Staatliche Hilfen

Italien zieht beim Superbonus die Reißleine

Angesichts der ausufernden Kosten stoppte die italienische Regierung jetzt per Eilantrag die verbliebenen Staatshilfen zur ökologischen Sanierung von Gebäuden.

Italien zieht beim Superbonus die Reißleine

Rom zieht beim Superbonus die Reißleine

Staatliche Hilfen für die ökologische Sanierung von Gebäuden ufern völlig aus

bl Mailand

Angesichts der komplett ausufernden Kosten der Staatshilfen für die ökologische Sanierung von Gebäuden wie dem Superbonus 110 hat die italienische Regierung eine drastische Notbremsung vollzogen. Wirtschafts- und Finanzminister Giancarlo Giorgetti, der die Förderung bereits per Ende 2023 stark eingeschränkt hatte, stoppte nun per Eilverordnung auch bestehende Übergangs- und Ausnahmeregelungen. Dazu gehört insbesondere auch die Möglichkeit, dass Eigentümer ihre Steuergutschriften an die Bauunternehmen, an Banken oder an Versicherungen verkaufen können, sowie Sonderregelungen für Erdbebengebiete sowie Pflegeeinrichtungen.

Die Förderung der ökologischen Sanierung kostete Italien nach Schätzungen bisher insgesamt 150 Mrd. Euro. „Die exzessive Großzügigkeit der Maßnahmen“, die „den Staatsfinanzen schweren Schaden zugefügt hat, tut mir und allen Italienern sehr weh“, sagte Giorgetti. Die Maßnahme ist 2020 von der Linksregierung aus der Fünf-Sterne-Bewegung und den Sozialdemokraten unter Führung von Premierminister Giuseppe Conte eingeführt worden. Sie sollte der Wirtschaft während der Coronakrise Wachstumsimpulse geben, lief aber völlig aus dem Ruder. Außerdem lud sie zu kriminellem Missbrauch ein. Um die Förderung zu erhalten, genügte es bisher, einen relativ formlosen Antrag zu stellen. Einstweilen ist nicht einmal mehr klar, ob künftig bereits begonnene Baumaßnahmen noch gefördert werden.

Weltweit einmalig

Der Umfang der Hilfen war weltweit einmalig. Denn die Italiener konnten die Kosten für die Dämmung von Fassaden oder Dächern, den Einbau neuer Heizungsanlagen, Solarpaneelen und vielem mehr nicht nur einkommens- und kostenunabhängig vollständig von der Steuer absetzen. Alternativ war ein Verkauf der Steuergutschriften möglich, wofür Käufer wie Banken zusätzlich eine Kommission von 10% kassierten. Die wichtigste der Maßnahmen trägt deshalb den Namen „Superbonus 110“. Es gab aber sogar Hilfen für den Kauf von Möbeln und energiesparenderen Haushaltsgeräten.

Die Gesamtkosten wurden ursprünglich mit 37 Mrd. Euro kalkuliert. Beobachter erwarten, dass es am Ende bis zu 200 Mrd. Euro sein werden. Die europäischen Steuerzahler steuern dazu im Rahmen des Europäischen Wiederaufbauprogramms Next Generation etwa 15 Mrd. Euro bei. Der ökologische Nutzen ist sehr gering. Nur 3,5% der Wohngebäude wurden saniert.

Steigende Staatsverschuldung

Italien steht international blamiert da. Giorgetti musste kürzlich kleinlaut verkünden, dass die Neuverschuldung 2023, die zuvor von 4,5 auf 5,3% nach oben korrigiert worden war, mit 70 Mrd. Euro um etwa 40 Mrd. Euro höher ausgefallen ist als ursprünglich geplant. Die Defizitquote wurde auf 7,2% korrigiert, dürfte aber vermutlich sogar 7,6 bis 7,8% betragen. Giorgetti hofft, in spätestens zwei Wochen Klarheit zu haben.

Obwohl die Schulden 2023 um 105 Mrd. Euro gestiegen sind, sank die Schuldenquote wegen des durch die hohe Inflation starken nominalen Wachstums von etwa 140% auf 137,7%. Für dieses Jahr wird mit einem deutlichen Schuldenanstieg gerechnet. Italien dürfte schon 2024 die Regeln des reformierten Stabilitäts- und Wachstumspakts verletzen.

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