EU-Abstimmung

Tauziehen um Deutschlands Haltung zum „AI Act“

Der AI-Act der EU soll die Grundlage sein für die Entwicklung von künstlicher Intelligenz in Europa. Die Abstimmung steht unmittelbar bevor, aber gerade Deutschland scheint jetzt den Spielverderber mimen.

Tauziehen um Deutschlands Haltung zum „AI Act“

Streit über EU-Regulierung
von künstlicher Intelligenz

Deutsche Zustimmung fraglich – Grundlage für KI in Europa

lz Frankfurt

Nach mehr als zwei Jahren ist der europäische „AI Act“ zur Regulierung künstlicher Intelligenz (KI) auf der Zielgeraden – aber kurz davor scheint Deutschland zu zaudern. Stein des Anstoßes sind die Regeln zur Auswertung biometrischer Daten. Noch im November hatte sich die Bundesregierung, insbesondere Verkehrs- und Digitalminister Volker Wissing sowie Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), gegen eine zu strenge Regulierung insbesondere der sogenannten Basismodelle wie GPT starkgemacht, aus Sorge um die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen wie des KI-Start-ups Aleph Alpha. Deutschland hatte deshalb gemeinsam mit Italien und Frankreich Nachbesserungen am Gesetzesentwurf gefordert. Doch nun sind Wissing offenbar die KI-Regeln zur biometrischen Auswertung von Fotos, Videos und Livebildern nicht streng genug.

Erstes umfassendes KI-Gesetzespaket

Der „AI Act“ ist das weltweit erste umfassende Gesetzespaket für KI überhaupt. Die meisten Staaten haben bislang vor allem Verordnungen und Dekrete erlassen. Das Regelwerk könnte zu einem Vorbild für die KI-Regulierung werden. Es wäre eine Alternative zu den eher lockeren Regeln der USA und den restriktiveren Auflagen Chinas.

Definition der Risikostufen

Grundsätzlich sollen KI-Anwendungen unterschiedlichen Risiko-Kategorien von „Minimal“ über „Hoch“ bis „Inakzeptabel“ zugeordnet werden. Je nach Einstufung müssen die Anbieter eigene Sicherheits- und Transparenz-Anforderungen erfüllen. Das Gesetz deckt Anwendungen ab, die Inhalte, Vorhersagen und Empfehlungen liefern oder die Entscheidungsfindung der Nutzer beeinflussen. Dabei stehen nicht nur kommerzielle Angebote, sondern auch die Nutzung von KI im öffentlichen Sektor wie zum Beispiel bei der Strafverfolgung im Fokus. Bei einem Gesetzesverstoß drohen Strafen von bis zu 35 Mill. Euro oder 7% des weltweiten Gewinns – je nachdem, welcher Betrag höher ist.

„Fatales Signal“

Aus Sicht von Philipp Hacker, Professor für Recht und Ethik der digitalen Gesellschaft an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder sei der „AI Act“ zwar nicht perfekt. „Er ist aber insgesamt besser als gar keine Regelung.“ Die Auflagen für die Unternehmen halte er für verhältnismäßig. Eine Ablehnung oder eine Enthaltung Deutschlands wäre ein fatales Signal. Der deutsche Elektrotechnik-Verband ZVEI plädierte dagegen für ein Nein des Bundes. Viele Formulierungen im Gesetz seien unpräzise, wodurch auch harmlose Anwendungen zu Hochrisiko-KI deklariert würden.