Schadenersatz wird geprüft

ProSiebenSat.1 nimmt ehemalige Vorstände ins Visier

Neben dem Zwist mit dem Großaktionär Media for Europe ist auf der Hauptversammlung von ProSiebenSat.1 ein zweites Thema in den Vordergrund gerückt: mögliche Pflichtverletzungen von zwei ehemaligen Vorständen. Der Aufsichtsrat prüft Schadenersatzansprüche.

ProSiebenSat.1 nimmt ehemalige Vorstände ins Visier

ProSieben nimmt Ex-Vorstände ins Visier

Unternehmen prüft Schadenersatzansprüche gegen zwei ehemalige Topmanager – Auch EY in der Kritik

jh München

Neben dem Zwist mit dem Großaktionär Media for Europe ist auf der Hauptversammlung von ProSiebenSat.1 ein zweites Thema in den Vordergrund gerückt: mögliche Pflichtverletzungen von zwei früheren Vorständen. Der Aufsichtsrat prüft Schadenersatzansprüche. Das könnte auch den Abschlussprüfer EY treffen.

Im Zusammenhang mit dem Geschäftsmodell des Tochterunternehmens Jochen Schweizer Mydays prüft ProSiebenSat.1 Schadenersatzansprüche gegen zwei ehemalige Vorstände. „Hier wurde vertuscht“, sagte Rolf Nonnenmacher, der Vorsitzende des Prüfungsausschusses, in der Hauptversammlung. Das habe eine interne Prüfung ergeben. Zwei ehemalige Vorstände hätten Pflichten verletzt und Schäden verursacht. Deren Höhe werde noch ermittelt.

„Wir waren erschüttert“, berichtete der Aufsichtsratsvorsitzende Andreas Wiele. Die Namen nannten er und Nonnenmacher nicht. Es dürfte um den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Rainer Beaujean und den früheren Finanzvorstand Ralf Gierig gehen. Die Entlastung von beiden wurde schon auf der Hauptversammlung im vergangenen Jahr um ein Jahr vertagt und nun abermals verschoben.

Grund für die interne Untersuchung eines möglichen Fehlverhaltens waren Ungereimtheiten im Geschäftsmodell und der Bilanzierung von Jochen Schweizer Mydays, einem Anbieter von Gutscheinen für Erlebnisse wie Gleitschirmfliegen und Baggerfahren. Teile des Geschäfts fielen unter das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz, dessen Einhaltung die Finanzaufsicht BaFin überwacht.

Versäumnis der Wirtschaftsprüfer

ProSiebenSat.1 hat das Geschäftsmodell daraufhin geändert. Nonnenmacher wiederholte, die BaFin erachte das Geschäft nach der Umstellung als vollständig rechtmäßig. Ob die Münchner Staatsanwaltschaft, die den Fall beobachtet, ein Ermittlungsverfahren eröffnet, ist nach seinen Worten noch nicht entschieden.

ProSiebenSat.1 hält auch Schadenersatzansprüche gegen den Wirtschaftsprüfer EY für möglich. Nonnenmacher berichtete, die Gutachter hätten die Frage bejaht, ob dem Abschlussprüfer von Jochen Schweizer Mydays „die regulatorische Thematik hätte auffallen müssen“. Hinweise auf Pflichtverletzungen von Mitgliedern des Aufsichtsrats enthalte der Prüfbericht dagegen nicht, sagte Martin Mildner, der Finanzvorstand von ProSiebenSat.1. Von einem langjährigen Mitarbeiter habe sich das Unternehmen als Konsequenz getrennt.

Kontrollsystem geändert

Mildner erwartet, dass die Prüfung von Schadenersatzansprüchen zum Beginn der zweiten Hälfte dieses Jahres abgeschlossen sein wird. Zudem betonte er, wegen des Falls habe ProSiebenSat.1 das Kontroll-, Risiko- und Compliance-System geändert, damit das Unternehmen „potenzielle Risiken frühzeitig erkennen und rechtzeitig reagieren kann“.

Die zur virtuellen Hauptversammlung zugeschaltete Vertreterin von Media for Europe (MFE) pochte trotz der vorläufigen Ergebnisse des Prüfberichts darauf, dass Nonnenmacher im Aufsichtsrat ausgetauscht wird. „Es ist Zeit für einen konsequenten Neuanfang“, sagte sie. Wenn ein Compliance-System versage, stelle sich die Frage, ob nicht persönliche Konsequenzen gezogen werden müssten.

Die von MFE später durchgesetzte Abberufung Nonnenmachers sei aber weder als Vorwurf noch als Angriff zu verstehen. „Es geht um die Sache, nicht um Persönlichkeiten“, fügte die MFE-Sprecherin hinzu. ProSiebenSat.1 müsse daraus lernen und mit einer unbelasteten Mannschaft im frischen Wind nach vorn segeln.

Unterstützung von der DSW

Unterstützung erhielt Nonnenmacher von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Ein Wechsel wäre derzeit falsch, sagte Nikolaus Lutje. Die Kompetenz Nonnenmachers stehe außer Frage: „Er kennt das Unternehmen und kann die Sache aufbereiten.“

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