Reebok, Salomon, Umbro

Die Stiefkinder in der Sportartikel­industrie

Adidas ist in der Branche nicht allein mit Enttäuschungen über Zweitmarken. Nike hatte sich nach nur fünf Jahren von Umbro getrennt.

Die Stiefkinder in der Sportartikel­industrie

Von Joachim Herr, München

Immerhin zeichnet sich ein versöhnliches Ende ab: Nach gut 15 Jahren gibt Adidas den Versuch auf, mit der US-amerikanischen Marke Reebok erfolgreich zu sein. Nach der Übernahme im Jahr 2006 verfolgte Vorstandschef Herbert Hainer zunächst das Ziel, mit Reebok dem Weltmarktführer Nike vor dessen Haustür in den USA, dem größten Sportartikelmarkt der Welt, näherzukommen. Für Kasper Rorsted, der seit Oktober 2016 an der Spitze von Adidas steht, ging es nur noch darum, Reebok auf Vordermann zu bringen und eine akzeptable Profitabilität zu erzielen. Beides misslang. Es ist nicht das einzige Beispiel in der Sportartikelindustrie für die gescheiterte Akquisition einer Marke.

Aktienanalysten sind sich einig, dass Rorsted eine gute Entscheidung getroffen hat. Der Konzern könne sich nun ganz auf die Marke Adidas konzentrieren in einer Branchenwelt, in der vor allem Größeneffekte zählten, heißt es von der UBS. Die Baader Bank rechnet damit, dass dem Markt die Trennung gefallen dürfte. Denn Reebok habe die Profitabilität und auch das Wachstum von Adidas gebremst. Seit nunmehr 15 Jahren habe die Marke weder die Erwartungen von Adidas noch die des Marktes erfüllen können.

Beifall gibt es auch von Investoren. Thomas Jökel, Fondsmanager von Union Investment, hofft, dass sich der langjährige durchschnittliche Bewertungsabschlag der Adidas-Aktie zu Nike von rund 20% verringert. „Man kann sich jetzt wieder voll auf die Marke Adidas konzentrieren und muss nicht mehr zweigleisig fahren“, sagt Jökel und zeigt sich mit dem Preis zufrieden. Dieser sei besser als erwartet. Der Käufer, die US-amerikanische Authentic Brands Group, zahlt maximal 2,1 Mrd. Euro.

Auch Analysten äußern sich positiv über den Preis. Warburg Research erwähnt in diesem Zusammenhang, dass Reebok fast die ganzen Jahre unter dem Dach von Adidas nicht profitabel war.

Auch Salomon enttäuschte

Fast schon vergessen ist, dass Adidas acht Jahre lang den Firmennamen Adidas-Salomon trug. Ende 2005 hatte der Konzern das französische Unternehmen wieder verkauft. Auch Salomon mit dem Schwerpunkt Wintersport hatte die Erwartungen nicht erfüllt. In gewisser Weise folgte als Plan B der Kauf von Reebok.

Schon in den vergangenen Jahren schärfte Adidas das Profil der Drei-Streifen-Marke. Der mit Salomon übernommene Golfausrüster Taylor Made wurde 2017 ebenso wie Adams Golf und Ashworth abgestoßen. Auch den Schuhhersteller Rockport und den Eishockeyausrüster CCM gab Adidas ab, die beide mit Reebok ins Portfolio gekommen waren.

Adidas ist in der Branche nicht allein mit Enttäuschungen über Zweitmarken, die mitunter ein Dasein als Stiefkinder fristen – zumal wenn es Überschneidungen im Produktangebot gibt. Trotz des Fitnessprogramms für Reebok hatten im Zweifel Ressourcen für die Marke Adidas Priorität. Das ließ auch die Reebok-Seite durchblicken.

Nike hatte einen Flop mit Umbro erlebt, allerdings recht schnell Konsequenzen gezogen: Die auf Fußball spezialisierte englische Marke wurde 2007 erworben und nach fünf Jahren verkauft. Ziel war gewesen, die Position im europäischen Fußballgeschäft zu verbessern. Doch dann folgte die Erkenntnis, das sei mit der Kernmarke besser zu erreichen: „Wir sind der Überzeugung, dass Nike Football die Bedürfnisse von Fußballspielern auf dem Platz und ab­seits erfüllen kann“, sagte 2012 der damalige Konzernchef Mark Parker.

Längst ist Nike im europäischen Fußball etabliert, unter anderem als Ausrüster des FC Barcelona, von Inter Mailand und des FC Chelsea. Mit neun der 24 Teilnehmer war Nike bei der Europameisterschaft in diesem Jahr am stärksten präsent, mit dem Finalisten England, dem Weltmeister Frankreich und Portugal, dem Europameister von 2016.

Den neuen Europameister Italien stattet seit vielen Jahren Puma mit Trikots aus. Auch Puma machte Erfahrungen mit enttäuschenden Markenstrategien – allerdings auf der Seite des französischen Mehrheitsaktionärs Kering. So richtig passte Puma nie zu dem französischen Konzern. Der Aufbau einer zweiten Säule Sport-Lifestyle neben dem Luxussegment von Kering blieb früh stecken. Zudem hielten sich die Synergien in engen Grenzen: Nur auf Gebieten wie Immobilien, Finanzen und Versicherungen konnte Kering Vorteile nutzen.

Es gibt Ausnahmen

Nach zehn Jahren zog sich Kering Anfang 2018 auf einen Minderheitsanteil zurück. Bjørn Gulden, der Vorstandsvorsitzende von Puma, freute sich damals – und vermutlich bis heute –, dass Entscheidungen schneller getroffen werden können. Zudem macht der größere Streubesitz die Puma-Aktie attraktiver, die Chancen auf den Aufstieg in den bald auf 40 Mitglieder erweiterten Dax hat.

Aber das Gesamtbild wäre ohne offenbar erfolgreich akquirierte Marken unvollständig Seit 2010 gehört Cobra Golf, ein Hersteller von Schlägern für den Sport mit dem kleinen Ball, zum Puma-Konzern. Das Geschäft habe sich 2020 weiterhin gut entwickelt, berichtete Gulden im Frühjahr. Und der Sportschuhanbieter Converse, seit 2003 Teil des Nike-Konzerns, schnitt im von Corona geprägten vergangenen Geschäftsjahr (31. Mai) mit einem währungsbereinigten Umsatzrückgang von 1% besser als die Kernmarke ab: Deren Umsatz sank um 2%.

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