Inflation

Sorgen vor Überhitzung in den USA nehmen zu

Sowohl auf Verbraucher- als auch Produzentenebene sind die Preise in den USA deutlich stärker gestiegen als erwartet. Ökonomen sprechen von einer Überhitzugsgefahr, doch ein Kurswechsel in der Geldpolitk zeichnet sich nicht ab.

Sorgen vor Überhitzung in den USA nehmen zu

det Washington

In den USA hat sich der Preisauftrieb an wichtigen Indikatoren gemessen erheblich verstärkt und neue Ängste vor einer Überhitzung der Konjunktur geweckt. Sowohl die Verbraucher- als auch die Erzeugerpreise stiegen sprunghaft an, was die Debatte über einen Inflationsschub und die Reaktion der US-Notenbank Fed anheizt.

Nach Angaben des Bureau of Labor Statistics (BLS) des Arbeitsministeriums zogen die saisonbereinigten Erzeugerpreise im April um 0,6% gegenüber März an. Im Vorjahresvergleich stieg der Erzeugerpreisindex (PPI) um 6,2%, ohne Berücksichtigung von Lebensmitteln, Energie- und Handelsleistungen um 4,6%. Bei beiden Jahresraten handelt es sich um die stärkste Zunahme seit Beginn der Erhebungen.

Zuvor war auch eine deutliche Verteuerung bei Konsumgütern gemessen geworden. So schoss der Verbraucherpreisindex (CPI) um 0,8% und im Vorjahresvergleich um 4,2% hoch. Ein kräftigerer Anstieg war zuletzt im September 2008 ermittelt worden. Getrieben wurden die Preise von Gebrauchtwagen, die sich im Monatsvergleich um 10% verteuerten und ein Drittel des gesamten Anstiegs ausmachten. Teurer waren auch Lebensmittel, während der Unterindikator für Energie leicht nachgab. Die Kernteuerungsrate, die schwankungsanfällige Energie- und Lebensmittelpreise ausklammert, legte um 0,9% und im Vorjahresvergleich um 3,0% zu. Sämtliche Zahlen lagen deutlich über den Erwartungen befragter Ökonomen.

Notenbanker „überrascht“

Auch die Sorgen der Unternehmen vor steigender Inflation wachsen. Deutlich höher als erwartet fiel auch der Index der Federal Reserve Bank von Atlanta für Mai aus. Dieser spiegelt die Inflationserwartungen von Unternehmen in der Region wider. Demnach sprachen Firmen von spürbar höheren Inputkosten. Sie rechnen damit, dass dieser Trend sich im Jahresverlauf fortsetzen und die Teuerungsrate in den kommenden zwölf Monaten bei 2,8% liegen wird.

US-Präsident Joe Biden und seine Wirtschaftsberater dämpfen Sorgen vor einer Überhitzung. Der stellvertretende Fed-Chef Richard Clarida zeigte sich „überrascht“ vom starken Anstieg der Verbraucherpreise. Zweifellos gebe es infolge der Pandemie „bei Konsumenten Nachholbedarf, und es wird einige Zeit dauern, bis das Angebot entsprechend angepasst wird“, sagte Clarida.

Notenbankchef Jerome Powell hat wiederholt betont, dass er die höheren Preise für eine vorübergehende Entwicklung als Folge von Angebotsengpässen hält. Auch wies er darauf hin, dass die Zahl der Arbeitslosen noch um mehr als 8 Millionen über dem Vorkrisenniveau liegt. Folglich sei die Fed weit davon entfernt, ihr Ziel der Vollbeschäftigung zu erreichen. Ermutigend ist mit Blick auf den Arbeitsmarkt der Rückgang der Erstanträge auf Arbeitslosengeld. Diese fielen laut BLS vorige Woche um 34000 auf 473000 und erreichten damit den niedrigsten Stand seit Ausbruch der Corona-Pandemie.

Gleichwohl ließ auch der PCE-Preisindex, das bevorzugte Inflationsmaß der Notenbank, zuletzt aufhorchen. Dieser legte im ersten Quartal um 3,5% und an der Kernrate gemessen um 2,3% zu – beides Werte, die deutlich über dem 2-Prozent-Ziel der Fed liegen. Zudem warnen prominente Ökonomen wie der ehemalige Finanzminister Larry Summers davor, dass „eine konjunkturelle Überhitzung als Folge von Bidens Konjunkturprogrammen unvermeidlich sein wird“.