Notiert inMadrid

Greenwashing entzweit den Ibex

Der Stromkonzern Iberdrola zieht den Erdölkonzern Repsol vor Gericht und erhält dafür Applaus von der spanischen Regierung. Die Umweltpolitik leidet derweil unter der instabilen Lage.

Greenwashing entzweit den Ibex

Notiert in Madrid

Wer ist der Grünste im ganzen Ibex?

Von Thilo Schäfer

Spaniens große Energieversorger gehören bei der ökologischen Wende international zu den Vorreitern. Der Stromkonzern Iberdrola stellte schon vor langer Zeit sein Portfolio auf grüne Energiequellen um. Repsol gab als erster Erdölkonzern der Welt das Ziel aus, bis 2050 Netto-null-Emissionen bei Treibhausgas zu erreichen. Nun sind sich die beiden Schwergewichte des Ibex 35 in die Wolle geraten. Iberdrola legte vor Tagen bei einem Gericht in Santander eine Klage gegen Repsol ein, mit dem Vorwurf des Greenwashings in Bezug auf bestimmte Kampagnen. Der Ölkonzern reagierte verschnupft und führte den Schritt auf die „Nervosität“ des Stromproduzenten zurück. Iberdrola sei „ein Wettbewerbsumfeld nicht gewohnt, sondern eher die eigentümlichen Regeln eines ausgesprochen regulierten Marktes“, lästerte ein Sprecher von Repsol.

Als wäre ein Rechtsstreit der beiden Energieunternehmen nicht schon problematisch genug, schaltete sich auch die spanische Linksregierung ein. Die Ministerin für die ökologische Wende, Teresa Ribera, schrieb in Anspielung auf die Klage von Iberdrola auf X: „Der Überdruss über das #greenwashing kommt vor Gericht.“ Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. „Will man etwa, dass wir unsere Raffinerien mit den 28.000 Arbeitsplätzen schließen?“, fragte der CEO von Repsol, Josu Jon Imaz. Es ist schon der zweite Schlagabtausch zwischen dem Erdölmanager und Ribera, eine von drei Stellvertreterinnen von Ministerpräsident Pedro Sánchez, in diesem Jahr.

Politik bremst Energiewende aus

Dabei sind die Sozialisten von Sánchez und Ribera und Iberdrola ebenfalls keine Freunde. Der Vorsitzende des größten Stromkonzerns des Landes, Ignacio Sánchez Galán, wettert regelmäßig in ungewöhnlich scharfen Tönen über die Energiepolitik der Regierung, wie etwa die Sondersteuer auf die Übergewinne der Branche.

Die Energiewende in Spanien wird derweil von den instabilen politischen Verhältnissen gebremst. So verzichtet die Minderheitsregierung auf einen nachträglichen Haushalt für 2024, nachdem in Katalonien Neuwahlen im Mai ausgerufen wurden. Die Sozialisten meinen, dass man mitten im Wahlkampf unmöglich mit den katalanischen Separatisten über deren notwendige Stimmen für einen Haushalt im Parlament verhandeln könne. Dadurch müssen Maßnahmen wie die von der Automobilbranche geforderte steuerliche Förderung von Elektroautos erst einmal warten. Die katalanische Regierung steht ebenfalls ohne neuen Haushalt da.

Zugesagte Hilfen für die von der extremen Dürre geplagten Landwirte können daher nicht in vollem Umfang fließen. Das trifft besonders stark die Weinbauern im Penedés, der Hochburg des cavas. Eine der führenden Marken, Freixenet, stellt wegen des Ernteausfalls der Trauben den Prozess für den in Deutschland beliebten Schaumwein um und verkauft diesen zukünftig als „Freixenet Premium Sparkling Wine – Cuvée de España“. Damit könnten dann entweder Imaz oder Sánchez Galán auf das Gerichtsurteil anstoßen.

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