Im GesprächEngin Eroglu, Europaabgeordneter der Freien Wähler

„Eine Regulierungspause könnte helfen“

Engin Eroglu, Europaabgeordneter der Freien Wähler, plädiert für eine „Regulierungspause“ und eine Überprüfung, wie vor allem die USA Basel III umgesetzt haben, um in Europa gegebenenfalls nachzusteuern.

„Eine Regulierungspause könnte helfen“

Im Gespräch: Engin Eroglu

„Eine Regulierungspause könnte helfen“

Der EU-Abgeordnete über komplexe Regeln und die Sorge vor einem Ausverkauf der Banken in Europa

Der Europaabgeordnete Engin Eroglu hat gute Chancen, auch in der nächsten Legislaturperiode für die Freien Wähler in das EU-Parlament einzuziehen. Er plädiert für eine „Regulierungspause“ und eine Überprüfung, wie vor allem die USA Basel III umgesetzt haben, um in Europa gegebenenfalls nachzusteuern.

Der Europaabgeordnete Engin Eroglu, der für die Freien Wähler Hessen im EU-Parlament und auch im finanzpolitisch entscheidenden Wirtschafts- und Währungsausschuss sitzt, macht sich dafür stark, in der nächsten Legislaturperiode des Parlaments erst einmal keine neuen EU-Richtlinien und EU-Verordnungen zu verabschieden. „Im Großen und Ganzen sollten wir eine Regulierungspause einlegen“, sagt Eroglu im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.

Seit Jahren schraubten die EU-Gesetzgeber ständig an der Regulierung der Finanzmärkte herum, ohne die Umsetzung abzuwarten. „Eine Regulierungspause“, ist der aus dem hessischen Schwalmstadt stammende Europaparlamentarier überzeugt, „könnte den Unternehmen in der EU wirklich helfen.“

Rat vom Hausjuristen erforderlich

Die regulatorischen Anforderungen dürften die Unternehmen nicht überfordern. „Aber das tun sie mittlerweile – allein schon wegen ihrer Menge und Komplexität“, kritisiert der ausgebildete Bank- und Sparkassenkaufmann. Das führe in einzelnen Fällen dazu, dass Geschäftsführer das eigene Geschäftsmodell nicht mehr vollständig durchschauten, sondern bei immer mehr unternehmerischen Entscheidungen zunächst ihre Hausjuristen oder Compliance Officer befragen müssten. „Das darf nicht sein“, unterstreicht Eroglu.

Die Regulierungspause sollte die EU nutzen, um in Ruhe zu schauen, wie bestehende Regelungen wirken, bevor man ständig weiter verschärfe. „Und wir sollten auch in den Blick nehmen, inwieweit andere Staaten, insbesondere die USA, die Baseler Kapitalvorgaben in nationalem Recht umgesetzt haben.“

Furcht vor Ausverkauf europäischer Banken

Dort, wo beispielsweise die USA zu nachlässig vorgingen, sollten die europäischen Gesetzgeber entsprechend nachsteuern. Denn sonst drohe den hiesigen Kreditinstituten ein eklatanter Wettbewerbsnachteil. „Oder anders gesagt: Dann droht der Ausverkauf der Banken in Europa.“ Die Autonomie europäischer Finanzierung der Wirtschaft dürfe aber nicht gefährdet werden.

Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Freien Wähler, der mit Listenplatz 2 gute Chancen hat, auch dem nächsten EU-Parlament anzugehören, erinnert, dass es grundlegende Idee der Basel-Vorgaben sei, Risiken für den Finanzsektor zu reduzieren. „Was wir aber in der Praxis sehen, ist, dass manche Arten der Geldanlage der Banken, insbesondere Staatsanleihen, regulatorisch sehr bevorzugt werden“, kritisiert Eroglu.

Das sei offensichtlich politisch in vielen Ländern der EU so gewollt – trotzdem bedeute die Fehlbepreisung der Risiken von Staatsanleihen in der Bankenregulierung eine Verstärkung des Staaten-Banken-Nexus und eine politische Steuerung hin zu mehr Risiko. „Das müssen wir beenden“, betont Eroglu.

Kundenbeziehung bürokratischer

Ein finanzpolitisches Thema, das ihn besonders umtreibt, ist die Beziehung zwischen Bank und Kunde.  „Wir haben in den vergangenen Jahren die Kundenbeziehung zwischen Finanzdienstleistern und Kunden immer bürokratischer gemacht“, bedauert der EU-Abgeordnete. Die Retail Investment Strategy werde diesen Trend noch verstärken, auch wenn ursprünglich sehr weitgehende Überlegungen mittlerweile vom Tisch seien.

Der Wirtschafts- und Währungsausschuss hatte jüngst einer Positionierung für die Schlussgespräche mit dem Rat zugestimmt, die kein partielles Provisionsverbot mehr vorsieht. „Mit der stärkeren Bürokratisierung der Kundenbeziehung befinden wir uns auf dem Holzweg“, meint Eroglu.

Von Detlef Fechtner, Brüssel
BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.