfung von verarbeitendem und Baugewerbe im vierten Quartal zum Vorquartal deutlich zu, wohingegen Destatis für die Dienstleistungsbereiche ein Minus ausweist. Im Vorjahresvergleich lagen mit Ausnahme des Baus sämtliche Wirtschaftsbereiche im Minus. Insbesondere die sonstigen Dienstleister, zu denen die vom Lockdown stark betroffenen Bereiche Unterhaltung und Erholung zählen. In den drei Monaten bis Dezember kamen positive Impulse von den Bauinvestitionen und Exporten, während der private Konsum im Quartalsvergleich um 3,3% sank (siehe Grafik).

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