Pacta sunt servanda
Handelsstreit
Pacta sunt
servanda
Von Detlef Fechtner
Eines vorneweg: Die EU-Kommission hat am Freitag nachvollziehbar und richtig gehandelt. Auf das halbstarke Gebaren des US-Präsidenten, über einen flapsigen Beitrag in einem sozialen Netzwerk mal so eben Arzneimittel aus anderen Volkswirtschaften aus den USA quasi auszusperren, damit eine enorm wichtige Industriebranche in Alarmstimmung zu versetzen und nebenbei die Versorgung amerikanischer Patienten mit Medikamenten ernsthaft zu gefährden, hat die Brüsseler Behörde mit zur Schau gestellter Gelassenheit reagiert. Das steht auf Seite zwei im Handbuch für Diplomaten. Denn würde die Europäische Union auf jede Ansage Trumps aufgeregt reagieren, würde sie der US-Präsident wahrscheinlich endgültig nicht mehr als Verhandlungspartner ernst nehmen.
Aber: Die jüngste Episode im Handelskonflikt, über deren Ausgang man bislang nur spekulieren kann, weist auf einen schwerwiegenden Fehler der Europäischen Union im bisherigen Verlauf der Handelssaga hin. Mutmaßlich um die US-Seite zu besänftigen, hat sie sich zu Zusagen hinreißen lassen, die sie überhaupt nicht einzuhalten gewillt ist. Das gilt beispielsweise für die Zusage, Energie im Volumen von 750 Mrd. Dollar in den USA einzukaufen. Der Hinweis aus den EU-Institutionen, dass das ja allenfalls eine unverbindliche Interessensbekundung gewesen sei und die EU ihre Unternehmen nicht zum Shopping in den Vereinigten Staaten zwingen könne, hat die Union in eine ziemlich verzwickte Lage gebracht. Sie kann nun schwerlich auf die Einhaltung der Verträge pochen. Pacta sunt servanda, Verträge sind einzuhalten – die Berufung auf diesen Grundsatz funktioniert nur, solange man selbst vertragstreu bleibt.
Vielleicht gelingt es der EU, die USA davon zu überzeugen, sie von den 100% auf Pharma zu verschonen. Aber wenn das nicht – oder nicht vollständig – gelingen sollte, dann haben die aufgebrachten Interessensvertreter und EU-Parlamentarier Recht: Dann war der Deal auf dem schottischen Golfplatz nicht einmal das Papier wert, auf dem er niedergeschrieben wurde. Und dann hat die EU ein gravierendes Problem.
Bericht zum neuen Zollhammer von US-Präsident Trump