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Börsen-Neustart gibt Porsche mehr Zugkraft

Nach dem gelungenen Börsen-Comeback der Porsche AG steigen die Erwartungen an den legendären Sportwagenbauer aus Stuttgart-Zuffenhausen. Dafür sorgt der Vorstand mit seinen ehrgeizigen Finanzzielen selbst.

Börsen-Neustart gibt Porsche mehr Zugkraft

Corporate Finance Award: Die Preisträger (2)

Börsen-Neustart gibt Porsche mehr Zugkraft

Mit dem erfolgreichen IPO der VW-Tochter steigen die Erwartungen an den Sportwagenhersteller

Von Stefan Kroneck, München

Oliver Blume sowie die Oberhäupter der Familienzweige Porsche und Piëch können sich auf die Schulter klopfen! Der Vorstandsvorsitzende des Sportwagenbauers aus Stuttgart-Zuffenhausen, seit über sieben Monaten in Personalunion zugleich CEO der Volkswagen AG, und die beiden Eigentümerclans haben es geschafft, die Porsche AG reibungslos wieder an die Börse zu bringen.

Das Comeback der schwäbischen Edelmarke aufs Handelsparkett 13 Jahre nach dem Ende des auf offener Bühne ausgetragenen Machtkampfs zwischen des beiden Cousins Wolfgang Porsche und Ferdinand Karl Piëch leitete den Auftakt ein für eine neue Ära in der 92-jährigen Firmengeschichte. Zur Erinnerung: Ferdinand Porsche hatte das Unternehmen 1931 als Designbüro für Fahrzeuge gegründet.

Teil des Familiendramas

Zur Erinnerung: 2009 drehte der VW-Patriarch den Spieß um. Der Wolfsburger Mehrmarkenkonzern schluckte die Porsche AG komplett und nahm die damals hoch verschuldete Tochtergesellschaft von der Börse. Porsches Protagonist, der Topmanager Wendelin Wiedeking, versuchte einst, VW mehrheitlich zu übernehmen. Porsche nahm viel Fremdkapital auf, um das zu finanzieren. Der Vorstoß misslang. 2019 verstarb Ferdinand Piëch mit 82 Jahren. Wolfgang Porsche wird am 10. Mai 80 Jahre alt.

Der Neustart der Porsche AG an der Börse Ende September 2022 war zwar das größte Initial Public Offering (IPO) eines Emittenten in Deutschland seit dem Börsengang der Deutschen Telekom im Jahr 1996, allerdings nicht der Eisbrecher für das IPO-Marktsegment. Letzteres liegt derzeit weitgehend auf dem Trockenen. Ursachen dafür sind die durch die Notenbanken eingeleitete Zinswende nach einer jahrelangen ultraexpansiven Geldpolitik und die deutlich erhöhte Volatilität an den Kapitalmärkten aufgrund des Ukraine-Krieges sowie einer spürbar gestiegenen Inflation.

Vor dem Hintergrund der gewachsenen makroökonomischen Risiken war es daher keine Selbstverständlichkeit, dass die Porsche AG ihren Börsengang erfolgreich absolvieren kann. Als Alternative stand zeitweilig sogar eine Verschiebung des IPO im Raum. So machte das Schwesterunternehmen in der baden-württembergischen Landeshauptstadt, die Beteiligungsgesellschaft Porsche Automobil Holding SE, den Erfolg auch vom Verlauf des Angriffs Russlands auf das kleinere Nachbarland abhängig. Hinter der Porsche SE stecken wiederum die beiden Familienzweige.

Wertvolle Industriemarke

Dass der IPO-Zeitplan dennoch aufging, lag auch an der Anziehungskraft des Autoherstellers selbst. Porsche gehört zu den wertvollsten Industriemarken. Das lockte institutionelle Investoren an, darunter auch solche aus dem arabischen Raum. Hinzu kam noch, dass die Porsche AG zusammen mit den sie beratenden Investmentbanken bei der Gestaltung des Angebotspreises je Aktie dem schwierigen Umfeld Rechnung tragen mussten. Schließlich brachten die Stuttgarter das Vorzeigeunternehmen zu 82,50 Euro je Anteilschein (stimmrechtslose Vorzüge) aufs Handelsparkett.

