Führungswechsel

Labriola übernimmt Chefsessel von Telecom Italia

Der Verwaltungsrat von Telecom Italia hat das Rücktrittsangebot von CEO Luigi Gubitosi angenommen. Nach enttäuschenden Ge­schäfts­er­gebnissen und zwei Ge­winn­warnungen hatte Großaktionär Vivendi massiv auf seine Ablösung gedrängt.

Labriola übernimmt Chefsessel von Telecom Italia

Von Gerhard Bläske, Mailand

Der Verwaltungsrat von Telecom Italia (TIM) hat das Rücktrittsangebot von CEO Luigi Gubitosi angenommen. Nach enttäuschenden Ge­schäfts­er­gebnissen und zwei Ge­winn­warnungen hatte Großaktionär Vivendi (23,9%) massiv auf seine Ablösung gedrängt. Offenbar steht eine dritte Gewinnwarnung unmittelbar bevor. Die Franzosen warfen Gubitosi außerdem vor, hinter dem Angebot von KKR zu stecken. Das wies der bisherige CEO in einem Brief an die Mitglieder des Verwaltungsrats zurück.

Zum Nachfolger Gubitosis als Ge­neraldirektor wurde Pietro Labriola (54) berufen. Der in Altamura (Apulien) geborene Manager ist seit 2019 Chef des ertragsstarken Brasilien-Geschäfts – eine Verantwortlichkeit, die er weiter behält. Inter-Mailand-Fan Labriola studierte in Bari Wirtschaft und Handel, ist seit 20 Jahren bei TIM und war zuvor unter anderem für France Télécom, Cable & Wireles und Infostrada tätig. Einige operative Aufgaben übernimmt der Verwaltungsratsvorsitzende Salvatore Rossi (72). Gubitosi bleibt Mitglied des Verwaltungsrats.

Die sich am vergangenen Freitag bis in die späten Abendstunden hinziehende Verwaltungsratssitzung stand im Zeichen heftiger Auseinandersetzungen. Rossi und Labriola müssen nun mehr Ruhe in das Unternehmen bringen. Zunächst wird ein Komitee gebildet, das das unverbindliche Übernahmeangebot des US-Investors KKR über 11 Mrd. Euro (plus Übernahme der TIM-Schulden von 22,5 Mrd. Euro) und andere strategische Optionen prüft. Es gibt Spekulationen, auch CVC Capital Partners und eventuell Apollo könnten eine Offerte prüfen – mit oder in Konkurrenz zu KKR. Vivendi hatte das Angebot von KKR als zu niedrig zurückgewiesen und betont, sich als langfristiger Investor zu sehen.

Neben der Haltung von Vivendi ist vor allem die Position der italienischen Regierung von zentraler Bedeutung. Rom kontrolliert über die mehrheitlich staatliche Förderbank Cassa Depositi e Prestiti (CDP) knapp 10% des TIM-Kapitals und verfügt zudem über eine Art goldene Aktie mit Vetorecht. Premierminister Mario Draghi hat betont, vor allem die Beschäftigung, den Schutz des technologischen Know-how und des Netzes im Auge zu behalten und hat eine Taskforce eingerichtet. Rom stellt sich aber nicht grundsätzlich gegen KKR.

Die Gewerkschaften machen mobil gegen einen Verkauf. In der Regierung gibt viele Befürworter einer Herauslösung des TIM-Festnetzgeschäfts (Fibercop), an dem der australische Fonds Macquarie beteiligt ist, und eine Zusammenlegung mit der Netzgesellschaft Open Fiber, die zu 60% von der CDP kontrolliert wird. Sie meinen, ein staatliches Telekommunikationsnetz könne schneller ausgebaut werden. Der neue Generaldirektor Labriola verfügt auf diesem Gebiet über Erfahrung, weil er schon 2013 eine Arbeitsgruppe leitete, die eine Herauslösung des Netzes prüfte.