LeitartikelESG-Ratings

BaFin und BVI gegen teures Research

Beim Nachhaltigkeitsrating schimpfen BaFin und BVI über hohe Kosten und Qualitätsmängel. Sie spielen sich dabei die Bälle zu.

BaFin und BVI gegen teures Research

ESG-Ratings

BaFin und BVI kämpfen Seite an Seite

Von Wolf Brandes

Steigende Budgets für ESG-Ratings können viele Ursachen haben. Ein Beleg für zu hohe Kosten sind sie nicht.

Es ist eine ungewöhnliche Allianz, die sich in Sachen ESG-Rating in den vergangenen Wochen ergeben hat. Auf der einen Seite die deutsche Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin und auf der anderen Seite der deutsche Fondsverband BVI, der im Sinne seiner Mitglieder in Berlin und Brüssel lobbyiert.

Das Thema steht seit Monaten auf der Agenda. Es geht darum, diesen Bereich zu regulieren und ein paar Leitplanken aufzustellen. Anders als beim Bonitätsrating gibt es kaum Vorgaben, und die ESG-Rating-Ergebnisse unterscheiden sich für das gleiche Unternehmen zum Teil erheblich.

Neue EU-Verordnung kommt

Gerade hat man sich in Brüssel auf eine Verordnung für die ESG-Ratings geeinigt, die aber noch bestätigt werden muss. Vor diesem Hintergrund sind Veröffentlichungen der BaFin und des BVI bemerkenswert. Es fing an mit einer Studie der Aufsicht, die sich mit dem Thema beschäftigt und in der Überschrift zu dem Ergebnis kommt: „Daten und Ratings zu ESG sind teuer und verbesserungswürdig.“ Dass die Kosten für ESG-Analysen hoch sind, wurde immer wieder vermutet. Die BaFin nennt in der Studie für 2024 ein durchschnittliches Budget zur Beschaffung von ESG-Daten pro Geschäftsjahr von 48.000 Euro.

Die BaFin kam zu dem Ergebnis aber nicht, weil sie die Kosten bei Anbietern erhoben und diese mit den Leistungen verglichen hätte, sondern sie hat eine Umfrage durchgeführt, und zwar bei 30 deutschen Kapitalverwaltungsgesellschaften, also Kunden von ESG-Ratingagenturen.

Research von MSCI, ISS und Co.

Das Ergebnis fällt daher nicht überraschend aus, die Fondsgesellschaften halten das Research von MSCI, ISS und Co. für zu teuer, für lückenhaft und qualitativ schlecht. Eine Breitseite gegen die grüne Research-Branche, die sich die BaFin in ihrer Studie zu eigen macht. Als Ursachen für die hohen Kosten für ESG-Daten und Ratings nennen die Fondshäuser „unter anderem die Konzentration auf eine geringe Anzahl an Datenanbietern und deren beherrschende Marktstellung, die es ihnen erlaubt, hohe Preise für ihre ESG-Daten und Ratings zu verlangen“, schreibt die BaFin die Antworten unkommentiert auf. Des Weiteren zeigten die Umfrageergebnisse, dass das Budget für ESG-Daten stetig steige. Doch das könnte unterschiedliche Ursachen haben und ist kein Beleg, dass eine Leistung zu teuer ist.

Für die Branche der deutschen Assetmananger ist die Studie der BaFin ein gefundenes Fressen. In einer Meldung über das nachlassende Interesse an grünen Fonds verweist der BVI auf die Studie. Also weniger Volumen und Mehrkosten – klar ist das ein Problem. Da greift der BVI gerne die „Marktstudie“ der BaFin auf, die das Ungleichgewicht zwischen den Kosten und der Leistung externer ESG-Datenanbieter verdeutliche.

Keine Kostentransparenz

So lässt sich leichter argumentieren, dass die Einigung zur ESG-Ratingverordnung zwar ein großer Fortschritt sei, aber Defizite bei ESG-Daten bestehen bleiben. Somit stellten die Kosten der EU-Regulierung insbesondere für kleinere Gesellschaften eine große Herausforderung dar.

Anbieter lassen sich nicht in die Karten schauen

Sicher ist es schwierig zu sagen, was angemessene Kosten für Researchleistungen und Ratings sind. Kein Anbieter lässt sich da in die Karten schauen, und genau das versuchen natürlich auch die ESG-Ratinganbieter zu verhindern. Diese sagen im Rahmen der Diskussion über eine Regulierung von ESG-Daten und Ratings, es müsste einfach mehr Wettbewerb geben und das würde das Problem der angeblich zu hohen Preise schon lösen. Damit machen es sich die Anbieter von ESG-Ratings natürlich auch ein bisschen einfach. In den von Brüssel jetzt vorgesehenen Regeln sind keine expliziten Vorgaben zu Kosten gemacht worden. Das freut die Ratingbranche sicher.

Etwas mehr Transparenz wäre schon wünschenswert und sicher auch über das Maß hinaus, das man jetzt in Brüssel vereinbart hat. Gleichwohl hat es ein Geschmäckle, wenn man sich so die Bälle zuspielt, wie BaFin und BVI das jetzt machen. Das ist recht durchsichtig und dient der Sache am Ende möglicherweise auch nicht.

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