Ende September vergangenen Jahres entsprach das einer Marktkapitalisierung von 75 Mrd. Euro, wenn man für die nicht börsengehandelten stimmberechtigten Stammaktien den gleichen Wert ansetzt wie bei den Vorzügen. Das Grundkapital des Emittenten ist – symbolisch – in insgesamt 911 Millionen Titeln aufgeteilt, jeweils zur Hälfte in Vorzüge und in Stämme. Das legendäre Automodell Porsche 911 lässt schön grüßen! Seit dem Börsen-Comeback ging die Vorzugsaktie durch die Decke – und dies vor allem zur Freude der Altaktionäre. Mit 117 Euro notiert das Papier aktuell um mehr als zwei Fünftel über dem Emissionspreis. Der Marktwert des Unternehmens beträgt mittlerweile 107 Mrd. Euro. Das ist sogar mehr, als die Muttergesellschaft aufweist (72 Mrd. Euro).

Seit dem 5. Dezember 2022 gehört die Porsche AG dem deutschen Leitindex an. Dieser Aufstieg erfolgte nur mehr als zwei Monate nach dem IPO. Ausschlaggebend für dieses „Fast Entry“ in den Dax war die Marktkapitalisierung des Streubesitzes. Derzeit liegt diese bei 13 Mrd. Euro.

Zwei Familienstämme

Oliver Blume und Finanzchef Lutz Meschke läuten die obligatorische Börsenglocke in Frankfurt am Main

Indes macht der Streubesitz nach Unternehmensangaben nur 12,1% des gesamten Grundkapitals aus, also Vorzüge und Stämme zusammengefasst. Das zeigt, dass die freien Aktionäre, denen ausschließlich die stimmrechtslosen Papiere zur Verfügung stehen, beim Luxusanbieter eigentlich nichts zu melden haben.

Das Sagen haben weiterhin VW bzw. die beiden Familienstämme und die Porsche SE, die nach einem Deal mit den Wolfsburgern über eine Sperrminorität (Stämme) von 25% hält. VW selbst hält 75,4% des gesamten Aktienkapitals, die Porsche-Holding 12,5% auf Basis der beiden Aktiengattungen.

Diese Aktionärsstruktur sichert den Familienzweigen Porsche und Piëch die unangefochtene Macht bei der Porsche AG, sind diese doch wiederum mehrheitlich mit 53,3% (gemäß Gesamtkapital) über die Porsche SE an VW beteiligt. Angesichts dieser Konstellation heißt das für den Familienfrieden mit Blick auf den Machtkampf in der Vergangenheit: Ende gut, alles gut!

Unter dem Herrschaftsmotto „Family First“ der weit verzweigten deutsch-österreichischen Kerneigentümer müssen nun Blume und sein Vize bei der Porsche AG, Finanzvorstand Lutz Meschke, das Unternehmen auf Erfolgskurs halten. Deren Vorgaben in Bezug auf das Wachstum und auf die Profitabilität sind durchaus ambitioniert.

Renditeziel als Messlatte

Unter ihrer Regie soll die Porsche AG auf lange Sicht eine operative Umsatzrendite von 20% einfahren. Damit orientieren sie sich an dem viel kleineren, legendären Hersteller Ferrari (vgl. Grafik). Zum Vergleich: 2022 erwirtschaftete die Porsche AG 18 (i.V. 16)%, die Benchmark aus Italien erreichte dagegen über 24 (25)%. Schon allein angesichts der aufwendigen Transformation der gesamten Automobilindustrie ins Zeitalter der Elektromobilität ist dieses Margenziel sehr sportlich. Und das trotz einer erhöhten Zugkraft und eines gestiegenen Selbstbewusstseins des Unternehmens nach dem IPO.

Für die Anleger bedeutet dies, dass die Geschäftsleitung der Zuffenhausener sich an diesem Versprechen wird messen lassen müssen in Bezug auf die fundamentale Entwicklung der Porsche AG – abzulesen an den künftig turnusmäßig kommunizierten Bilanz- und Erfolgszahlen.

PorscheFerrari
Fahrzeugauslieferungen in Tsd. Stück309.884 (+3%)13.221 (+19%)
Umsatz37.630 (+14%)5.095 (+19%)
Operatives Ergebnis6.770 (+27%)1.227 (+14%)
Erlös je Fahrzeug in Euro121.433 (+11%)385.372 (+1%)
Konzernbilanzdaten von Porsche AG und Ferrari in Mill. Euro, Stand 2022 (Veränderung ggü. 2021 in %)

Nach dem gelungenen Börsen-Comeback der Porsche AG steigen die Erwartungen an den legendären Sportwagenbauer aus Stuttgart-Zuffenhausen. Dafür sorgt der Vorstand mit seinen ehrgeizigen Finanzzielen selbst. Der Dax-Aufsteiger vom Dezember gewann den Corporate Finance Award der Börsen-Zeitung in der Kategorie IPO des Jahres 2022.