Erneuerbare Energien

Windkraft an Land stagniert

Der Zubau von Windkraftanlagen an Land stagniert in Deutschland auf niedrigem Niveau. Die Prognose für das zweite Halbjahr hat der Branchenverband BWE zwar leicht erhöht, die Ausbauziele für das nächste Jahr sind aber bereits gefährdet.

Windkraft an Land stagniert

sp/dpa-afx Berlin

Das Ausbau­tempo der Windenergie an Land hat im ersten Halbjahr stagniert. Gegenüber den ersten sechs Monaten des Vorjahres wurden sogar etwas weniger neue Windräder mit geringerer Leistung errichtet, wie der Bundesverband der Windenergie (BWE) und der Fachverband VDMA Power Systems am Donnerstag mitteilten. Demnach wurden bis Ende Juni 2022 insgesamt 238 Anlagen mit einer Leistung von 977 Megawatt (MW) gebaut. Das entspricht ungefähr der Leistung eines Atomkraft-Meilers, wenn der Wind rund um die Uhr blasen würde. Weil alte Anlagen stillgelegt wurden, lag der sogenannte Nettozubau im ersten Halbjahr mit 878 MW etwas über dem Vergleichszeitraum.

Im weiteren Jahresverlauf erwartet das Beratungshaus Deutsche Windguard bei unveränderter Realisierungsgeschwindigkeit genehmigter Projekte einen Zubau von 2,4 bis 3,0 Gigawatt (GW) und damit etwas mehr als die bisher prognostizierten 2,0 bis 2,7 GW. Das für 2023 vorgegebene Ausbauziel von 4,5 GW werde voraussichtlich aber nicht erreicht, heißt es in dem vom BEW und VDMA Power Systems beauftragten Statusbericht von Deutsche Windguard zum ersten Halbjahr.

Die Stagnation im ersten Halbjahr führen die Verbände unter anderem auf die langwierigen Genehmigungsverfahren zurück. Sie forderten die Politik deshalb auf, dringend weitere Reformen auf den Weg zu bringen um die Genehmigungsverfahren deutlich zu verkürzen. Bereits beschlossene Maßnahmen, damit mehr Flächen für Windräder ausgewiesen werden, müssten schnell wirken, hieß es mit Verweis auf die jüngsten Gesetzesänderungen, die der Bundestag in der vergangenen Woche beschlossen hat. Unter anderem werden die Länder gesetzlich verpflichtet, mehr Flächen bereitzustellen. Dabei gibt es für die einzelnen Länder bis 2032 unterschiedliche Ziele, weil es unterschiedliche Voraussetzungen für den Ausbau der Windenergie gibt. Landesweit soll sichergestellt werden, dass 2% der Fläche für Winderenergie reserviert werden. Derzeit sind es rund 0,8%, und genutzt werden 0,5%.

Derzeit gibt es in Deutschland etwas mehr als 28000 Windkraftwerke an Land mit einer Leistung von knapp 57 GW. Ziel der Regierung ist, die Leistung der Windräder an Land bis 2030 auf 115 GW zu verdoppeln (siehe Grafik). Widerstand von Anwohnern und Naturschützern sowie lange Genehmigungsverfahren bremsen die Planungen. Diese sollen unter anderem dadurch beschleunigt werden, dass der Ausbau künftig im „überragenden öffentlichen“ Interesse ist, wie es in der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes heißt.

Der BWE hat dieses Vorgehen gelobt, hält es aber nicht für ausreichend. Die Konflikte mit dem Arten- und Naturschutz seien zudem noch nicht zufriedenstellend gelöst. Derzeit dauerten Genehmigungsverfahren im Schnitt etwa drei Fünftel länger als noch vor fünf Jahren.

Beim Ausbau im ersten Halbjahr gab es ein starkes Gefälle unter den Bundesländern. Vier Länder sorgten für 80% des Volumens. An der Spitze steht Schleswig-Holstein, gefolgt von Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Niedersachsen. Der Zubau habe nur in 62 von 294 Landkreisen stattgefunden, sagte Hermann Albers, Präsident des BWE. Das zu beobachtende Nord-Süd-Gefälle bereite der Branche seit Jahren große Sorgen. Insbesondere Bayern und Baden-Württemberg hätten eine starke Nachfrage aus der Industrie.

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