Maschinenbau

Auftragsflaute geht an Dürr vorbei

Während Deutschlands Maschinenbauer mit einer immer größeren Investitionszurückhaltung ihrer Kunden kämpfen, kann Dürr prall gefüllte Auftragsbücher vorweisen. Bei den Zielen für das Gesamtjahr legen die Schwaben nun auch noch mal eine Schippe drauf. Am Markt kommt das gut an.

Auftragsflaute geht an Dürr vorbei

kro Frankfurt

Die trübe Stimmung unter Deutschlands Maschinenbauern macht sich bei der schwäbischen Dürr derzeit nicht bemerkbar. Im Gegenteil, das Unternehmen aus Bietigheim-Bissingen rechnet nach unerwartet kräftig gestiegenen Umsätzen und gut gefüllten Auftragsbüchern im ersten Halbjahr weiter mit brummenden Geschäften. „Wir sind beim Auftragseingang auf Rekordkurs“, sagte Vorstandschef Jochen Weyrauch anlässlich der Vorlage der Zahlen zum zweiten Quartal. „Für das zweite Halbjahr zeichnet sich eine Fortsetzung der guten Nachfrage ab.“ Im Automotive-Geschäft stünden demnach große Auftragsvergaben an. Bei der 2014 übernommenen Holzverarbeitungstochter Homag, in der Umwelttechnik und im Automatisierungsgeschäft seien zudem „neue Bestellrekorde in Reichweite“.

In allen fünf Divisionen des Konzerns waren die Bestellungen bereits im ersten Halbjahr zweistellig gewachsen. Homag, die nach Umsatz und Mitarbeiterzahl größte Tochter von Dürr, brachte es im Vergleich zum Vorjahr allein auf einen Orderzuwachs von fast einem Fünftel und knackte damit in absoluten Zahlen erstmals die Milliardenmarke. Das Unternehmen profitiert schon seit einiger Zeit kräftig vom Holzhaus-Boom − 2021 hatte es sogar 60 % mehr Bestellungen an Land gezogen. Zuletzt kurbelte ein Großauftrag in Nordamerika für eine Lieferung automatisierter Produktionsanlagen für Holzhauselemente die Geschäfte an. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) legte im ersten Halbjahr um die Hälfte auf knapp 51 Mill. Euro zu.

Auch in der zweitgrößten Division „Paint and Final Assembly Systems“ (hier produziert Dürr unter anderem Lackieranlagen, Endmontagesysteme und seit Ende 2020 auch Medizintechnik) kam das MDax-Unternehmen sichtlich voran. Der Auftragseingang stieg vor allem dank einer regen Nachfrage nach Produktionstechnik für Elektroautos um fast ein Drittel auf 873 Mill. Euro. Außerhalb des Autosektors kamen unter anderem zwei Großprojekte im Gesamtvolumen von rund 30 Mill. Euro rein, dabei ging es einmal um Produktionstechnik für Solarmodule und einmal um Automatisierungsanlagen zur Herstellung medizintechnischer Kunststoffprodukte. Das Ergebnis kletterte in der Division ebenfalls um rund die Hälfte auf 13 Mill. Euro.

Konzernweit legten die Bestellungen in den ersten sechs Monaten um fast ein Viertel auf 2,6 Mrd. Euro zu. Der Auftragsbestand belief sich wertmäßig auf 4,1 Mrd. Euro − noch nie war Dürr mit einem so dicken Polster ins zweite Halbjahr gestartet. Damit steht das Unternehmen zudem auch deutlich besser da als der Rest der Branche, der nach Angaben des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) im gleichen Zeitraum nur ein kleines Auftragsplus von preisbereinigt 2 % vorweisen kann. Die schleppende Weltkonjunktur macht sich bei den Unternehmen langsam, aber sicher in Form einer größeren Investitionszurückhaltung durch die Kunden bemerkbar. Im zweiten Quartal verbuchte der Sektor sogar einen Rückgang bei den Aufträgen von 2 %. Dürr generierte im gleichen Zeitraum ein Wachstum von 12 %.

Das Management traut sich vor dem Hintergrund bei den Bestellungen im Gesamtjahr mehr zu. Der Auftragseingang soll nun einen Wert von 4,4 bis 4,7 Mrd. Euro erreichen, zuvor war noch von 4,1 bis 4,4 Mrd. Euro die Rede. Beim Umsatz bleibt der Konzern bei dem zuvor angesetzten Ziel von 3,9 bis 4,2 Mrd. Euro.

Den Ausblick auf die Profitabilität hatte Dürr wegen der Lieferkettenprobleme, Kosteninflation und wegen der Lockdowns in China Anfang Mai nach unten korrigiert. Seitdem peilt das Unternehmen eine Marge vor Zinsen, Steuern und Sondereffekten von 5,0 bis 6,5 % an. Im ersten Halbjahr verbuchte Dürr hier 4,3 %. Die Ergebniserwartungen wurden zwar leicht verfehlt, an der Börse griffen Anleger dennoch gern zu. Die Aktie legte zeitweise um gut 7 % zu und landete auf den vorderen Plätzen im MDax. Baader-Analyst Peter Rothenaicher hält die Aktie für „klar unterbewertet“. Die Bilanz sei stark, das Unternehmen könne hohe Cashflows generieren. Von den 17 bei Bloomberg aufgeführten Analysten, die Dürr covern, raten derzeit 12 zum Kauf der Aktie.

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