Künstliche Intelligenz

KI kann CO2-Emissionen bis zu 30 Prozent senken

KI ist weniger Bedrohung als eine echte Chance, unser Leben zu verbessern. Dabei ist sie eigentlich gar keine Technologie, sondern ein Sammelbegriff für den Einsatz maschinellen Lernens.

KI kann CO2-Emissionen bis zu 30 Prozent senken

Computer werden immer schlauer, irgendwann lassen sie sich nicht mehr kontrollieren, am Ende be­herr­schen sie die Menschheit – ein typischer Plot vieler Science-Fiction Klassiker wie Matrix oder Terminator. Wenige Technologien lösen bei Menschen so viel Unbehagen aus wie künstliche Intelligenz (KI).

Hohe Ersparnis

Gegen Angst und Vorurteile hilft Aufklärung. KI ist weniger Bedrohung als eine echte Chance, unser Leben zu verbessern. Dabei ist sie eigentlich gar keine Technologie, sondern ein Sammelbegriff für den Einsatz maschinellen Lernens. Computersysteme können Muster in Massen digitaler Daten erkennen, daraus logische Schlüsse ziehen und präzise Vorhersagen treffen. Einfachere Algorithmen verarbeiten diese Daten auf Basis von Wenn-Dann-Entscheidungen, komplexe Systeme erkennen selbstständig Zusammenhänge in großen Datenmengen. Die Einsatzfelder sind vielfältig. KI-Anwendungen in der medizinischen Bildgebung und anderen klinischen Bereichen helfen Ärzten Brustkrebs, Hirnverletzungen oder Herzkrankheiten schneller und genauer zu erkennen. Die Prognose für die Patienten verbessert sich durch die frühere Diagnose und Behandlung deutlich. Die Behandlungskosten sinken um mehr als 50%.

KI kann uns auch im Kampf gegen den Klimawandel und damit bei der größten Herausforderung der Neuzeit unterstützen. Um CO2-Äquivalente (CO2e) in der Atmosphäre reduzieren zu können, müssen wir wissen, wo sie entstehen. In der Industrieproduktion ist es aber außerordentlich schwierig, den Ausstoß zu messen. Lediglich 30% der Unternehmen, die dem Carbon Disclosure Project (CDP) ihre Daten melden, können ihre Emissionen exakt erfassen. Die meisten wissen zwar, wie viele Treibhausgase in ihrem eigenen Wirkungskreis entstehen. Die vor- und nachgelagerten Lieferketten sind dagegen eher eine Blackbox. Kaum ein Unternehmen besitzt verlässliche Daten hierüber. Dabei sind diese sogenannten Scope-3-Emissionen nach Studien des CDP im Durchschnitt mehr als zehnmal so hoch wie die innerbetrieblich erzeugten. Deshalb wird der CO2e-Ausstoß für große Teile der Wertschöpfungskette häufig geschätzt, mit einer Fehlermarge von 30 bis 60%. Ein Getränkehersteller würde beispielsweise für gekaufte Glasflaschen einen durchschnittlichen CO2-Wert für Glas zugrunde legen.

Unberücksichtigt bleiben dabei die Art und Farbe des Glases, der Recyclinganteil, das Herkunftsland und andere Faktoren, die sich direkt auf den CO2-Ausstoß auswirken. Mit Hilfe von KI können diese Faktoren berücksichtigt werden, weil die Anwendungen in der Lage sind, gigantische Informationsmengen aus unterschiedlichen Quellen automatisch zu verarbeiten. Anstelle einer groben Durchschnittszahl berechnet die KI-An­wendung die tatsächlichen Emissionen selbst auf granularer Ebene. KI-basierte Lösungen liefern damit Schadstoff-Daten über die gesamte Wertschöpfungskette, an Tiefe und Aussagekraft vergleichbar mit einem Finanzbudget. Unternehmen können so CO2-Hotspots innerhalb ihrer Lieferkette identifizieren und entsprechend gegensteuern.

Rahmenwerk nötig

Selbst bei der CO2-intensiven Zement- oder Stahlherstellung ist es möglich, durch intelligente datenbasierte Prozesssteuerung den Schadstoffausstoß deutlich zu senken. Sensoren können kleinste Abweichungen im Betrieb erkennen – etwa bei Temperatur, Druck oder der Qualität der Rohstoffe – und die Produktionsparameter darauf abstimmen. Boston Consulting (BCG)-Studien zeigen, dass KI bei der Optimierung der Produktion in einzelnen Unternehmen den CO3e-Ausstoß um bis zu 30% senken kann. Auf die globalen Emissionen hochgerechnet liegen die möglichen Einsparungen bei bis zu 10%.

Wie die meisten Technologien kann KI zum Guten und leider auch zum Schlechten eingesetzt werden. Ein Hammer ist ein nützliches Werkzeug, kann aber auch zu einer Waffe werden. Deshalb dürfen Hämmer zwar in Baumärkten verkauft werden, in Gefängnissen ist die Nutzung eingeschränkt. Das Problem liegt also weniger in der Technologie als in der Governance. Die EU-Kommission weist mit ihrem im April 2021 veröffentlichte Vorschlag für eine Verordnung zur künstlichen Intelligenz einen möglichen Weg. Viele Unternehmen handeln bereits intrinsisch. In einer BCG-Umfrage haben 86% der Führungskräfte großer Unternehmen angegeben, aktive Schritte zu unternehmen, um KI verantwortungsvoll zu nutzen. Auch BCG hat im Mai 2022 den ersten KI-Verhaltenskodex in der Consultingbranche veröffentlicht, in dem sich die Strategieberatung zu einem integren Umgang mit KI verpflichtet.

Am Ende liegt es an uns allen, dafür zu sorgen, dass KI zum Guten eingesetzt wird. Für die gesellschaftliche Akzeptanz von KI benötigen wir das Vertrauen der Menschen. Es gilt, über all die guten Dinge zu informieren, die KI für unsere Gesellschaft und den Planeten bewirken kann. Deshalb ist es für Unternehmen wichtig, offen und transparent über KI-Anwendungen zu sprechen und vor allem deren Vorteile aufzuzeigen.